Der Weg nach Roseworthy. Samina Haye

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Название Der Weg nach Roseworthy
Автор произведения Samina Haye
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847685050



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kullerten ihr über die Wangen. Lina rückte mit dem Stuhl heran und nahm ihre große Schwester in die Arme.

      „Unsere Eltern und ich wollen nur das beste für dich, wir möchten dich wieder lächeln sehen und möchten, dass du wieder am Leben teil nimmst“, sagte sie feinfühlig und Zoe seufzte.

      „Deswegen möchten wir gerne, dass du in eine Therapie gehst, damit du bei der ganzen Verarbeitung der letzten erschütternden Wochen psychologische Unterstützung bekommst. Ich denke, dass es dir einfacher fällt mit außenstehenden Personen darüber zu sprechen und du dir dort deine ganze Last von der Seele reden kannst,“ erklärte sie ihrer Schwester und wartete angespannt auf eine Antwort.

      Zoe hob den Kopf und sah ihre kleine Schwester verweint in die Augen und nickte.

      „Was soll ich darauf jetzt sagen? Ich will nicht in eine Therapie gehen, aber ich merke ja selber, dass es schlimmer geworden ist und finde mein Leben unerträglich“, flüsterte sie erschöpft.

      „Ich möchte versuchen, in psychologische Behandlung zu gehen, aber darf ich dich darum bitten, bei den ersten Sitzungen mitzukommen?“, fragte Zoe ängstlich. Nun konnte man spüren und sehen, dass Lina ein Stein vom Herzen fiel. Sie küsste ihre Schwester auf die Stirn.

      „Was für eine Frage, natürlich komme ich mit, du wirst sehen, dass es dir dadurch bald besser gehen wird.“ Das waren die letzten Worte, bevor sie nun gemeinsam das Frühstück genossen.

      Sie diskutierten darüber, wie wohl so eine Therapie verlaufen würde und nun platzte Lina mit einer weiteren Frage heraus.

      „Weißt du, in ein paar Wochen ist Weihnachten. Mama und ich wollten heute noch die Einkäufe erledigen, weil jetzt in den Geschäften noch nicht ganz so viel los ist. Was hältst du davon, wenn du uns begleitest? Unseren Eltern würdest du damit eine große Freude machen und mir sowieso“, fragte sie vorsichtig und Zoe überlegte lange. Doch ihr kam ein kleines Lächeln über die Lippen.

      „Hm, naja, vielleicht wäre das der richtige Start in meine Therapie und falls es mir zu viel wird, fahr ich einfach wieder nach Hause“, gab sie Lina als Antwort, die jetzt bis über beide Ohren grinste.

      „Super, dann werde ich kurz zuhause anrufen und Papa fragen, ob er heute Abend was für uns kocht, wenn wir vom Weihnachtsbummel zurückkommen.“ Zoe nickte und war zufrieden. Nach dem Telefonat machten sich die Schwestern fertig und begaben sich zum Haus ihrer Eltern.

      Sie fühlte sich etwas eigenartig, denn seit Julian und Nick beerdigt worden waren hatte sie das Haus nicht mehr verlassen.

      Als sie am Haus ihrer Eltern vorfuhren, stand Sophie bereits in der Einfahrt. Sie strahlte über das ganze Gesicht.

      Zoe wollte kurz aussteigen, um ihren Vater zu begrüßen, doch Sophie stieg sofort ins Auto.

      „Hey, meine Lieben, ich habe schon auf euch gewartet, wir können gleich losstarten.“

      Ihre Mutter hörte nicht mehr auf zu plaudern, bis Lina sie unterbrach.

      „Mama, du weißt noch gar nicht, was Zoe und ich heute besprochen haben, das wird dich genauso beruhigen wie mich.“ Nun war Sophie still und wartete auf das, was sie zu hören bekommen sollte.

      „Also, Zoe hat sich dazu entschlossen, ab nächster Woche in eine Therapie zu gehen. Denn sie möchte selber nicht mehr so weiter machen wie bisher“, erzählte sie ruhig. So ein Strahlen hatte man auf Sophies Gesicht schon lange nicht mehr gesehen.

      „Oh, Schatz, ich freue mich so für dich. Es wird dir guttun, da kannst du dir deine ganzen Sorgen von der Seele reden und die Therapeuten werden dir dabei helfen, bald wieder glücklicher sein zu können.“

      „Danke, Mama, ich bin auch wirklich froh darüber, mich dazu entschieden zu haben. Das habe ich ausschließlich Lina zu verdanken.“

      Die drei plauderten noch ein wenig über die geplante Therapie, bis sie im großen weihnachtlich geschmückten Einkaufscenter ankamen. Da überkam Zoe plötzlich wieder ein unbehagliches Gefühl und alles kam wieder in ihr hoch.

