Название | Die Midgard-Saga - Jötunheim |
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Автор произведения | Alexandra Bauer |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738052015 |
Hilfesuchend sah Tom zu Thea, die sich ebenso wie Heimdall nicht ganz sicher war, worauf Tom genau hinaus wollte.
Dieser erklärte sich: „Im Osten liegt Russland oder China. Wenn wir deren Ende erreicht haben, dann folgt die USA, und wenn wir weiter östlich reisen, sind wir wieder zu Hause.“
„Der Eisenwald liegt am Ende der Himmelswölbung. Er trennt Midgard von Jötunheim“, kam Tyr zur Hilfe. Auch er klaubte Holz zusammen und stapelte es auf den Platz. „Wärst du so lieb, Wal-Freya?“
Die Walküre nickte, stand auf und kniete neben dem Holzstapel nieder. Dort malte sie mit dem linken Finger ein Zeichen in die rechte Handinnenfläche, streckte diese über die Holzansammlung und murmelte ein paar Worte. Im Innern des Stapels breitete sich ein rotes Glühen aus. Kaum zog Wal-Freya ihre Hand wieder fort, züngelte ein knackendes Feuer auf dem Platz.
Mit offenem Respekt hatte Tom das Schauspiel beobachtet. Dann holte er seine Frage zurück: „Das Ende der Himmelswölbung kann man doch niemals erreichen.“
Heimdall lachte. „Wenn das so wäre, Junge, würden wir uns wohl kaum auf den Weg dorthin machen.“
Hugrakkir und Vinur sprangen aus dem Bach, liefen auf Tyr zu und stießen den Asen spielerisch mit der Schnauze an. „Geht und fangt euch einen Hasen! Wir werden ein wenig verweilen“, sprach er zu den Tieren und als hätten sie ihn genau verstanden, neckten sie sich gegenseitig und verschwanden zwischen den Bäumen.
Um das Feuer versammelt bedienten sie sich aus ihren Quersäcken. Tom war verzückt von den vielen verschiedenen Speisen und den für ihn neuen Gewürzkombinationen. Als Tom seine Frage nach dem Himmelsgewölbe wieder aufgriff, nutzte Thea die Zeit und erzählte ihm die Geschichte von der Entstehung Midgards. Vom Urschlund Ginnungagap, von der Urkuh Audhumbla und dem Urriesen Ymir, von dem alle Riesen der Welt abstammten. Sie führte genau aus, wie Odin, Vili und Ve den Urriesen erschlugen und sie aus ihm die Welt formten, die Erde, das Meer, die Berge – und wie sie schließlich seinen Schädel auf die Welt setzten und aus ihm den Himmel machten, gestützt von den Zwergen Nordri, Sudri, Austri und Westri. An dieser Stelle unterbrach sie sich im Gedanken an den verzweifelten Zwerg, den sie auf ihrer letzten Reise kennengelernt und dem sie ein Versprechen gegeben hatte.
„Stützt Nordri überhaupt noch das nördliche Himmelsgewölbe?“, fragte sie die Walküre.
„Ich denke schon“, antwortete Wal-Freya ausweichend.
„Odin wollte sich doch darum kümmern, dass …“
Tom unterbrach sie: „Du glaubst das tatsächlich!“, stieß er aus.
„Ich verstehe es auch nicht, aber ich habe alles mit eigenen Augen gesehen!“, beteuerte Thea. „Ich war am nördlichen Ende des Himmelsgewölbes, ich habe es sogar für einen kurzen Augenblick selbst gestützt. Ich war bei Frau Holle und habe auf Midgard hinab gesehen, auf die Erde, ausgebreitet wie eine Landkarte …“
„Aber die Erde ist rund!“, erinnerte Tom.
Heimdall setzte sich auf, trat seine Schuhe von den Füßen und streckte die Zehen ans Feuer. „Nach deinem Glauben vielleicht“, erwiderte er ohne Wertung.
Auch Tyr stützte sich auf den Ellenbogen und sah Tom herausfordern an.
Mit einem Blick, der nicht verbarg, dass er an jedem anwesenden Verstand zweifelte, hob Tom die Hände. „Ihr glaubt das alle!“
Tyr sah amüsiert zu Thea, Wal-Freya und Heimdall und dann zu Tom. „Du sitzt mit Odin in Walhall, du fährst auf einem Wagen, gezogen von Wölfen über den Himmel hinweg und wagst, daran zu zweifeln?“, erwiderte er.
Den Mund weit geöffnet, gaffte Tom von einem zum anderen. „Aber das ist nicht möglich!“, erwiderte er. Doch seine Stimme war nicht mehr so fest wie zu Beginn des Gesprächs.
