Zwiebelsuppe à la Jules. Louis Geras

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Название Zwiebelsuppe à la Jules
Автор произведения Louis Geras
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738041088



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auch nicht von der unsicheren Frage: „Bitte, könnte ich auch noch so eine Suppe bekommen?“ zerstört. Jedoch schaffte dies Jules, der mit tiefem Bedauern die Bitte abschlagen musste, da Alex die letzte Portion erhalten hatte. In weiterer Folge zog Jules seine Augenbrauen hoch und sah, als echter französischer Charmeur, Alex so intensiv-vorwurfsvoll an, das dieser den bereits angehobenen Löffeln verunsichert sinken ließ. Dessen ungeachtet zierte Alex sich noch kurz. Schließlich gab er sich mit einen leisen Seufzer geschlagen. Langsam legte er, mit einem traurigen Blick auf die dampfende Suppe, den Löffel auf den Unterteller und fühlte sich genötigt sie der jungen Frau, die er bis zu diesem Augenblick noch nicht wirklich zur Kenntnis genommen hatte, anzubieten.

      Jules Gesicht entspannte sich augenblicklich wohlwollend und das liebenswürdige Lächeln erschien wieder auf seinem Gesicht.

      Die Suppe jedoch entschwebte und landete vor der jungen Frau, die jedoch zögerte sie anzunehmen.

      „Es tut mir leid.“, fing sie an, „ich wollte Ihnen nicht das Essen streitig machen.“ „Das ist schon in Ordnung.“, antwortete Jules stellvertretend für Alex. „Monsieur ist gerne bereit zu ihren Gunsten zu verzichten, ma chèrie.“ Jules lächelte und strich sich über den Bart. Alex war zwar nicht seiner Meinung, verbiss sich jedoch den Kommentar, da er befürchtete ansonsten auch keinen Cognac - den er nun umso mehr benötigte – zu bekommen.

      Trotzdem konnte er nicht vermeiden, dass sein Blick sehnsüchtig zu seiner ehemaligen Suppe glitt, die sich nun dampfend vor der jungen Fremden befand.

      Als er seinen Blick hob, begegneten sich ihre Blicke. Zwei große veilchenblaue Augen sahen ihn an.

      Als sie seinen Blick bemerkte, öffneten sich ihre Lippen zu einem schüchternen, dankbaren Lächeln und gaben eine Reihe makelloser Zähne frei.

      Das dankbare Lächeln der jungen Frau entschädigte Alex Wolf jedoch nicht für seinen Verlust, vielmehr bohrte sich ein weiterer hässlicher Pfeil in sein ohnedies durchschossenes Herz. Frauen nahmen ihm alles. – Sie machten nicht einmal halt vor seiner Suppe.

      Aber zu Alex Überraschung – Oder hatte sie seine Gedanken gelesen? - bat sie Jules ihr doch bitte noch eine Schüssel und einen Löffel zu bringen. Sie löffelte einen Teil der Suppe heraus und brachte die Suppenschüssel an Alex‘ Tisch. Mit einen zögernden Lächeln stellte sie die Suppe vor dem verblüfften vormaligen Suppen-Besitzer ab und sagte: „Die ganze Suppe wäre ohnedies zu viel für mich. Danke.“ Dann kehrte sie zu ihren Platz zurück.

      Alex rang sich ein Lächeln ab. Es ging sogar relativ leicht. Die Vorfreude auf die Suppe stimmte ihn versöhnlich. Gemeinsam - nur durch zwei Tische und einen schmalen Gang dazwischen getrennt - löffelten sie schweigend die heiße Köstlichkeit. Gleichzeitig beendeten sie das Mahl und legten genüsslich seufzend den Löffel ab. Dann lehnten sie sich mit einem wohligen, entspannten Gefühl zurück. Unwillkürlich lächelten sie sich über den Zwischenraum hinweg an, als sich zwangsläufig ihre Blicke trafen.

      Jules räumte die leeren Teller ab und brachte Alex den nächsten Cognac, den Jules auf Kosten des Hauses servierte. Offensichtlich hatte Alex durch seine Suppenteilbereitschaft einen Platz in seinem Wirtsherz erobert.

      Auch der Suppenlöfflerin spendierte Jules einen Drink.

      Nur zögernd führte sie den Cognac-Schwenker an ihre Lippen, nachdem sie Alex zugeprostete hatte. Als sie Alex’ fragenden Blick begegnete, äußerte sie entschuldigend, dass sie normalerweise keine harten Getränke zu sich nähme.

      Der erste Schluck wurde mit einer Grimasse quittiert. Jeder weitere schwächte diese ab und der Letzte verlangte nach noch einem Glas. Sie winkte dem Wirt und deutete auf sie beide. Wieder erschien Jules mit zwei Gläsern und wiederum prosteten sie sich schweigend über den Zwischenraum hinweg zu.

