Название | Der Springer |
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Автор произведения | Helmut H. Schulz |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738009279 |
«Ungefähr nur», gab Schikora zu.
«Da hätten wir ja zu Hause bleiben können», sagte Kosch.
Solche Anordnungen, sagte Schikora wütend, träfe er ganz allein und nach eigenem Ermessen. Vor allem habe er mit Gnievotta zu reden. Kosch und Laski könnten gehen; vernünftig sei mit ihnen doch nicht zu verhandeln.
Als Kosch und Laski draußen waren, sagte Schikora, ihm läge daran, Gnievotta ernsthaft ins Gewissen zu reden. Von Mal zu Mal sänke die Leistung an seiner Anlage. Allgemein gesprochen, kämpfe der ganze Betrieb mit großen Schwierigkeiten, aber auf anderen Bohrplätzen kämen die Leiter weitaus besser zurecht. Eine solche Schluderei wie bei ihm, Gnievotta, sei sogar in seinem, Schikoras, Betrieb die Ausnahme. Ein für allemal wären die gemütlichen Zeiten vorüber, wo man ihnen als jungem Industriezweig manches nachgesehen, auch deshalb, weil Vergleichswerte gefehlt hätten. Geld verdienen, viel Geld verdienen, einverstanden, aber nicht ohne die entsprechende Leistung. Er sei auch bereit, für eigene Versäumnisse und Fehler einzustehen. Vieles würde er decken, aber nicht alles. Was Gnievotta darauf zu antworten habe?
Gnievotta redete von erschwerten Situationen, wetterbedingt oder nicht, von schleppenden Materiallieferungen.
«Wetter», sagte Schikora ironisch. «In Sibirien werden bei vierzig Grad minus Bohrungen niedergebracht.»
«Hier ist nicht Sibirien», erwiderte Gnievotta, «wir haben auch keine Leute mit fünfzigjähriger Erfahrung.» Weiter sagte Gnievotta, die Bohrköpfe, namentlich die Düsenrollenmeißel, würden zu schnell verschleißen. Ein Großteil der geplanten Standzeit werde für zusätzliche Reparaturen aufgewendet.
«Du hast den Reparaturplan selber ausgearbeitet», sagte Schikora, «nun arbeite auch damit.»
«Die Lage hat sich eben verändert», sagte Gnievotta, «Tiefbohrungen lassen sich nun mal nicht optimieren wie andere Produktionen.»
Abreibungen wie diese liebe er nicht, fuhr Schikora fort, aber es nutze ja nichts, Offenheit sei das Beste. Ob Gnievotta vielleicht selbst das Gefühl habe, seiner Aufgabe nicht gewachsen zu sein? Da Gnievotta schwieg, verkündete Schikora, man könne Zielprämien stellen, den Wettbewerb organisieren, materielle Stimuli einsetzen, den Reparaturplan neufassen, mal wieder Lenin lesen. Überhaupt sei es eine politische Frage, wie alle Fragen. Gnievotta solle erst mal seinen Resturlaub nehmen, nicht erst zum Jahreswechsel, wenn die Arbeit da oben richtig losgehe. Da sei auch was eingerissen. Manche verteilten ihren Jahresurlaub so, dass aus drei möglichst sechs Wochen würden. Da könne plötzlich jeder rechnen. Das gehe natürlich nicht. Er hoffe, nach dieser Kopfwäsche werde sich Gnievotta wieder fangen.
Später, als Gnievotta mit Glücksmann allein weiter beriet, sagte der, er habe sich während des Studiums am wohlsten gefühlt. Da sei immer alles geregelt gewesen, anders als in dieser belämmerten Praxis. Er goss zwei kleine Gläser mit Weinbrand voll, trank und schüttelte sich. Wie Gnievotta mit Kosch und Laski, den beiden Querköpfen, zurechtkäme, fragte Glücksmann.
«Wir kennen uns lange», sagte Gnievotta.
«Es war auch nur laut gedacht», sagte Glücksmann.
«Steh gerade für das, was du laut denkst», sagte Gnievotta.
In der Kantine fand er Kosch und Laski; um einen kleinen Tisch herum saßen die Alten, rauchend und trinkend. Man sah sich ja nicht oft. Gnievotta legte Kosch die Hand auf die Schulter. «Trink nicht mehr», sagte er, «wir müssen zurück.»
«No», sagte Kosch, «wart noch einen Moment.»
Es wurde Abend, ehe sie loskamen. Wieder fuhr Laski den Wagen, und Kosch erzählte seine Abendgeschichte von dem Bergmann, der keiner war. Aus purem Mitleid habe er den Bengel nach Senftenberg mitgenommen. Der Junge habe was in den Schultern gehabt, was zu bestimmten Hoffnungen berechtigte. In der Tat sei es auch nach vielen Schwierigkeiten gelungen, aus der Lusche einen Menschen zu machen. Eine feine Frau habe er mitgebracht, damals, und trotzdem das Bocken nicht lassen können.
«Unter Tage ist er aber nie gewesen», sagte Laski.
«Allerdings nicht», sagte Kosch.
Also könne man auch nicht wissen, was für ein Bergmann er geworden wäre, sagte Laski.
«Auch das stimmt», sagte Kosch.
«Und er hat den Mund nicht aufgekriegt»; sagte Laski, «vorhin. Vor jeder Papiergröße geht er in die Knie, ein schöner Bergmann, pfui Deibel.»
Dieses Gerede wurde Gnievotta mindestens zweimal wöchentlich angeboten. Manchmal wehrte er sich dagegen, was die Fantasie der beiden erst recht beflügelte.
Während der Rückfahrt sang Kosch, Laski fiel ein, der Wagen schwankte von einer auf die andere Straßenseite.
«Halt sofort an», befahl Gnievotta.
«Stop», sagte Kosch, «der große Gnievotta will was zum Besten geben.»
Gnievotta setzte sich ans Steuer und hoffte; dass sie auf keinen Streifenwagen träfen. Es kam keiner, die Nacht war still, die Straßen so gut wie leer.
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