Für Freiheit, Lincoln und Lee. Michael Schenk

Читать онлайн.
Название Für Freiheit, Lincoln und Lee
Автор произведения Michael Schenk
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738064353



Скачать книгу

Charlotte war ihm dienlich gewesen und auf der Plantage schien alles in bester Ordnung. John Obediah Jones seufzte leise. Aber die Zeitung malte auch ein paar düstere Wolken an den Horizont.

      Jim, sein farbiger Hausdiener kam aus dem Haus und brachte ein Tablett mit zwei Gläsern Zitronensaft. Jones wischte sich den Schweiß von der Stirn. Die Hitze war kaum erträglich. Manchmal wunderte er sich, wie gut die Schwarzen damit fertig wurden. Er blickte über den gepflegten Rasen mit der kleinen Wasserfontäne, um die mancher Nachbar ihn beneidete. Vor dem Haupttor war eine dünne Staubfahne zu erkennen. Sie kam aus Richtung der südlichen Felder. Das würde wohl Hans Baumgart sein, der dort die Aufsicht hatte und seinen täglichen Bericht abgeben würde. Hatte sich gut gemacht, der Hans, aber er ritt ein wenig scharf.

      Wenig später trieb Hans Baumgart sein Pferd vor das Haus und sprang behände aus dem Sattel. Einer der schwarzen Stallburschen kam heran und übernahm das Tier.

      „Führe es noch herum und reibe es dann sorgfältig ab, bevor du es tränkst“, sagte Hans in bestimmendem Ton. Er schlug mit der Reitgerte gegen seinen Stiefelschaft. Jones wusste, dass der inzwischen 21-jährige sie kaum benutzte. Der Plantagenbesitzer hatte ihm früh vermittelt, dass er es nicht schätzte, wenn sein Eigentum beschädigt wurde.

      „Guten Tag, Boss“, sagte Hans grinsend und nahm dankbar ein Glas Zitronenwasser entgegen. „Verdammte Hitze heute.“

      „Wir haben immer eine verdammte Hitze“, erwiderte Jones lachend. „Erzähl, habt ihr das Problem gelöst?“

      Hans Baumgart nahm den Hut ab und wischte Schweiß von der Stirn. „Das Ding taugt nichts. Es ist die Welle, Boss. Ich habe mir das Metall angesehen. Die Welle ist zu dünn und verbiegt sich zu leicht.“

      Jones knurrte missbilligend. „Bei dem Geld, das diese Pflückmaschine gekostet hat, würde ich schon einwandfreie Qualität erwarten.“

      Traditionsgemäß pflückten die schwarzen Arbeiter und Arbeiterinnen die Baumwolle von den Sträuchern und zupften sie dann, um die störenden Kerne zu entfernen. Eine mühselige und zeitintensive Arbeit. Jones hatte daher interessiert einer Vorführung in Baton Rouge beigewohnt, bei der eine Pflückmaschine vorgestellt wurde. Im Grunde ein großer hölzerner Kasten mit einer trichterartigen Schütte an der Oberseite und einer Entleerungsöffnung an der Seite. Darin befand sich eine Welle, an der gabelartige Metallstäbe arbeiteten. Die von oben eingeschüttete Baumwolle wurde von den Gabeln zerpflückt. Jones war nicht gerade begeistert von dem Resultat. Die Arbeit der Schwarzen war wesentlich besser. Aber er hatte trotzdem probeweise so eine Maschine gekauft. Was die Maschine ausspuckte, konnten dann die Schwarzen nacharbeiten. Trotz allem eine Zeitersparnis, wenn es denn funktionierte.

      Hans nahm einen tiefen Schluck aus dem Glas. „Sangales will wohl die kleine Fiona heiraten, Boss. Er wird Sie wohl in den nächsten Tagen um Erlaubnis bitten.“

      Jones lachte. „Diese Nigger können ihre Schwänze einfach nicht ruhig halten, wie?“ Er lachte erneut und rief Jim, um die Gläser nachfüllen zu lassen. „Na, mir soll es recht sein. Aber die beiden werden eine Hütte brauchen.“

      Hans nickte. „Nächste Woche ist doch die Auktion. Da wollten wir doch den Hermes versteigern.“

      Jones kratzte sich am Kinn. „So ganz schmeckt mir das nicht. Ich reiße nicht gerne eine Familie auseinander und Hermes hat eben erst wieder ein Mädchen bekommen. Aber er ist ein verdammter Unruhestifter. Nein, es ist wohl besser, wenn wir ihn verkaufen. Dann kann seine Frau mit den Kindern in das Frauenhaus ziehen und Hermes Hütte wird für Sangales und Fiona frei. Ja, ich denke, so halten wir es.“

      Der Plantagenbesitzer blickte über die Felder, die sich vor ihm ausbreiteten, so weit das Auge reichte. Hinter dem Haus begannen die Wälder. Normalerweise lag ein Herrenhaus in der Mitte des Besitzes, aber John Obediah Jones liebte die Wälder. Er beugte sich vor und hob die Old Church Gazette vom Tisch. „Die Yankees machen wieder Ärger. Plustern sich auf wie die Fasane.“

