Название | Der Springer |
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Автор произведения | Helmut H. Schulz |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738009279 |
«Hast dir wieder das Bequemste ausgesucht», sagte Kosch.
Ernsthaft widersprach Kasch dieser Entscheidung Laskis nicht; sie war vernünftig: Laski reparierte nicht gern. Lieber nahm er eine Doppelschicht in Kauf, nichts Besonderes bei ihnen. Laski verschwand auch bald darauf, um sich, wie er angekündigt, schlafen zu legen. Ein paar Stunden ging es draußen auch ohne ihn.
«Der will mal wieder weg», sagte Gnievotta gähnend.
Kosch erwiderte nichts. Dieser Laski überspannte den Bogen mit seiner dauernden Drohung. Kosch zündete sich einen neuen Zigarillo an.
Später untersuchten sie Bohrmeißel, reparierten einiges, tranken den Rest der Flasche aus, bis Kosch sagte, nicht verärgert, sondern mehr feststellend: «Flickwerk, niederträchtiges. Seidene Lappen auf einem Lumpensack.»
«Was willst du anderes machen», sagte Gnievotta.
«Wann fährst du nach Berlin?», fragte Kosch. «Katja wollte es wissen.»
«Sonnabend früh», sagte Gnievotta, «gleich von der Schicht weg.»
Er solle, falls er ihn sehe, dem Scheich Nowacki die Augen öffnen, sagte Kasch, ewig gehe es mit diesen Meißeln nicht weiter. Mal sei der Bart ab.
Ja, sagte Gnievotta, wenn auch Nowacki nichts mit Bohrausrüstungen zu tun habe.
Die Bogenlampen des Lagers erloschen. Nur am Turm, ein paar Steinwürfe weiter, brannten Lichter. In der Dunkelheit wirkte die Anlage wie ein strahlender Stern, wie eine leuchtende Insel in der Steppe.
Die Vorbereitungen, wenn er kam, wenn Gnievotta wirklich mal am Sonnabend kam, die Umstände seinetwegen, davon ahnte er nichts. Für ihn war es ein Besuch, ein Ortswechsel, Aufenthalt für ein paar Stunden oder Tage, mit Gedanken an draußen. Für Katja war er der heimkehrende Odysseus, dem alles verziehen: die lange Abwesenheit, die Seitensprünge und die faulen Ausreden. Freilich belagerten keine Freier sein Haus; bei seiner Ankunft starb kein Hund nach einem wehmütigen Wiedererkennen auf dem Mist. Ihn verwandelte keine Göttin, die hätte auch Mühe mit ihm gehabt; Odysseus Gnievotta, der erschien, um nach dem Rechten zu sehen, und doch nichts sah. Er setzte sich in die Küche, fertig, mürrisch, aschgrau im Gesicht, rauchte. Das war alles.
Banales Gerede: Ich habe dich später erwartet. Ist was passiert? - Was soll denn passiert sein? Immer muss gleich was passiert sein, wenn es mal nicht nach der Uhr geht. - Das ist vielleicht ein Sommer. - Sommer? Milder Winter mit tropischen Einlagen. - Das kannst du laut sagen. - Hast du was zu trinken? - Im Kühlschrank ... Rede, Gegenrede, immer dasselbe.
Falls Gnievotta am Sonnabend kam, was selten geschah, begannen die Vorbereitungen spätestens am Freitag...
Freitag meldete sich Katja bei Sigalla ab. Sie nannte keinen Grund, weshalb sie früher ging, sie sagte nur, dass sie jetzt gehen müsse. Sigalla fragte prompt, warum, und sie antwortete: «Weil mein Mann kommt.»
Alle Frauen im Konstruktionsbüro setzten bei Sigalla Verständnis für ihre Angelegenheiten voraus, enttäuscht wurden sie selten. Deshalb war Sigalla bei seinen Frauen beliebt. Sigalla, sechzig vielleicht, Stirnglatze. Die zahlreichen Falten seines vollen Gesichtes schienen abwärts auf das fleischige Kinn zu streben. Ein älterer Ingenieur mit einer großen Familie, etwas umständlich oder betulich, das war Sigalla.
Gnievotta sei vielleicht auch am Montag noch da, sagte Katja, während ihr Sigalla in den Mantel half.
«So», sagte er.
Ja, sagte Katja, und deshalb würde sie am Montag eventuell ihren Haushaltstag nehmen.
Wie sie das mit ihren zwei Kindern schaffe, fragte Sigalla, wie es die berufstätigen Frauen überhaupt schafften, mit Mann, Kindern und Haushalt, das komme ihm manchmal wie ein kleines Wunder vor.
Deshalb gehe sie ja auch früher, erwiderte Katja, weil das Wunder eben nicht zu schaffen sei, anders.
