Название | Der Isländische Freistaat in Sagas |
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Автор произведения | Helmut H. Schulz |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738058963 |
Die Weiden in den Tälern und die Hochalmen boten aber Futter genug für die genügsamen Schafe. Einmal jährlich wurden die Tiere auf die Almen getrieben und im Herbst vor Wintereinbruch wieder in die Höfe geholt und eingestallt. Hammelfleisch bildete die Fleischgrundlage. Rinder und die so wichtigen Pferde fanden auf den Sommerweiden Gras genug, aber das Winterfutter musste bis zum Frühjahr reichen. Islands Winter sind lang. Man ließ alle Haustiere frei laufen, wohin sie wollten. Gefahr durch wilde Tiere droht ihnen nicht.
Im Breidafjord verteilt liegen zahlreiche kleinere Inseln, die Schafsinseln, eine Art Allgemeinbesitz, gelegentlich Weide. Seevögel brüteten auf den Klippen; hoch im Norden, im Eisfjord, hieß einer der Inseln Eidergansinsel, der Brutpaare wegen, die dort zahlreicher als anderswo nisteten. Der Fjord war fischreich; getrocknet konnten Lachse, Kabeljau und Haifleisch lange vorhalten. Am Hvammrfjord hatte sich vor ihr Björn, der Bruder von Unn der Weisen sesshaft gemacht. Er dürfte seiner Schwester Unn als Ratgeber zur Seite gestanden haben, falls er sie nicht überhaupt einlud, sich in seiner Nähe anzusiedeln, als ihre Rückkehr nach Schottland oder Norwegen nicht mehr möglich geworden war. Helgi Bjolan, der andere Bruder der Unn, vom Süden her in den Fjord gekommen, hatte sich das Land zwischen dem Kollafjord und dem Hvalfjord, kleinere Abzweigungen des Hvammrfjord, angeeignet. Ein anderer, Helgi, genannt der Magere, nahm weiter westlich ein Gebiet zwischen Sighul und Reynismer in Besitz. Sie alle bildeten eine erste Siedlergemeinschaft in den Tälern, ein kleines Fürstentum. Unn die Weise war nach ihrem Schiffbruch einen Winter über bei ihrem Bruder Björn geblieben und hatte die Zeit genutzt, um die Täler und Taleinschnitte des Fjordes in alle Richtungen nach geeigneten Wohnplätzen abzusuchen; sie errichtete ihren eigenen Hof Hvammr oder Kessel und teilte das in Besitz genommene Land unter ihren Leuten auf. Einer ihrer Gefolgsmänner, Höd, gründete Hördabalsstadir, ein anderer, namens Asgrim erhielt das ganze Örnolfstal, einer ihrer Freigelassenen bezog Gaudafzell und so fort. Alle diese Orte und Gründungen lagen in einem erreichbaren Umkreis, jeweils einen guten Tagesritt voneinander entfernt; die gerechte Verteilung des Landes sicherte allen das Auskommen, gab ihnen eine Zukunft und die Sicherheit der Sippengemeinschaft.
Wenn sich auch nicht alle Ansiedler behaupten konnten, war es doch eine geglückte Landnahme und Unn die Weise, eine ruhige Grundbesitzerin, mehr auf das Wohl anderer bedacht als auf ihr eigenes; durch ihre Umsicht war ein großer Landbezirk entstanden. Alt geworden, zog sie sich aus der Wirtschaft zurück, vermachte aber vor dem Tode ihren Besitz dem Enkel Olaf Feilan; verheiratete ihn, selbst schon hochbetagt und richtete eine große Hochzeitsfeier mit hunderten Gästen aus, versammelte noch einmal ihre Verwandten und Freunde um sich. Am Abend zog sie sich in ihre Schlafkammer zur Ruhe zurück. Am anderen Morgen fand Olaf Feilan seine Großmutter tot im Bett, als er sie wecken wollte. Die Ansiedlung all dieser Leute mit ihren Familien, mit Freien und Sklaven und Knechten war das Werk dieser Frau, die Erkundung und Namensgebung im Hvammrfjord, Tagmahlskap, Kammsnaes sind mit ihrem Namen verbunden.
Island misst von Nord nach Süd etwa dreihundertfünfzig Kilometer, und von Ost nach West fünfhundert, ist also eine kleine Insel, deren karge Natur nur wenigen Menschen ausreichende Lebensbedingungen sichert, davon ist der weitaus größte Teil Hochland und steinig, von reißenden Strömen und Wasserfällen durchschnitten, eine wilde und urwüchsige, erdgeschichtlich junge Landschaft mit tätigen Vulkanen und heißen Quellen. Als eigentlicher Entdecker Islands gilt der Wikinger Ingólf Arnasson; auch andere Namen werden als Entdecker genannt. Wahrscheinlich sind es in der Tat nacheinander streifende Wikinger gewesen, die Nachrichten von ihren Reisen und Entdeckungen verbreiteten. Aber für einen Wikinger war hier nichts zu holen. Der und jener versteckte seine Schätze an einem der Fjorde als Notgroschen. Nimmt man etwa fünfzig Kilometer in den Zirkel und schlägt einen Kreis um das heutige Kammsnaes, dann sind alle Orte für einen Reiter innerhalb eines Tagesrittes erreichbar, auch Thingvellir am Öxarelf. Was die Norweger vorfanden, Fjorde, weite Täler und Bergweiden erinnerte sie an die Heimat, die sie verlassen hatten. Island liegt zehn Grad West und sechsunddreißig Grad Nord im Atlantik, ungefähr auf den Koordinaten Norwegens. Das Klima ist infolge des Golfstromes aus der Karibik, der die Insel in Nord und in Süd umspült, trotz der Nähe des Polarkreises erträglich; in einem kurzen Sommer steigen die Temperaturen kaum über fünfzehn Grad, dafür sind die Winter wärmer.
Wenn Unn die Weise wirklich im Jahre 890 n. Chr. angekommen war und wenn man für eine Generation vierzig Jahre ansetzt, wer ihr ferner achtzig Lebensjahre zuschreibt, dann hat Unn die Weise den Aufstieg Islands zum Freistaat, zur Konstituierung des Althing und die besten Jahre erlebt. Sie starb jedenfalls vor der Einführung des Christentums, aber ihr Todesjahr ist unbekannt
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