Das Collier der Lady Ira. Mara Laue

Читать онлайн.
Название Das Collier der Lady Ira
Автор произведения Mara Laue
Жанр Языкознание
Серия Ein Edinburgh-Krimi mit Glen Kincaide
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783948483500



Скачать книгу

mit Menschen zu tun habe, besuche regelmäßig meinen Pub und die Heimspiele der ›Hearts‹. Meines Wissens sieht Isolation anders aus.«

      Carson schüttelte den Kopf. »Komm mir nicht mit solchen Spitzfindigkeiten, denn du weißt genau, was ich meine. Ja, du gehst raus, aber du bist innerlich nicht beteiligt.« Er beugte sich ein Stück vor. »Glen, Vina ist seit gut fünf Jahren tot. Sie fehlt mir auch unendlich. Aber ich habe deshalb nicht aufgehört zu leben.«

      Weil sie seine Schwester gewesen war und nicht die Frau, die er über alles geliebt hatte. Die zweite Hälfte seiner Seele, welche ihm gewaltsam herausgerissen worden war und eine Leere hinterlassen hatte, die durch nichts gefüllt werden konnte.

      Auch Glen beugte sich ein Stück vor. »Carson, es geht mir gut. Zugegeben, mit Davina an meiner Seite ginge es mir noch sehr viel besser, aber ich habe mein Leben im Griff und bin zufrieden. Und ich empfinde deine Verkupplungsversuche als höchst unwillkommene Einmischung. Also lass sie bleiben. Ein für alle Mal!«

      Bell Robertsons Eintreten enthob Carson einer Antwort. Sie brachte die ausgefertigte Police, legte sie Carson zur Unterschrift hin und verließ sein Büro. Carson unterschrieb, heftete ein Exemplar in eine Versicherungsmappe und reichte sie Glen.

      Er nahm sie und stand auf. »Falls du keinen Sonderauftrag für mich hast, werde ich mir die Collins-Sache noch mal ansehen, nachdem ich Mr Craig die Police gebracht habe. Irgendwas an dem angeblichen Unfall, vielmehr an dem von Mrs Collins geschilderten Hergang, stimmt nicht mit dem Ergebnis des Gutachtens überein.«

      Carson nickte. »Tu das.« Er zog eine Schreibtischschublade auf. Shade sprang auf, lief zu ihm und wedelte mit dem Schwanz. Carson schüttelte den Kopf. »Etwas diskreter bitte, Shade, sonst weiß dein Herrchen doch sofort, dass ich dich heimlich verwöhne.«

      »Von wegen heimlich«, brummte Glen, schüttelte den Kopf und lächelte. »Komm, Shade, wir haben zu tun.« Er wandte sich zur Tür.

      »Glen.«

      Er blickte Carson über die Schulter hinweg an.

      »Ich werde das Thema nie wieder anschneiden. Und du hast Recht: Es war eine Einmischung, für die ich dich um Entschuldigung bitte.«

      »Okay«, nahm Glen sie an und verließ das Büro.

      Carson meinte es gut, keine Frage. Trotzdem nervte gerade das, weil es Glen das Gefühl gab, hilfsbedürftig zu sein und nicht allein zurechtzukommen. Er schüttelte die düsteren Gedanken ab und konzentrierte sich auf seine Aufgabe.

      Als er eine halbe Stunde später zum zweiten Mal an diesem Tag Forthwater Manor betrat, standen zwei gepackte Trolleys in der Eingangshalle.

      »Danke für die schnelle Lieferung, Mr Kincaid.« Ian Craig nahm die Versicherungsmappe entgegen, schlug sie auf und überflog den Inhalt.

      »Wohin geht die Reise, wenn ich fragen darf?« Das interessierte Glen zwar nicht, aber diese Art von Small Talk erwartete man in der Regel zur Überbrückung von Pausen, die sonst ein unangenehmes Schweigen verursacht hätten.

      »Cambridge. Ich muss zu einem Seminar an der Universität. Gastvortrag.« Er lächelte flüchtig. »Manchmal buchen mich Firmen oder Universitäten für Vorträge.« Er klappte die Mappe zu. »Alles wie besprochen«, lautete sein Urteil. »Danke.«

      »Gern geschehen.« Glen nickte ihm zu. »Gute Fahrt.«

      »Danke.« Craig begleitete ihn zur Tür und ließ ihn hinaus. »Wiedersehen.«

      Bevor Glen darauf antworten konnte, hatte Craig schon die Tür geschlossen, als könnte er es kaum abwarten, ihn los zu sein. Eine Reaktion, der er seit dem Unfall oft begegnete. Glen ließ Shade, der im Vorgarten gestöbert hatte, in den Wagen, stieg ein und fuhr nach Clovenstone, um Mrs Collins wegen ihres Autounfalls noch einmal auf den Zahn zu fühlen.

      4.