      Hans nahm die Zeitung entgegen. „Seite vier“, half Jones aus. Der Deutsche schlug die passende Seite auf und las den Artikel. „Gottverdammt“, knurrte er, „diese verdammten Yankees. Wer ist diese verdammte Harriet Beecher Stowe?“

      Es war die Besprechung eines Buches. „Onkel Tom´s Hütte“, sinnierte Hans und las sich durch den Artikel. „Gott, dass muss ja eine wahnsinnig rührselige Geschichte sein, die diese Frau da geschrieben hat. Hier steht, sie hat es schon 1852 geschrieben und man käme kaum mit dem Druck nach. Das wird die Abolitionisten wieder richtig anheizen.“

      „So ist es“, knurrte Jones. „Schreibt über das Elend der armen unterdrückten Nigger und hat keine Ahnung, was im Süden vor sich geht. Aber die verfluchten Yankees im Norden werden es fressen und wieder Stimmung machen. Verdammte Sklavereigegner.“

      „Bei Benson´s Bluff sollen wieder ein paar Abolitionisten Niggern zur Flucht in den Norden verholfen haben“, sagte Hans nachdenklich. „Wenn ich ein paar von den Bastarden erwische, knalle ich sie ab. Verdammtes Diebespack.“

      Seit einigen Jahren hatte sich im Norden eine zunehmende Ablehnung der Sklaverei breitgemacht. Meist beschränkte man sich auf Reden und Artikel, in denen die Sklaverei verdammt wurde. Aber es gab auch Menschen, die aktiv wurden und Negern die Flucht aus dem Süden in die Staaten des Nordens ermöglichten. Es gab Bundesstaaten der Union, in denen offiziell die Sklaverei verboten und abgeschafft war. Hier räumte man den Schwarzen Rechte ein, über die man im Süden nur fassungslos den Kopf schütteln konnte.

      „Verdammte arrogante Yankees“, zischte Hans. Wütend schlug er mit seinem Hut auf die Balustrade. Staub wirbelte auf. „Den freien Niggern bei denen geht es auch nicht besser, als den Sklaven bei uns. Im Gegenteil. Hier kriegen sie wenigstens ein Dach über den Kopf und genug zu essen. Mensch, Boss, die Arbeiter in den Industrien des Nordens sind doch auch nichts Besseres als Sklaven, oder?“

      John Obediah Jones zuckte die Achseln. „Ist schon merkwürdig, wie sehr wir uns auseinander entwickelt haben. Wir alle sind Amerikaner, aber der Norden baut immer stärker auf seine stinkende Industrie. Die haben nicht mehr viel Sinn für Traditionen. Verdammt, von mir aus sollen sie selig werden mit ihren verdammten Maschinen. Aber sie sollen uns in Frieden lassen.“

      Hans sah über die Felder. „Jedenfalls werde ich nicht zulassen, dass so ein Niggerfreund unser Eigentum stiehlt.“ Er schnaubte durch die Nase. „Soll ich Sangales und Fiona sagen, dass Sie mit ihrer Hochzeit einverstanden sind?“

      Jones schüttelte den Kopf. „Nein, es muss alles den rechten Weg gehen. Der Bursche soll fragen. Ich werde morgen mal zufällig vorbeikommen, dann hat er die Gelegenheit. Ach, Hans, wenn du zur Auktion reitest und Hermes verkaufst, bringe ein Hochzeitsgeschenk für Fiona mit. Irgendetwas Hübsches. Ein Kopftuch oder so etwas.“

      „Mache ich, Boss.“ Hans setzte seinen breitkrempigen Hut wieder auf. „Liegt noch etwas an, Boss? Ich wollte noch die Pferdekoppel kontrollieren. Außerdem sagte Sam mir, eine der Stuten wäre trächtig.“

      Jones sah dem jungen Baumgart an. Ja, der Bursche machte sich prächtig. Auch Bernd Kahlmann ließ sich gut an. Aber der machte zu viel mit den schwarzen Weibern herum. Vor ein paar Tagen hatte sich einer der Schwarzen beschwert, weil Kahlmann seine Frau vergewaltigte. Jones seufzte. Er hatte den Schwarzen beschwichtigt. Andere Plantagenbesitzer hätten den Mann wahrscheinlich einfach geprügelt und ihm gezeigt, wie er sich seinem Herrn gegenüber zu verhalten hatte. Aber Jones fand, dass zufriedene Nigger die besseren Arbeiter waren. Natürlich hatte der Schwarze eigentlich Recht sich zu beschweren und Jones glaubte dem Mann auch. Andererseits hätte die Schwarze ja nicht so viel Aufhebens machen müssen. Die meisten waren doch ganz froh, wenn sie einmal von einem echten Weißen bestiegen wurden. Jones gab den Frauen immer ein Goldstück und noch keine hatte sich ihrem Massa widersetzt. Nun ja, Kahlmann musste noch einiges lernen.

      Im Gegensatz zu Hans. Der war ein guter Mann. Ein etwas heißblütiger Reiter, aber er hatte die richtige Hand für die Schwarzen. Nicht zu fest und nicht zu nachlässig. Ja, der hatte das richtige Händchen. John Obediah Jones seufzte. Von den Politikern konnte er das nicht unbedingt behaupten. Wenn er die Berichte der Zeitungen verfolgte und an den Diskussionen im