Mord im ersten Leben. Dirk Lützelberger

Читать онлайн.
Название Mord im ersten Leben
Автор произведения Dirk Lützelberger
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783752993837



Скачать книгу

bewegte sich Sven lautlos voran. Er war gut in Form, Mitte vierzig und sah noch fast zehn Jahre jünger aus. Seine junggebliebene Art kam von jeder Menge Sport, die er in seiner Freizeit trieb. Am liebsten waren ihm die endlosen Laufstrecken um die nahegelegenen Seen. Er wohnte mit seiner Familie etwas abseits gelegen in einem Einfamilienhaus in Norddeutschland, vor den Toren der Landeshauptstadt Kiel. Sven und Lara Honnick waren vor acht Jahren hierher gezogen, um eine Familie zu gründen. Der angebotene Posten als Filialleiter war für sie beide ausschlaggebend gewesen. So brauchten sie sich nur noch um einen neuen Job für Lara zu bemühen. Sie fand ihre neue Anstellung als Erzieherin in einer nahegelegenen Kindertagesstätte. Vor zwei Jahren kam ihr Sohn Lukas zur Welt. Laras Job hatte den Vorteil, dass sie sich keine Tagesmutter für den Kleinen suchen mussten, sondern Lukas täglich mit seiner Mutter in der Kindertagesstätte zusammen war.

      Sven kam in der Küche an und inspizierte den Messerblock. Zielstrebig ergriff er ein langes, schlankes Ausbeinmesser, welches er erst vergangenes Wochenende geschärft hatte. Auf dem Rückweg durch das Badezimmer zu seinem Arbeitszimmer machte Sven wiederum keinerlei Geräusche, so dass er Minuten später, nackt und sichtlich erregt, auf seinem Schreibtischstuhl saß. Vor sich auf der Tischplatte hatte er das Messer, ein Taschentuch und ein Pflaster aus dem Bad, sowie sein Handy bereit gelegt. Er atmete langsam ein und aus und strich dabei immer wieder langsam über seinen steifer werdenden Penis. Seine Herrin hatte gefordert, dass er sich einen Schnitt an seinem Oberschenkel zufügen sollte. Musste er groß oder tief sein, überlegte Sven, entschied sich dann aber für die leichte Variante. Er aktivierte die Handykamera in seiner linken Hand und nahm das Messer in die andere. Dann setzte er die Klinge vorsichtig auf seinem Oberschenkel auf. Sven atmete tief ein und zog die scharfe Klinge langsam über seine Haut. Ein stechender Schmerz durchfuhr ihn und sein Glied zuckte durch die Erregung auf. Sven drückte den Auslöser der Kamera. Einmal, zweimal, dreimal. Dann legte er die Kamera und das Messer ab, tupfte die Bluttropfen mit dem Taschentuch fort und massierte seinen erregten Schwanz. Er brauchte nur noch wenige Bewegungen, bevor Sven sich in das Taschentuch ergoss und befriedigt im Stuhl zusammensank.

      Seine Erregung ließ rasch nach und er realisierte zielstrebig die nächsten Schritte, die er als Priscilla noch zu erledigen hatte. Im Nu waren die Bilder von seinem Handy auf seinen Rechner verschoben und eine elektronische Nachricht an [email protected] gesandt. Erleichtert fuhr Sven den Rechner herunter, entsorgte das blutige Taschentuch und stellte das gesäuberte Messer in den Messerblock zurück. Dann legte er sich zu seiner Frau ins Bett und starrte an die Decke. Was werden wohl die nächsten Aufgaben sein, freute sich Sven und schlief darüber nachdenkend ein.

      Sonntag, 18. November 2012, 11:10

      Gwen saß am Bett ihres Sohnes. Wie sollte sie es ihm sagen? Was würde sie ihm antworten, wenn er wissen wollte, wie es nun weiterging? Nach ihrer Rückkehr aus dem Krankenhaus hatte Beth berichtet, dass Phil erst am frühen Morgen eingeschlafen war. Jetzt war es fast Sonntagmittag und die tiefstehende Novembersonne durchflutete ihr Haus. Es wäre langsam Zeit zum Aufstehen, überlegte Gwen und strich ihrem Sohn behutsam über seinen Kopf. Er gab ein Murren von sich und blinzelte ihr verschlafen entgegen. Als sich die Erinnerungen der vergangenen Nacht den Weg durch seinen Kopf bahnten, schreckte Phil hoch und war hellwach.

      »Wo ist Papa?«

      Gwen stockte der Atem. Sie hätte nicht gedacht, dass er so schnell auf den Punkt kommen würde. Langsam fing sie an zu berichten. »Wir waren in der Nacht in der Notaufnahme. Die Ärzte handelten alle sehr schnell, aber Papa hatte keine Chance. Papa wird nicht mehr nach Hause kommen, mein Schatz. Jetzt gibt es nur noch Dich und mich.«

      »Du lügst! Das kann nicht sein! Papa hatte doch erst Geburtstag und ist doch erst sechsundvierzig!«

      »Phil, es ist für mich genauso schwer dies zu akzeptieren wie für Dich, aber Papa ist wirklich… tot.« Gwen schluckte, um nicht aus Verzweiflung zu weinen. Sie musste nun stark sein. Phil brachte kein Wort mehr heraus und drückte sein Gesicht in sein Kissen. Gwen legte ihre Hand auf seine Schulter.