Wal-Freya zog ihren Quersack zu, streckte nun auch die Beine aus und begrüßte Bygul, der sofort auf ihre Oberschenkel sprang und sich schnurrend in ihren Schoß bettete. „Ich fühle mich sehr an ein Mädchen erinnert“, sagte sie mit gedämpfter Stimme und zwinkerte Thea zu.
Schmunzelnd hob Thea die Schultern. „Ich habe keine Ahnung, von wem du sprichst.“
„Zerbrich dir nicht weiter den Kopf darüber, Junge“, brummte Heimdall.
Sie ruhten sich aus, bis Hugrakkir und Vinur von der Jagd zurückkamen. Im Sternenlicht flogen sie weiter. Wieder reisten sie mehrere Stunden, ehe Tyr seinen Wagen erneut zur Landung brachte. Wal-Freya duldete die Pausen ohne Widerspruch. Als Tyr jedoch kaum eine Stunde nach ihrem Weiterflug erneut zur Erde steuerte, erhob sie Einspruch.
„Ich will Tom rasch etwas zeigen“, erklärte er, während Hugrakkir und Vinur den Wagen sanft auf einer Steppe absetzten. Ein goldener Streifen am Horizont kündete den neuen Tag an und färbte den feinerdigen Boden in ein sanftes Orange. Gespannt beobachtete Thea, wie Tom vom Wagen stieg und Tyr mit einem gläsernen Gegenstand vor seinen Augen spielte.
„Was tut er?“, fragte Thea.
„Ich denke, er will ihm den Sonnenwagen zeigen“, mutmaßte Wal-Freya.
„Den Sonnenwagen?“ Fasziniert stieg nun auch Thea aus und gesellte sich zu Tom und Tyr.
Tyr platzierte das Glas vor Toms rechtem Auge. „Das ist Skyrleiki, ein magisches Auge. Es zeigt dir Dinge, die schwer zu erkennen sind oder im Verborgenen liegen. Schau zum Horizont! Genau jetzt!“
Von einem goldenen Kranz umgeben schob sich die Sonne vor den Horizont. Thea kniff die Augen zusammen und versuchte vergeblich, etwas zu erkennen. Tom hingegen runzelte die Stirn und nahm Tyr den Stein aus der Hand. Immer wieder nahm er das Glas von seinem Auge fort und verglich die Sicht ohne den magischen Gegenstand.
„Das ist wirklich echt?“, fragte er und in einer hilflosen Geste überreichter er Skyrleiki an Thea. Diese folgte Toms Beispiel und hielt das Glas vor ihr Auge. Als blicke sie durch ein Teleskop vergrößerte sich ihre Sicht. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie die Silhouette zweier Pferde erkannte, die vor der aufgehenden Sonnenscheibe galoppierten. Geführt wurde der Wagen von einer Person, die vor einem riesigen Schild hockte.
„Sól!“, stieß Thea fasziniert aus.
Tom hob die Hände. „Aber die Erde dreht sich doch um die Sonne!“
Tyr lächelte. „Sol führt den Sonnenwagen. Arvakr und Alsvidr ziehen ihn, stets verfolgt von Skalli, dem Wolf. Doch die Pferde sind schnell. Skalli gelingt es nicht, die Sonne zu fangen.“
„Verrückt“, kommentierte Tom. „Wie ist das nur möglich?“
Tyr gab ihm einen Knuff. „Einfach so, weil es das ist. Komm! Wir müssen weiter.“
Abermals erhoben sie sich in die Lüfte. Schweigend folgten sie der aufgehenden Sonne, die sich schon bald hoch über das westliche Firmament erhob. Thea suchte hier und da den Blickkontakt zu Tom, doch dieser war so in seinen Gedanken versunken, dass er es nicht einmal bemerkte. Thea ertappte ihn das ein und andere Mal dabei, zur Sonne zu blinzeln. Ob er nach Sól und ihrem Wagen suchte oder die Uhrzeit schätzte, blieb sein Geheimnis.
Irgendwann veränderte sich die Landschaft. Große weite Seen klafften in der Erde auf wie in einem Käse und bald durchschnitten langadrige Flüsse das Land. Als sich diese hinter ihnen verloren und sich eine weite Ebene vor ihnen erstreckte, war es Wal-Freya, die hinab deutete und ihren Wagen zuerst zur Landung brachte.
„Was ist?“, fragte Tyr, als er seinen Wagen neben dem von Wal-Freya zum Halten brachte.
„Wir sollten die Tiere nach Hause schicken. Ich fürchte um ihre Sicherheit“, erklärte Wal-Freya.
Brummend blickte Tyr voraus. Weit am Horizont erstreckte sich ein Waldgebiet. In der Abenddämmerung war es kaum zu erkennen, aber Thea vermutete, dass sie den Eisenwald erreicht hatten.
„Ich