Blut für Gold. Billy Remie

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Название Blut für Gold
Автор произведения Billy Remie
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783752923964



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oder auf ›Gesucht‹-Plakaten, und wie unmenschlich, fast monsterhaft ihm die Gesichter einiger dieser Personen vorgekommen waren. Beunruhigend kaltblütig, so als stäche ihre Bosheit aus ihrem Inneren hervor. Ihre Augen waren das Tor zu ihrer Abnormalität. Genau so ein Exemplar stand vor ihm.

      Nun ja, das Rattenloch hieß eben nicht Rattenloch, weil hier besonders freundliche Wesen hausten, nicht jeder war wie Darcar und Veland unschuldig hier.

      Darcar starrte zurück, obwohl er es besser wusste, doch er konnte nicht wegsehen, er blickte hart zurück – wollte sich nicht einschüchtern lassen. Sein Herz raste. Der andere kam näher, zu nah.

      »Einen hübschen Mantel hast du da an«, bemerkte der andere hinterhältig. »Sieht warm und weich aus.« Er streckte die Hände danach aus, sofort schlug Darcar die dreckigen Finger fort.

      »Du bekommst nichts von mir«, warnte Darcar, während er den anderen mit Blicken verfolgte.

      Dieser ging dazu über, vor ihm auf und ab zu wandern, wie ein Löwe hinter dem Gitter seines Käfigs. Doch sie beide trennte nichts von einander.

      »So unfreundlich, dieses Frischlingspack!« Er spuckte vor Darcar aus, dieser fasste die Geste durchaus als Beleidung auf und zuckte mit der Oberlippe. »Schon mal etwas von Willkommens-Geschenken gehört?«

      »Schon mal etwas von einem Faustschlag in die Fresse gehört?«, konterte er.

      Wuum. Keuchend krümmte Darcar sich nach vorne, als der Griff des Schürhakens in seinen Magen traf. Er hatte mit einem Angriff gerechnet, jedoch nicht mit der Schnelligkeit seines Feindes, und auch nicht, dass der Schlag mit der Waffe kommen würde, direkt in seine Magengrube. Er war fest davon überzeugt gewesen, dass der erste Hieb auf sein Gesicht zielen würde.

      Der Schmerz trieb ihm die Tränen in die Augen, er wollte sich aufrichten, doch da war der Wichser, der ihn angriff, mit seinem Schürhaken bereits ganz lässig halb um ihn herumspaziert und schlug den Haken längs über seinen Rücken. Die Wucht schleuderte Darcar nach vorne, er krachte auf die Knie, keuchte erneut. Eine Hand auf dem schmerzenden Bauch liegend, die andere haltsuchend auf den Boden gestützt, rang er nach Atem.

      »Keine dummen Sprüche, du kleine Hure!« Der andere spuckte ihn an, der warme Speichel landete auf Darcars Wange und tropfte zähflüssig zu Boden. »Das hier ist mein Reich, kapiert?«

      Er drehte den Kopf zur Seite, übel vor Schmerzen und Wut. »Fick dich!«, spie er aus.

      Den darauffolgenden Tritt erwartete er und wehrte ihn mit dem Unterarm ab. Der andere fluchte, als Darcar ihm gegen das Schienbein schlug. Blitzschnell zückte er das Messer und es gelang ihm tatsächlich, den Unterschenkel seines Angreifers leicht zu verletzen. Dieser fluchte wutentbrannt. Darcar holte erneut aus, stach zu wie eine Wespe, doch sein Gegner wich tänzelnd aus und verpasste Darcars Hand einen harten Tritt, der die Waffe aus seiner Hand katapultierte. Die Klinge wurde über die Straße geschleudert. Darcar kümmerte sich nicht darum, er packte das Bein des anderen und zerrte daran, um ihn zu Fall zu bringen. Da peitschte ihm ein heißer Schmerz beinahe die Haut von der Wange. Er wurde vom Aufprall des Schlags herumgeworfen und brüllte ungläubig, sah für einen Moment nur rote und schwarze Punkte vor seinen Augen, als er auf dem kalten, frostigen Boden aufschlug. Der Schürhaken hatte einen langen Kratzer auf seinem Gesicht hinterlassen, der so stark blutete und brannte, dass es sich anfühlte, als würde sich Säure in die Wunde fressen. Er blinzelte, um wieder etwas sehen zu können.

      »Dreckiger Hurensohn!« Der andere trat ihm beherzt in die Rippen, Darcar brachte nur noch ein ersticktes Keuchen hervor. Er krümmte sich in der Mitte und rollte sich auf die Seite, der Schmerz raubte ihm den Atem, Blut staute sich in seinem Kopf, sodass sein Herzschlag fühlbar in den Schläfen pochte.

      »Bringt den kleinen Hurensohn auf die Beine!«, bellte der Anführer seiner Gruppe zu.