      Samstag, 29. März

      Morven saß zusammen mit Nathan Durie im Verhörzimmer einem Häufchen Elend gegenüber. Ken Harrington hatte geweint. Sein Gesicht war gerötet und um die Augen herum leicht geschwollen. Falls er tatsächlich so gebrochen war, wie er wirkte, würde er gestehen, seine Frau erdrosselt zu haben. Dass die Tatwaffe noch nicht gefunden worden war, wollte nichts heißen. Der von der Rechtsmedizin ermittelte Todeszeitpunkt zwischen acht Uhr dreißig und neun Uhr und Harringtons Anruf bei der Polizei um neun Uhr achtunddreißig hatte ihm mehr als genug Zeit gegeben, das Corpus Delicti unauffindbar zu entsorgen.

      Laut Obduktionsbericht und der Spurenanalyse stammten Faserspuren, die sich durch die Strangulation am Hals abgelagert hatten, von einem nagelneuen weißen Polypropylenseil, wie man es in jedem Baumarkt und Supermarkt kaufen konnte. Dass sich keine anderen Spuren und auch keine DNA außer der des Opfers an den Fasern gefunden hatten, deutete in doppelter Hinsicht auf eine vorsätzliche Tat hin. Offenbar hatte Harrington das Seil frisch gekauft, vermutlich nur für diesen Mord. Außerdem trug er, als Morven und ihr Team am Tatort eingetroffen waren, immer noch Lederhandschuhe, die er nicht ausgezogen hatte, obwohl es nicht so kalt war, dass man Handschuhe tragen musste – schon gar nicht in einem geheizten Raum. Außerdem hatte er behauptet, seiner Frau den Puls gefühlt zu haben. Das war mit Handschuhen nicht möglich.

      »Mr Harrington, es sieht nicht gut für Sie aus«, eröffnete Morven das Verhör. Er blickte sie an, als hätte sie in einer fremden Sprache gesprochen und er kein Wort verstanden. »Sie haben für den Todeszeitpunkt Ihrer Frau kein Alibi. Theoretisch hätten Sie lange vor Ihrem Anruf bei der Polizei im Geschäft sein und die Tat begehen können. Sie hatten in der Zwischenzeit genug Gelegenheit, die Waffe und Ihre Kleidung mit den verräterischen Spuren der Tat zu beseitigen.«

      Harringtons Augen füllten sich mit Tränen, die ungehindert seine Wangen hinunterliefen. Er schüttelte den Kopf, langsam zunächst, dann immer heftiger. »Ich habe ihr nichts getan!«, heulte er los. »Ich habe sie doch geliebt!« Er verbarg das Gesicht in den Händen und schluchzte.

      Durie schnaubte. »Sie haben Ihre Frau mehrfach geschlagen, und zwar so sehr, dass Nachbarn die Polizei gerufen haben und Ihre Frau sogar zweimal im Krankenhaus behandelt werden musste. Das nennen Sie Liebe?« Er schüttelte den Kopf. »Dann möchte ich nicht erleben, wie Sie Ihre Feinde behandeln.«

      Harrington antwortete nicht.

      »Sie haben Ihre Frau mit Eifersucht verfolgt, die nach Aussagen Ihrer Nachbarn und Verwandten völlig unbegründet war«, fuhr Durie fort. »Das soll Liebe sein? Ich sage Ihnen mal was von Mann zu Mann. Wenn man eine Frau liebt, vertraut man ihr und bezichtigt sie nicht völlig grundlos der Untreue. Erst recht schlägt man sie nicht. Das tun nur Schlappschwänze.«

      Morven zuckte bei der Verachtung in Duries Stimme zusammen, musste ihm aber Recht geben. Harrington reagierte immer noch nicht.

      »Und ich sage Ihnen noch was, was Ihnen wahrscheinlich nicht gefallen wird. Eifersucht ist kein Ausdruck von Liebe, sondern von mangelndem Selbstwertgefühl des Eifersüchtigen und vor allem von mangelndem Vertrauen. Hätten Sie mal an sich gearbeitet, um Ihre Eifersucht und deren Ursachen in den Griff zu bekommen, wäre Ihre Frau noch am Leben.«

      Das erzeugte endlich eine Reaktion. Harrington riss die Hände vom Gesicht und starrte Durie an. »Aber ich habe sie nicht umgebracht! Ich war das nicht! Das schwöre ich bei Gott, Jesus, Maria und allen Heiligen!« Er hob die Hand zum Schwur – und brach zusammen. Er legte beide Arme verschränkt auf den Tisch, vergrub sein Gesicht in der Armbeuge und weinte zum Gotterbarmen.

      Morven empfand gegen ihren Willen Mitleid mit ihm. Außerdem glaubte sie ihm. Er müsste schon ein extrem guter Schauspieler sein, um auf Kommando echte Tränen produzieren zu können und eine solche Verzweiflung vorzutäuschen. Ausgeschlossen war das zwar nicht; Morven hatte schon einmal mit einem eiskalten Verbrecher zu tun gehabt, der eine ähnliche Show geboten hatte, die sich als Fake entpuppte. Aber der hatte nicht schon vor der Vernehmung geweint.

      Doch wenn Harrington seine Frau nicht umgebracht hatte – wer dann?

      »Bitte beruhigen Sie sich, Mr Harrington«, sagte sie sanft. »Können Sie uns ein paar Fragen beantworten? Wenn Sie