Название | Vom Angelkahn zur Motoryacht |
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Автор произведения | Claus Beese |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738001921 |
»Na, habt ihr sie wieder alle beieinander?«, fragte Bruno mit diabolischem Grinsen und übersah die ihm hingestreckten Hände mit dem Fahrgeld.
»Johjoh, wieder alles im Lot auf’m Boot«, grinsten wir zurück und machten, dass wir von Bord kamen.
Der Schlacks war ein Experte, wenn es darum ging, aus einem Haufen dünner Gummihäute ein seetüchtiges, motorisiertes Gefährt zusammenzubasteln. Das Beste war, man kam ihm dabei gar nicht in die Quere, denn man lief sonst Gefahr, irgendwo mit eingebaut zu werden. Ich übernahm die Handlangertätigkeiten und reichte ihm die verlangten Einzelteile, die er dann in Nullkommanix zusammenfügte. Einige Meter über unseren Köpfen hatte sich inzwischen eine Menge Schaulustiger versammelt, die nun lässig über dem Geländer hingen und gespannt unserem Treiben zusahen.
»Zu vorne sagt man Bug!«, rief ein Witzbold herunter und alles lachte. »Früher hat man aus so was Unterlagen für Bettnässer gemacht, heute fährt man damit zur See!«
Erneutes Gelächter. Bodo konzentrierte sich sehr auf das Anschließen des Blasebalges an das Ventil. Ganz langsam veränderte sich seine Gesichtsfarbe.
»Nur Narren hören alles, was ihnen zu Ohren kommt«, beruhigte ich ihn leise.
»Am Liebsten möchte ich den Blasebalg ganz woanders anschließen«, knurrte der Schlacks und ich konnte seine Gedankengänge sehr leicht nachvollziehen.
»Heh, was macht ihr beiden, wenn euer Küchenquirl ausfällt, hä??«, brüllte der Alleinunterhalter über uns, um sich im nächsten Mom3ent seine Frage selbst zu beantworten. »Na, ganz klar! Dann müssen sie sich ordentlich am Riemen reißen!!«
Donnerndes Gelächter belohnte seine fragwürdigen Witzeleien!
»Lieber Gott, lass es Abend werden oder die Fähre kommen«, stöhnte der Schlacks und fing an, den Blasebalg mit den Füßen zu bearbeiten. Je länger er darauf herumtrampelte, umso besser wurde seine Laune, und ich hatte den Verdacht, dass er in seiner Vorstellung gar nicht auf einen kleinen Gummibalg, sondern auf etwas ganz anderes eintrat. Ganz langsam begann der erste Gummiwulst sich aufzublähen.
»Kuck mal, ein Gummibootus erectus!«, johlte es oben und ich griff unwillkürlich nach einem Paddel.
»Lass sein, zu viele Zeugen«, raunte mir der Lange zu und nahm mir das Ruder aus der Hand.
»Ich glaub, das fällt schon unter Notwehr«, gab ich zurück und Bodo grinste und deutete auf den Blasebalg.
»Los, mach du mal ‘ne Weile. Das beruhigt!«
Seufzend ergab ich mich in mein Schicksal und pumpte, bis die erste Kammer gefüllt war. »Ooch, da geht wohl noch ‘ne Menge rein. Mach man ordentlich stramm«, meinte der Schlacks.
»Ordentlich stramm, jawohl, Herr Kaptein!«
Also weiterpumpen.
»Sag mal, Käptn, wie pflegt man eigentlich so ‘nen Gummikreuzer? Muss man den auch mal streichen?«, fragte ich interessiert und nicht ganz grundlos. Ich fuhr mit der flachen Hand über die schon leicht raue Oberfläche. Man macht sich ja so seine Gedanken.
»Angsthase! Nee, streichen musste nich, aber damit das eingearbeitete Gewebe schön geschmeidig bleibt, muss man die Luftkammern von innen immer gut mit Talkum pudern. Dann kann gar nix passieren.«
»Hm.«
Ich starrte gedankenverloren auf die Stelle des Gummiwulstes, an der sich ein millimeterbreiter Riss gebildet hatte. Sollte ich vielleicht mit dem Pumpen aufhören? Noch während ich überlegte, fing der Riss an, sich zu verlängern. Da ich aber kein »Pssssssss!« hörte, konnte es nur die Gummioberfläche sein, die da nicht mehr so ganz halten wollte. Konnte man sicher flicken. Bodos hatte meinen interessierten Blick bemerkt und jetzt entdeckte auch er das Malheur, das im Zentimetertempo über den Gummiwulst kroch.