      Die Vier, die zuvor nur vollkommen zufrieden zugesehen hatten, stampften auf Darcar zu. Er versuchte, sich auf den Bauch zu drehen und hochzuhieven, doch er kam nur auf die Ellenbogen, da packten ihn bereits kräftige Hände und zerrten ihn so schnell auf die Beine, dass ihm schwindelig wurde. Jemand packte ihm grob ins schwarze Haar und riss seinen Kopf in den Nacken, bis er brüllte.

      »An die Wand mit ihm, dem bringen wir Manieren bei!«

      Darcar knallte mit dem Rücken an etwas Hartes, Kaltes. Die vier Handlanger drückten seine Arme gegen die Fassade eines alten Schneiderladens, zwei zu jeder Seite, hielten ihn fest und aufrecht, sodass er nicht entkommen konnte.

      Trotz Schmerzen, die in Magen, Rippen und Gesicht brannten, lehnte Darcar sich auf, knurrte und wandte sich wie ein wildes Tier in der Schlinge. »Lasst mich los, ihr Drecksschweine! Lasst mich sofort los! Elende Feiglinge! Lasst… mich… los…!«

      »Sieh an, sieh an, wie ein junger Kojote«, säuselte der Anführer. »Noch so wunderbar ungezähmt!« Er trat vor Darcar, führte zwei Finger über die Spitze seines Schürharkens, strich genüsslich Darcars Blut davon ab und bedeckte damit seine Lippen, um es abzulecken. »Hmmm… so warm und frisch…«

      Die anderen lachten wieder gehässig, als würden sie dafür bezahlt, jedes Wort ihres Redenführers mit Gelächter zu untermalen. Vermutlich wurden sie das tatsächlich.

      Darcar streckte das Kinn vor, seine Miene war hart wie Stein, obwohl der Schmerz noch immer Tränen in seine Augen trieb.

      »Du bist hier in meinem Revier! Wenn ich sage, gib mir deinen Mantel, dann gibst du ihn mir! Wenn ich sage, geh auf die Knie, dann sinkst du auf die Knie. Wenn ich sage, du sollst dich schneiden, dann fragst du, wie tief. Und wenn ich dir sage, du sollst meinen Schwanz lutschen, dann lutscht du ihn, wie es mir gefällt, und bedankst dich hinterher dafür!«, trichterte ihm der Anführer plötzlich ernst ein. »Ich bin der König hier, verstanden? Ich bin der Rattenkönig des Lochs, du kleine Hure!«

      Darcar konterte nur: »Was bin ich denn jetzt? Ein Hurensohn oder eine Hure?«

      Der nächste Schlag traf ihn in die Niere. Darcar grunzte, er fiel nach vorne, aber die anderen nagelten ihn sofort wieder an die Wand. Sein Kopf hing schlaff herunter und er sabberte einen Moment vor Übelkeit.

      »Du bist beides«, spuckte der Rattenkönig hasserfüllt aus. Dann packte er Darcar unter dem Kinn, zwang seinen Kopf in den Nacken und betrachtete ihn eingehend, forschend. »Sieh dich an! So sauber, so eine feine Frisur, ein so edler Mantel…«

      Darcar starrte ihn nur wütend an.

      Der Rattenkönig musterte ihn, dann fuhr er mit einer Hand unter Darcars Mantel über seine flache Brust, wo sich Andeutungen athletischer Muskeln auf seinem jungen Körper erhoben. Darcar erstarrte augenblicklich zu Stein, als er die Berührungen spürte.

      Er war für seine fünfzehn Jahre recht stattlich, aber eben kein Hüne, weshalb er gegen vier volljährige Burschen mit, von harten Straßenkämpfen, gestählten – wenn auch mageren – Körpern, kaum eine Chance hatte.

      Als die gierigen Finger des Rattenkönigs erkundend über seinen Leib fuhren und die dunklen Augen vor Lust noch dunkler wurde, ertrug Darcar es nicht mehr, den anderen anzusehen, er drehte den Kopf zur Seite, mahlte mit den Kiefern, wollte ihn grob von sich stoßen und ihm einen Fausthieb mitten in seine lüsterne Fresse verpassen – und konnte sich doch nicht bewegen. Er wurde festgehalten, noch fester als zuvor.

      Er kam sich vor wie ein Stück Fleisch auf dem Markt. Nun wusste er, wie es einem jungen Rind erging, das am Strick gehalten und fixiert wurde, während Schlachter es begutachteten.

      Plötzlich fühlte er sich müde, geschwächt. Wollte nur noch zusammensinken, die Arme um die Knie schlingen und das Gesicht zwischen den Schenkeln vergraben.

      Er blieb nur standhaft, weil er an Veland dachte und ihn nicht enttäuschen wollte.

      »Stattlich«, bemerkte der Rattenkönig nachdenklich und zog seine widerwärtige Hand endlich aus Darcars Mantel hervor. Seine Augen funkelten noch mehr, gierig, erregt. Es war unleugbar, was er wollte. »Die Kleidung riecht frisch, das Haar…«, er griff danach und befühlte es, »…gewaschen.« Er sah Darcar wieder ins Gesicht und verengte die