      Doch im Gegensatz zu Alex, der je mehr er trank, umso schweigsamer wurde, hatte der Alkohol bei der jungen Frau die genau gegenteilige Wirkung. Unvermutet und zum Entsetzen von Alex (schließlich hatte er genug eigene Probleme) fing sie an zu reden. „Wissen Sie…“, sagte sie leise und strich sich eine Locke aus dem Gesicht, „… wissen Sie, das war das Netteste, was mir seit langen passiert ist. Der ganze Tag war eine einzige Katastrophe. Alles ging schief und …..“

      Sie verstummte, was Alex dazu verleitete in ihre Richtung zu blicken. Kaum jedoch hob er seinen Blick, fuhr sie fort, da sie sich nun seiner Aufmerksamkeit sicher war: „…und mein Freund hat auch keine Zeit. Hin und wieder würde ich am liebsten Schluss machen. Aber ….das kann ich nicht. Ich … ich brauche ihn …“

      Die alkoholische Wirkung setzte nun vollständig ein. Die Hemmschwelle brach abrupt und große Tränen kullerten aus ihren Augen über die geröteten Wangen.

      „Entschuldigen Sie“, schluchzte sie auf und fing an nach einen Taschentuch in ihrer Handtasche zu kramen. „Entschuldigen Sie, das macht der Alkohol. Immer wenn ich etwas getrunken habe und unglücklich bin, fange ich zu heulen an.“ Mit einem lauten Schnäuzer unterbrach sie ihren Monolog.

      Alex hingegen überlegte für einen Moment, ob er die Chance nützen sollte und Jules um die Rechnung, oder doch lieber noch um einen Drink bitten sollte. Konnte sich jedoch für keins davon entscheiden. Also blieb er einfach schweigend sitzen, den leicht benebelten Kopf auf seiner Hand abgestützt, lauschte er dem Schluchzen. Irgendwann konnte er es nicht mehr ertragen. Daher murmelte er leise, mehr zu sich, als zur Fremden: „Ich weiß, was Sie meinen. Keine Zeit …kenne ich auch. Tut weh. Verdammt weh. Dabei will man ja nur… nicht allein sein. Und dann wartet man…und wartet….“

      Er wurde von einem neuerlichen Aufschluchzen und darauffolgenden Schnäuzen unterbrochen. „….auf den nächsten Anruf“, kam es leise von der gegenüberliegenden Seite.

      „Mhm“, gab Alex mit bekräftigenden Nicken von sich. „Und wenn er anruft…“, fuhr sie fort, „…läuft man los und lässt alles stehen und liegen. Man hetzt zur anderen Stadtseite nur um ein paar Minuten mehr von seiner kostbaren Zeit zu bekommen. Und danach fühlt man sich nicht wirklich glücklicher. Ganz im Gegenteil. Bloß während der kurzen intensiven Zeitspanne, wo man in seinen Armen liegt. Danach fühlt man sich irgendwie … ausgelaugt und man fragt sich: Warum tu ich mir das eigentlich an? Ich bin doch nicht hässlich, oder?“

      Fragend hob sie die Augen und sah ihn flehend an, als hoffe sie, dass Alex die Lösung für ihr Problem wüsste und ihr zusätzlich bestätigte, dass sie schön sei, oder wenigstens hübsch.

      Alex, der schon fast eingenickt war, fuhr hoch aus seinem Halbschlaf und sah sie das erste Mal richtig an. Er musterte sie eingehend. Sie hatte kastanienbraune Haare, die ihr in weichen Wellen bis auf die Schultern fielen. Nun wirkten sie etwas zerzaust, aber es fiel ihm nicht schwer sich vorzustellen, wie sie ordentlich frisiert das feine herzförmige Gesicht umrahmten. Die zierliche gerade Nase zwischen den veilchenblauen Augen gab ihrem Gesicht eine Note von Andre Hepburn. Nur war diese von einer Unzahl von Sommersprossen übersät. Diese gaben ihren Äußeren etwas Freches. Die feinen Augenbrauen hochgezogen, blickten ihre veilchenblauen Augen ihn fragend an. Die Wimperntusche war verronnen und zeichnete schwarze Linien von den Augen abwärts. Auch der Lippenstift hatte sich verselbständigt. Auf einer Seite reichte er fast bis zum Kinn. Ein Ohrring hing ein wenig schief im Ohr, kaum noch gehalten vom Verschluss, während der Zweite ohnehin zu fehlen schien. Auf dem Rollkragenpullover zeichneten sich ein paar Flecken ab, jedoch konnte Alex nicht erkennen von was sie stammten. „Vielleicht von der Zwiebelsuppe?“, ging es ihm durch den Kopf.

      Er räusperte sich und sagte zögernd: „Naja. Wenn man von der verschmierten Schminke und den etwas… hmm … kreativen Äußeren absieht, denke ich doch, ….dass, dass….ja, doch…dass Sie eine ganz hübsche Person sind.“

      Die junge Frau starrte ihn zuerst verständnislos an. Dann jedoch schien sie zu begreifen und sprang mit einem entsetzten. „Oh, je!“ auf und verschwand in den dunklen Hintergrund, wo Alex die Toiletten wusste.

      Es dauerte geraume Zeit, bis sie wieder auftauchte. Das gerötete Gesicht war frisch gewaschen und die Haare frisiert. Der einzelne Ohrring jedoch war verschwunden. Man sah ihr die Verlegenheit an.

      Sie vermied