Dr. Patchwork und die Insekten. Gordon Goh

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Название Dr. Patchwork und die Insekten
Автор произведения Gordon Goh
Жанр Языкознание
Серия WarTimeSaga
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742795625



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mit einem Hieb seines Teleskopschlagstocks gegen Adams Kniescheibe. Dann noch ein weiterer Schlagstockhieb in seine Visage. Blut und Spucke fliegen meterweit gegen eine Sandsteinsäule und bleibt dort kleben, während Adam bewusstlos zu Boden geht und die Beamten ihn mühelos vor das Tor schleifen können. Dann schließen sie das Gittertor und Adam liegt bewusstlos auf dem Bürgersteig mit blutender, sabbernder Fresse, wie ein leichtsinniger Fußballfan. Ivy geht mit sanften unauffälligen Schritten über das Forum mit einem geknickten Blick und enttäuschtem, aber nicht überraschtem Gesichtsausdruck in Adams Richtung. Sie kniet sich kurz zu ihm hin und streichelt ihm sanft den Kopf.

      Ein leichter Seufzer und ein Kommentar von Ivy »Was mach ich jetzt bloß mit dir?«.

      Dann greift sie sich seinen ruhenden Körper und hebt ihn über ihre Schulter, um ihn wegzuschleppen, wohin sie jetzt auch immer gehen mag.

      Sinclair stößt ein arrogantes Lachen von sich und schüttelt leicht den Kopf, bevor er sich seinen Scotch in den Hals kippt. Maria steht direkt neben ihm und sieht selbst vom Fenster aus auf das SOD-Gelände.

      »Denken Sie, das war eine gute Idee?« fragt sie Sinclair.

      »Der kommt zurückgekrochen!« antwortet Sinclair.

      »Wer? Mein Bruder? Er ist nicht der Typ fürs Kriechen.«

      »Dann wird es mal Zeit, dass er das lernt. Immerhin lebt er mit uns in einer zivilisierten Gesellschaft. Und in einer zivilisierten Gesellschaft ist Kriechen eine Selbstverständlichkeit.«

      Maria wendet ihren Blick vom Fenster in Sinclairs Richtung und sieht ihn erzürnt an.

      »Wollen Sie damit sagen, wir von der Interstellar Force kriechen auch?«

      »Jeder von uns hat einen Vorgesetzten vor dem er Kriechen muss. Ganz besonders Soldaten. Salutieren ist auch nur eine Form von Kriechen.«

      »Salutieren ist eine Form von Respekt.«

      »Respekt ist eine Form von Kriechen.«

      »Das ist Ihre Meinung, Sinclair!«

      Maria wendet vor Verachtung ihren Blick von Sinclair ab und schaut wieder aus dem Fenster und fragt »Sie werden ihn brauchen. Mein Bruder mag zwar eingebildet sein, aber er ist der Beste im Gebiet der Plage. Sie brauchen seine Ergebnisse.«.

      »Seine Ergebnisse stehen auf den Protokollen, die Eigentum der SOD sind. Mehr brauchen wir nicht.«

      Maria lächelt und kann sich ein kurzes Kichern nicht verkneifen.

      »Was ist so komisch, Major Steinberg?«

      »Mein Bruder protokolliert nicht.«

      Sinclair reißt vor Schock die Augen weit auf, als hätte er es für einen kurzen Moment geglaubt. Aber das ist unmöglich. Jeder kompetente Wissenschaftler mit gesundem Verstand protokolliert. Doch als ihm durch den Kopf geht, dass Adam Steinberg weder kompetent noch gesund im Verstand ist, reißt Sinclair noch weiter die Augen auf und geht zu den Notizen, die Steinberg auf dem Boden hat liegen lassen. Er hebt die Seiten aus recyceltem Papier auf und sieht sie sich genau an. Die meisten Seiten sind leer und die Kritzeleien auf den übrigen Blättern alles andere als wissenschaftlich. Sinclair stellt gerade einen Weltrekord im Augenaufreißen auf, als er die pornographischen Skizzen auf dem Papier sieht. Mit Kugelschreiber wurden zwei Schimpansen illustriert. Der eine Schimpanse besorgt es dem anderen von hinten. Über dem Kopf des Schimpansen, der es von hinten kriegt, steht der Name Sinclair geschrieben. Über dem Kopf des anderen Affen steht ebenfalls Sinclair. Auf weiteren Seiten sind lauter Illustrationen nackter weiblicher Körperteile. Sinclair umklammert mit seinen Fingern wütend das Scotchglas. Dann schmeißt er es mit aller Wucht gegen die Stelle, an der zuvor schon Adam ein Glas geworfen hat. Das Glas zerspringt in viele Scherben wie die Hoffnung, Adam Steinberg ohne Konsequenzen aus dem SOD geworfen zu haben.