      Sie dachte an das Leuchten in Nicks Augen, wenn er Weihnachten ins Wohnzimmer schlich und den großen Weihnachtsbaum sah mit den vielen bunten Geschenken darunter. Doch sie wollte nicht, dass Lina und ihre Mutter merkten, wie schlecht es ihr gerade ging, deshalb sprach sie wie ein Wasserfall, um alles zu verdrängen und zu vergessen. Der Tag verging wie im Flug.

      Nach dem Einkaufen fuhren sie zum Haus ihrer Eltern und freuten sich auf das gemeinsame Abendessen.

      Sie sprachen auch mit ihrem Vater noch kurz über die Therapie, über Weihnachten und darüber, wie im diesem Jahr alles ablaufen würde.

      Nach einem schönen aber anstrengenden Tag verabschiedeten sich die Schwestern und machten sich auf den Weg nach Hause.

      Am nächsten Tag war der berühmte „Schwesterntag“ angesagt. Ein Tag des Faulenzens und Schlemmens.

      Als Fans der bekannten Twilight Saga beschlossen sie spontan, den Sonntag dafür zu nutzen, um sich alle Teile anzusehen.

      So verflog das Wochenende im Nu und Zoes Nervosität stieg.

      Am nächsten Morgen war es soweit, sie fuhr mit ihrer Schwester zum Therapiezentrum.

      2

      Montag, 23.Dezember 2010

      Nun begann für Zoe die zweite Therapiewoche und es ging ihr schon ein bisschen besser, doch bei der heutigen Sitzung war alles anders. Da ihre Therapeutin vermutete, noch mehr hinter Zoes Verschlossenheit lüften zu können, waren deren Fragen heute anders aufgestellt als sonst.

      „Zoe, da es Ihnen psychisch schon besser geht, möchte ich meine Fragen nun etwas vertiefen“, sagte sie und fragte:

      „Ist das in Ordnung für Sie?“ Zoe sah sie an und gab ihr nickend das Okay dazu.

      „Sehr gut.“ Lächelte sie und nahm sich ihren Notizblock zur Hand.

      „Also, was für meine weitere Behandlung sehr wichtig ist zu wissen: Wie war Ihre Beziehung und Ehe mit Julian?“, fragte sie vorsichtig. Zoe erschrak und wurde steif, denn damit hatte sie nicht gerechnet. Doch nach einigen Sekunden fasste sie sich und probierte ohne zu Stottern zu antworten.

      „Tut mir leid.“ Sie machte eine kurze Pause und sagte leise: „Mit so einer Frage habe ich nicht gerechnet.“

      „Sie brauchen sich dafür nicht entschuldigen. Wenn Sie soweit sind, dann sagen Sie´s mir einfach“, meinte sie ehrlich und Zoe atmete tief durch.

      „Zwischen Julian und mir begann es harmlos mit einer heißen Affäre, dann aber passierte etwas Unvorhersehbares. Ich wurde schwanger“, erzählte sie und die Psychologin hörte aufmerksam zu und machte sich Notizen.

      „Wir stritten wochenlang hin und her, bis wir zu dem Entschluss kamen zu heiraten. Es war eigentlich nur eine Zweckehe. Für Julian waren nur zwei Dinge in seinem Leben wichtig: Das war das Fliegen und seine Affären, die er nebenbei hatte“, brachte Zoe mit zittriger Stimme gerade noch heraus, bevor sie zu weinen begann und die Therapeutin ihr eine Taschentuchbox reichte. Zoe stand auf, ging zum Fenster und sprach weiter.

      „Ich wollte gerne ein zweites Kind, doch als Antwort bekam ich von ihm eine Ohrfeige verpasst. Da das noch nicht reichte um mich zu verletzen, kaufte er sich eine noble Wohnung, wo er mit den anderen Frauen abtauchen konnte“, schrie sich Zoe ihren Frust von der Seele.

      „Niemand weiß wie Julian wirklich war und keiner weiß etwas von dieser absurden Wohnung. Was soll ich denn damit tun? Ich will und brauche sie nicht. Ich möchte endlich mit dem Ganzen abschließen.“ Nun war es gesagt und Zoe fiel eine große Last von den Schultern.

      Die Psychologin schrieb sich Notizen auf ihren Block und als sie aufsah, sah sie Zoe mitfühlend an.

      „Das war sehr gut, dass Sie mir das erzählt haben, denn irgendwie hatte ich das Gefühl, dass noch ein großer Brocken auf