Das sehe er ein, sagte Sigalla, er verstünde es sehr gut. Seine Töchter zum Beispiel, die studierten noch, ihre Männer und Freunde würden sich durch ständige Abwesenheit auszeichnen. Was wären seine Töchter ohne sie, die alten Sigallas? Die nämlich zögen deren Kinder groß. Und vor dreißig etwa kämen seine Töchter nicht zur Ruhe. Sie wüssten nicht, wo sie eingesetzt würden, Absolventenlenkung lasse auch zu wünschen übrig. In der Schule, sagte Sigalla, dürften sie nicht, während des Studiums sollten sie nicht, nach dem Studium würden sie vielleicht keine Kinder mehr kriegen. Wann sollten sie? Nein, es falle eben auf die Großeltern zurück, auf die alten Sigallas, denn, allgemein gesprochen, heute stünde der junge Mensch vor seinem dreißigsten Jahr kaum voll im Beruf. Demzufolge seien die Jungen auf Unterstützung durch die Alten stärker angewiesen.
Sie hätte es vorher sagen sollen mit ihrem Haushaltstag, meinte Katja, das wisse sie, aber Gnievotta käme auch immer so überraschend.
Und trotzdem, entwickelte Sigalla seinen Gedanken weiter, würden die meisten Männer dann noch erwarten, dass ihre Frauen wie die Fürstinnen aussähen. Das gehe natürlich nicht. Missbilligend schüttelte er den Kopf und trug ihr Grüße an Gnievotta auf. Sie brauche sich keine Sorgen zu machen, er drehe das hier schon.
«Da kannst du ganz beruhigt sein», sagte Katja tröstend, «deswegen mache ich mir wahrhaftig keine Sorgen.»
Sigallas Bemerkung über das Äußere der Frauen brachte Katja auf einen Einfall. Ani, Gnievottas Schwester, arbeitete als Masseuse in einem Krankenhaus. Mit Ani stand Katja so gut, dass sie ohne Anmeldung erscheinen und eine Behandlung verlangen durfte.
«Ich verzisch mich», sagte Katja, «bis Dienstag.»
Die Schwägerin bemerkte, Katja setze Fett an, reichlich sogar, da würden Massagen nichts nützen, nur Bewegung.
«Ich hab genug Bewegung», sagte Katja, «morgen kommt Eckhard.»
Er würde kommen, gerade von der Schicht weg, und auf dem Küchenstuhl sitzen, in seinem verschwitzten Zeug, die Zigarette zwischen den Fingern drehen, den Pfeifkessel beobachten, müde und ein bisschen ratlos, wie die zwei Tage zu verbringen seien, ohne Kosch und Laski, ohne Bohrplatz und Skat. Sie also würde zu ihm hingehen und in die kalten hellen Augen Gnievottas sehen, zwei nicht mehr junge Leute mit einem Haufen guter, und einem ebenso großen Haufen schlechter Gewohnheiten.
«Lasst ihr euch mal blicken?», fragte Ani.
Katja, jetzt in Tücher gewickelt, lag still und fühlte sich angenehm ermüdet.
Das wäre immer so nach Ganzmassagen, sagte Ani, und ob sie mit einem Besuch rechnen könnten.
«Das ist nicht sicher», sagte Katja. Sie würden vielleicht auf einen Sprung kommen.
Es gab immer was zu bereden zwischen Nowacki und Gnievotta. Wenn nicht, dann erfand er einen Grund, um Nowacki zu sehen, Gnievotta kann nicht still sitzen, er hat es nie gekonnt; sitzen, trinken, Karten spielen und reden, groß angeben und zuhören, das ja, aber bloß so sitzen, das nicht.
«Wir können ja auch noch telefonieren», sagte Katja. Sie spürte, wie sich ihr Körper belebte. Außerdem, sagte sie, habe Gnievotta seit vierzehn Tagen keine Frau gehabt. Acht Tage hielte er aus ohne Frau, vierzehn nicht, wie sie aus Erfahrung wisse.
«Denkst du», sagte Ani, die sich in einem kleinen Handbecken die Hände wusch. Hinten stand ihr Kittel offen. Sie trug der heißen Tage wegen keinen Unterrock, nur Büstenhalter und Schlüpfer. Lang und gerade waren ihre Beine. Jugendlich wirkte sie mit dem hinten aufgebundenen Rossschwanz. Ihre Stirn war hoch, die Haut weiß und rein, ihre Augen glichen Gnievottas Augen. Gelassen glitten ihre Blicke über Menschen und Sachen, nachsichtig und mit überlegener Freundlichkeit. «Ich kenn doch meinen Bruder», sagte sie.
So unrecht hatte sie nicht, wie Katja wusste, obwohl Gnievottas Gekrame