       2

      Adam wacht irritiert und mit Kieferschmerzen in einer Bar auf. Licht dringt durch die parallelen Ritzen der Jalousien am gegenüberliegenden Fenster der Bar und scheint Adam direkt ins Gesicht. Adam hält sich die Hand vors Gesicht, um das Licht abzuwenden. Dann wird es jedoch vom faltigen Gesicht eines mürrischen 56jährigen Russen verdeckt. Der graue Starr am linken Auge und der graue Dreitagevollbart sind Adam bekannt. Der 1,9 m große Russe packt Adam ins Gesicht und zieht ihm mit Zeigefinger und Daumen die Augenlider auf. Gerade wird Adam klar, dass er sein Monoggle gar nicht trägt, wodurch er sich irgendwie nackt fühlt. Der Russe hält ihm drei Finger vors Gesicht und fragt ihn »Wie viele Finger halte ich hoch?«.

      Adam antwortet »Ich sehe drei Gicht verseuchte Wurstfinger! Du solltest das Saufen lassen, MIR! Aber vorher trinken wir noch einen.«.

      Munter und amüsiert lacht der alte Russe namens MIR und reicht ihm sein Monoggle zurück.

      »Hähähähä!!! Mach dir keine Sorgen, Ivy-Mädchen! Ihm fehlt nichts. Aber wegen des Kiefers sollte er zum Arzt, sonst fällt ihm noch sein loses Mundwerk runter. Was wollt ihr beide trinken?«

      Ivy antwortet »Wasser!«.

      Adam antwortet »Zwei Wodka! Und streich das mit dem Wasser! Ivy trinkt auch einen Wodka. Macht zusammen drei.«.

      Ivy vereitelt Adams Versuch vom klapprigen Plastikstuhl aufzustehen und erwidert »Das Wasser war für dich gedacht. Und ich will nichts trinken.«.

      »Du bist nicht meine Mutter!« stöhnt Adam vor lauter Kopfschmerzen.

      »Nein, ich bin deine Assistentin...« kontert Ivy und fügt hinzu »...und deine Freundin und als solche sehr besorgt um dich. Und jetzt bleib gefälligst sitzen!«.

      Adam versucht widerwillens aufzustehen und sieht Ivy mit Hundeaugen an und versucht mit Süßholzgeraspel seine Ratte doch noch zu einem Freundschaftstrinken umzustimmen. »Ach, komm, Ivy! Wenn du wirklich meine Freundin bist, warum trinkst du dann nicht mal wenigstens einen mit mir?«.

      Ivy erhebt besorgt und mütterlich beide Zeigefinger und macht ihren Kompromiss »Na schön, ich hol uns zwei Drinks und du bleibst brav da sitzen. OK? Sonst fällst du wieder hin und bekommst eine Gehirnerschütterung.«.

      »Du bist die beste, Ivy!« sagt Adam und hält sich einen Sack mit Eiswürfel gegen die Stirn, die er soeben neben sich auf einem der Bartische entdeckt hat. Wer weiß wie lange Ivy und MIR schon versucht haben ihn wieder wach zu kriegen. Schade, dass in der Bar nicht so viel los ist. Na ja, es ist gerade Mittag geworden und die meisten Stühle stehen noch umgekehrt auf den Tischen. Fast alle Möbel hier bestehen aus verschlissenem Metall, Kunststoff und Glas. Holz ist in der Kolonie schwer zu beschaffen. Für Holz muss man reich sein und MIR ist kein Holzscheißer. Aber was MIR mit Bling Bling zu kämpfen hat, macht er locker mit seinem Scharm und seinen fetzigen Kehlenätzer wieder wett. MIR verdünnt Ivys Drinks immer, weil sie das Zeug nicht so gut verträgt. Na ja, MIR denkt eben mit. Seine Bar liegt zwischen den Slums und den Wohnblocks der Mittelschicht. Ivy kehrt inzwischen mit zwei Bieren zurück. Dabei hat Adam ausdrücklich Wodka verlangt. Aber andererseits hat man von einem kühlen Blonden viel länger etwas. Außerdem ist harter Stoff nicht gerade empfehlenswert für jemanden, der vor kurzem bewusstlos war. Ivy hat mit dem Bier sowohl an das gesellschaftliche Beisamensein als auch an Adams Gesundheit gedacht. Ivy ist so eine gute Assistentin, dass Adam sich manchmal wünscht lieber ein Rattenkerl zu sein. Aber das sind wahrscheinlich eher spontane Ausschweifungen und Adam will nicht zu viel Zeit mit diesen Gedanken verschwenden, da er die Gesellschaft eh schon zu sehr mit seinen Ideen und Kommentaren provoziert. Die Gesellschaft auf Eden-2 geht bereits auf die Barrikaden, wenn ein jüdischer Wissenschaftler, wie sein Vater mit einer katholischen Fabrikangestellten, wie seiner verstorbenen Mutter, sympathisiert. Letztere hat diese Aktion sogar das Leben gekostet. Die Bewohner von Eden-2 streiten sich wie zu Lebzeiten auf der Erde um die belanglosesten Differenzen. Nationalstolz, der auf Eden-2 völlig absurd ist, da auf Eden-2 sowieso jeder unter der gleichen Kuppel lebt, es sei denn er ist dauerhaft in einem Außenposten stationiert. Aber selbst die haben ihren Ursprung unter der Kuppel und wollen irgendwann dorthin auch zurück. Dann noch die Hautfarbe. Ja, die Leute hassen sich wegen ihrer Hautfarbe. Hier gibt es Schwarze, Weiße, Araber, Asiaten, Russen und sogar Mexikaner. Nur