»Boah!«, brüllte der Schlacks und fingerte nach seinem Fahrtenmesser, um durch einen gezielten Stich den Riss am Weiterlaufen zu hindern. Es hätte sicher geklappt, wenn der Schlacks sich dabei nicht auch noch auf das Boot geworfen hätte. Zwar maß Bodo in den Schultern nicht mehr, als ein Hering zwischen den Augen, aber das schien wohl ausreichend zu sein, um die Katastrophe einzuläuten.
»Festhalten! Festhalten!« schrie der Lange und versuchte, den jetzt davoneilenden Spalt in der Gummihaut durch Fingeraufdrücken zu stoppen.
Die Detonation, mit der es unser Schlauchboot auseinander sprengte, veranlasste das Fährpersonal auf der anderen Weserseite zu einem hastigen Ablegemanöver. Wie Donnerhall rollte der Schall zwischen den Ufern hin und her, und unsere beiden Freunde vom Kutter waren scheinbar sehr gespannt, was wir nun wieder angestellt hatten. Wir schauten uns an. Der Schlacks schien etwas zu sagen, denn er bewegte die Lippen. Es sah aus, als kaue er hingebungsvoll einen Kaugummi, aber in meinen Ohren war lediglich ein lautes Pfeifen zu vernehmen, welches in an- und abschwellendem Rhythmus in meine Trommelfelle stach. Bodo schien die gleichen Probleme zu haben, denn er deutete jetzt mit dem Finger nach oben und ich folgte mit den Augen der angezeigten Richtung.
Eine weiße Nebelwolke stand wie ein Atompilz über uns, und die ganze Meute, die eben noch feixend über dem Geländer gehangen und uns mit ihrem Spott überschüttet hatte, rannte keuchend und hustend mit kreideweißen Gesichtern und staubigen Kleidern auseinander. Der größte Druck bei der Explosion war nach oben entwichen und hatte den gesamten Talkumpuder über die Schandmäuler da oben geblasen. Wir hingegen waren mal wieder davongekommen, die weiße Farbe unserer Gesichter entsprang mehr dem Schrecken und dem Gedanken, dass uns das auch draußen an der Fahrrinne hätte passieren können.
Wir wussten nicht, ob wir lachen oder weinen sollten, denn Petrus‘ Wege waren manchmal schon ein wenig drastisch, aber alles in allem doch gerecht und sehr effektvoll. Wir packten unseren Kram also wieder ein und als wir die Anlegerbrücke zum Ponton hinunter kamen, und Kurt und Bruno die Trümmer unseres Gummikreuzers sahen, ahnten sie, warum die Passagiere der vorigen Fahrt alle einen so leicht mitgenommenen und verstaubten Eindruck gemacht hatten. Bruno klopfte uns väterlich auf die Schultern um uns zu trösten.
»Verdammt Jungs, ihr seid doch ganz verflixte Bäckerburschen! Also, Kopf hoch, meine Herren Raubfischer! Ein versenktes Gummiboot kann euch doch wohl nicht stoppen, wie? So wie ich euch kenne, habt ihr bald einen schwimmenden Ersatz gefunden, oder?«
Der Schlacks und ich tauschten einen Blick, dann erhoben wir wie auf Kommando gleichzeitig jeder drei Finger zum Schwur.
»Wir?? Nie wieder!!«, erschallte es im Chor.
Zwei Maulwürfe und ein Stichling
Bodo, Joachim und ich waren damals die dicksten Freunde. Wir teilten so ziemlich alles miteinander, was unsere Freizeit und die Hobbys betraf. Im Laufe der Zeit kamen wir einfach zwangsläufig von den Fischen auf die Boote, und ganz langsam entwickelte sich, wenn auch bei jedem von uns unterschiedlich, der Hang zum Wasser. Jetzt, da sich die Schlauchboot-Ära erledigt hatte, fehlte aber etwas. Wir wurden immer kribbeliger, so eingeschränkt, wie wir in unserem Bewegungsdrang waren. So durfte das nicht bleiben!
»Mensch, dass ihr aber auch den Gummikreuzer zerlegen musstet«, meckerte Joachim und beförderte einen der schmackhaften Tauwurmriesen in die Köderbüchse. Unser Vorrat an Wurmködern war erschöpft und wir mussten dringend für Nachschub sorgen.
»Hm«, machte ich nur kurz .
»Mein Gott, bist du heute wieder geschwätzig«, stellte Achim fest. »Was ist eigentlich los mit dir? Du