Die Putzfrauen meiner Mutter. Katja Pelzer

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Название Die Putzfrauen meiner Mutter
Автор произведения Katja Pelzer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742743657



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       Kapitel 90

       Liebe Leserin, lieber Leser

       Impressum neobooks

      Kapitel 1

       Die Putzfrauen meiner Mutter

       von Katja Pelzer

      „Es ist so schwierig, eine gute Putzfrau zu finden“, sagt meine Mutter. „Nein, wirklich“, sagt sie, rollt die Augen und schüttelt entnervt den Kopf.

      Ich sage nichts. Es ist ja nicht so, dass ich es ihr nicht glaube. Es ist sogar ziemlich offensichtlich, wenn ich ihren Verschleiß so betrachte: hundertfünfzig Putzfrauen in vierzig Jahren. Das ist kein Pappenstiel oder wohl eher – kein Wischmopp-Stiel. Gerade hat sie wieder einer der Damen gekündigt. Der Grund: Die Dame wollte schwarz für sie arbeiten. Das geht natürlich nicht, sagt meine Mutter. Sie will ihre Haushaltshilfe ganz legal beschäftigen. Alles andere ist illegal. Man stelle sich doch bloß vor, der Frau passierte etwas. Sie fiele die Treppe herunter und bräche sich ein Bein.

      „Dann bin ich dran“, sagt meine Mutter, als wäre genau das, in eben diesem Moment geschehen. Als wäre ihre aktuelle Putzkraft die Treppe heruntergestürzt und hätte sich mindestens den Hals gebrochen. Kurz bin ich schockiert. Dann besinne ich mich und erinnere mich daran, dass ja in Wirklichkeit gar nichts passiert ist. Es ja derzeit nicht mal eine Putzhilfe gibt.

      „Aber du glaubst ja gar nicht, wie schwierig es ist eine gute Putzfrau zu finden“, wiederholt sie noch einmal mit unwesentlich mehr Pathos als beim ersten Mal. „Zu solchen Konditionen“, fügt sie dieses Mal hinzu.

      Um ehrlich zu sein – nein – ich weiß tatsächlich nicht, wie schwierig es ist, eine gute Putzfrau zu finden. Ich habe noch nie im Leben eine gesucht. Nicht mal eine schlechte. Überhaupt keine. Das sage ich meiner Mutter in diesem Moment aber nicht. Sie würde mir ohnehin nicht zuhören, sondern einfach weiterreden. So ist das immer. Ein unendlicher mütterlicher Monolog. Meine Mutter interessiert sich einfach nicht sonderlich für mich.

      Als Kind wurde mir immer eingebläut, dass man nicht „Putzfrau“ sagt. Kein politisch korrekter Begriff ist das. Zu einer Zeit, als es den Begriff „politisch korrekt“ in Deutschland noch gar nicht gab. In den USA möglicherweise schon. Dafür gibt es ihn dort mittlerweile nicht mehr. Er wurde durch den neuen Präsidenten, dessen Name nicht genannt werden darf, ad absurdum geführt. Weil für ihn Political Correctness gleichbedeutend ist mit Political Incorrectness.

      Ich hatte also, wie gesagt, noch niemals eine Haushaltshilfe. Ich habe bisher keine gebraucht. Ich lasse nur selten und ungern andere Menschen in meine Wohnung. Wenn ich andere Menschen in meine Wohnung lasse, beispielsweise zu einer Abendessenseinladung, dann räume ich vorher auf. Die Vorstellung aber, für eine Putzhilfe extra aufräumen zu müssen, finde ich absurd. Schließlich sollte ja sie es sein, die Dreck und Chaos für mich beseitigt. Wofür sollte ich sie denn sonst einstellen? Da mache ich doch lieber einen Rundumschlag, räume auf, sauge und putze und fühle mich anschließend richtig gut – Stichwort: instant gratification. Auch so ein Anglizismus. Von meinem Mann, der ist nämlich Engländer. Und dem ist es bei uns sauber und aufgeräumt genug. Sagt er zumindest. Aber nur, wenn ich ihn frage.

      Meine Mutter jedenfalls hat eine Putzhilfe. Ach, was sage ich, Putzhilfe! Putzhilfen hat sie. Also immer nur eine zur Zeit. Eine Art serieller Monogamie ist das. Bezüglich der Hilfe, die sie im Haushalt in Anspruch nimmt. In der Liebe ist sie tatsächlich überzeugte Monogame.

      Und obwohl sie diejenige ist, die mir als Kind eingebläut hat, dass man „Putzfrau“ nicht sagt, ist sie heute diejenige, die „Putzfrau“ sagt.

      Und dass, obwohl sie gerade gar keine hat.

      Ach, und habe ich es schon erwähnt? Vor wenigen Wochen sagte sie dann zu mir: „Du glaubst ja gar nicht, wie schwierig es ist, einen guten Gärtner zu finden.“ Ich glaube als ich sie daraufhin fragend anlächelte, kam das ziemlich gequält rüber. Denn gedacht habe ich. Nein, jetzt nicht auch noch der Gärtner. Das Problem mit diesem war, dass er es im Rücken hatte und dass er in den Zeiten, in denen meine Eltern ihn wirklich gebraucht hätten, beispielsweise im Frühling, im Sommer und im Herbst nur sehr selten Zeit hatte. Im Winter dagegen tauchte er mehrmals in der Woche auf. Obwohl wirklich nichts zu tun war. Was soll ich sagen?