      »Lass mich in Ruhe! Du hättest ihn retten müssen. Du warst mit im Krankenhaus!« Phil schluchzte tief. »Dein Doktor-Freund war doch auch mit dabei. Warum habt ihr ihn sterben lassen?« ›Doktor-Freund‹ hatte Phil Michael genannt. Dabei war da nichts zwischen ihnen beiden. Wie kam er nur auf solche Gedanken?

      »Liebling, Michael hatte sofort gehandelt. Du darfst ihm keinen Vorwurf machen. Und Stefan ist sogar dem Notarzt vorausgefahren, um die Straßen frei zu machen. Wir alle haben getan, was wir konnten. Wir hatten keine Chance. Bitte versteh das!«

      »Geh weg! Lass mich in Ruhe!« Gwen warf ihrem Sohn einen besorgten Blick zu und erhob sich.

      »Ich mache uns ein leckeres Frühstück. Wenn Du Hunger hast, komm einfach runter in die Küche.« Phil sagte nichts und vergrub sein Gesicht nur noch tiefer in sein Kopfkissen.

      Gwen saß emotionslos auf der Couch im Wohnzimmer und starrte die Vitrine an der gegenüberliegenden Wand an, als Phil aus seinem Jugendzimmer trat und die Treppe hinunter schlich. Mit roten verquollenen Augen erblickte er seine Mutter und ging wortlos in die Küche. Gwen überlegte kurz, ob sie ihn ansprechen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Er sollte sich erst einmal beruhigen. Sie hörte ein Klappern in der Küche und sah, wie Phil sich mit einer Scheibe Brot wieder in Richtung seines Zimmers begab und sie hörte wie er die Tür hinter sich schloss. Wie paralysiert saß sie weiterhin auf der Couch und überlegte, wie es nun weitergehen sollte. Die Stunden vergingen quälend langsam und Gwen konnte sich nicht aufraffen, irgendetwas zu tun oder auch nur einen klaren, konzentrierten Gedanken zu fassen.

      Gegen 18:00 Uhr beschloss Gwen, einen weiteren Annäherungsversuch zu unternehmen. Sie klopfte zaghaft an Phils Zimmertür an. Als sie keine Antwort bekam öffnete sie vorsichtig die Tür.

      »Phil? Wie geht es Dir? Was machst Du?«

      Phil saß am Computer an seinem Schreibtisch und spielte. Er schaute nicht hoch, als seine Mutter den Raum betrat.

      »Schätzchen, lass uns bitte reden.«

      »Davon wird er auch nicht wieder lebendig!«, murmelte Phil zurück. »Und ich will ohne ihn auch nicht mehr weiterleben.«

      »So etwas darfst Du nicht sagen. Wir müssen nun zusammenhalten. Wir beide, Du und ich. Wir sind jetzt das Team und müssen uns durchbeißen. Ich brauche Dich!«

      »Ich brauche Dich aber nicht. Ich will, dass mein Vater wieder da ist. Du kannst mir nicht helfen.«

      »Das geht aber nicht«, antwortete Gwen zärtlich, und sprach weiter. »Das weißt Du auch. Was kann ich tun, um Dir zu zeigen, dass ich immer für Dich da bin?«

      »Ich will heute nicht darüber sprechen«, antwortete Phil resigniert, ohne von seinem Spiel aufzusehen. »Ich bin müde und muss morgen früh wieder zur Schule. Ich gehe bald ins Bett.«

      »OK, sag mir bitte, wenn Du etwas brauchst und wenn ich etwas tun kann. Ich liebe Dich.«

      Gwen verließ das Zimmer, um sich wieder auf der Couch im Wohnzimmer in eine Decke einzurollen. In sich gekehrt und müde starrte sie wieder die Vitrine an und dachte dabei an morgen. Dabei schlief sie ein.

      Montag, 19. November 2012, 06:45

      Das Display zeigte 06:45 Uhr, als der Wecker erst leise, dann immer lauter werdend Mark aus dem Schlaf erwachen ließ. Zielstrebig startete er seinen Rechner und machte sich dann im Bad frisch, während der Computer bootete. Das Symbol für neue Post erschien und zauberte Mark ein Lächeln in sein müdes Gesicht. Während er hastig eine Scheibe Brot verschlang, öffnete er erwartungsvoll die neue Nachricht.

      Priscilla hatte den Auftrag ordnungsgemäß ausgeführt und ihm ein Foto geschickt. Nun hängt er an der Angel, dachte Mark, speicherte das Bild auf seiner Festplatte ab und druckte es aus.

      »Dann wollen wir doch mal sehen, ob Du Dich mit Technik auskennst«, murmelte Mark leise zu sich selbst und rief die erweiterten Eigenschaften des Bildes auf. Ein verschmitztes Lächeln umspielte seinen Mund als er fand, wonach er gesucht hatte. Mobiltelefone speicherten oftmals die Koordinaten des Ortes, wo sie aufgenommen