Das Collier der Lady Ira. Mara Laue

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Название Das Collier der Lady Ira
Автор произведения Mara Laue
Жанр Языкознание
Серия Ein Edinburgh-Krimi mit Glen Kincaide
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783948483500



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zu vergeuden. Immer vorausgesetzt, die Diebe kämen an den Alarmanlagen vorbei, die Sie überall installiert haben.« Er blickte Craig an. »Weiß jemand von der Existenz dieses Safes?«

      Craig schüttelte den Kopf. »Außer der Firma, die ihn vor zwanzig Jahren dort eingebaut hat – niemand. Das heißt«, er wiegte den Kopf, »meine Tochter Brenda weiß natürlich auch, dass er sich dort befindet. Aber erstens habe ich zu ihr schon seit Jahren keinen Kontakt mehr.« Er seufzte. »Sie gibt mir die Schuld am Tod ihrer Mutter, aber das war ein Unfall.«

      Glen verspürte einen leichten Stich im Herzen und eine Welle von Mitgefühl für Ian Craig. Er konnte gut nachempfinden, wie der Mann sich fühlte. Seit dem Autounfall, der seine Frau Davina das Leben gekostet hatte, gab seine Schwägerin Blair ihm die Schuld daran und verfolgte ihn nimmermüde mit ihrem Hass.

      »Zweitens«, fuhr Craig fort, »kennt sie den Öffnungscode nicht, denn ich benutze keine Allerweltskombination oder irgendeine leicht zu erratende oder zu recherchierende Ziffernfolge wie meinen Geburtstag oder den meiner Frau oder Tochter oder die in Zahlen umgewandelten Buchstaben meines Namens – oder was die Leute sonst so an leichtsinnigen Kombinationen wählen.« Er nickte Glen zu. »Wenn Sie sich bitte umdrehen würden, denn ich habe nicht vor, Sie die Zahlen sehen zu lassen, die ich eintippe.«

      Glen gehorchte. Anhand der leisen Töne, die die gedrückten Tasten von sich gaben, konnte er erkennen, dass die Kombination aus elf Ziffern bestand und entweder zweimal dieselbe Taste doppelt gedrückt wurde oder zwei unmittelbar nebeneinanderliegende Tasten, weil der Abstand zwischen den anderen Tönen länger war.

      »Aber um ehrlich zu sein«, ergänzte Craig, »ist natürlich nicht ausgeschlossen, dass jemand, der mich sehr gut kennt, trotzdem auf diese Kombination kommt, wenn er oder sie Zeit genug hat, alle infrage kommenden Möglichkeiten auszuprobieren.« Er seufzte. »Wie Sie schon sagten: Absolute Sicherheit gibt es nicht. – Hier ist es.« Craig reichte ihm eine hölzerne Schatulle.

      Glen öffnete sie. Lady Iras Collier strahlte ihm in seinem ganzen Glanz entgegen, gebettet auf einen samtartigen roten Stoff. Ein wunderschönes Schmuckstück, das jeden Penny wert war, den der Gutachter dafür veranschlagt hatte.

      »Ich würde es mir gern in Ihrem Büro genauer ansehen, Sir«, bat Glen.

      »Bitte.« Craig führte ihn zurück.

      Glen nahm aus seiner Aktentasche die Lupenbrille, setzte sie auf und bewunderte das Collier in der Vergrößerung, durch die deutlich zu erkennen war, dass jedes Einzelteil Handarbeit war, denn alle hatten individuelle Merkmale, die das geübte Auge erkennen konnte.

      »Sind Sie Juwelier oder so was?«, wollte Craig hörbar verblüfft wissen.

      »Nein. Ich muss nur überprüfen, ob die individuellen Details des Schmuckstücks mit denen auf den Detailfotos, die der Gutachter gemacht hat, identisch sind.«

      »Genügt Ihnen das Gutachten nicht?« Das klang deutlich empört.

      »Nur bedingt.« Glen blickte Craig an. »Meine Versicherung vertraut bei einer so hohen Versicherungssumme nicht blind einem Gutachten. Auch Gutachter sind nur Menschen und nicht gegen Versuchungen gefeit. Und haben vielleicht Angestellte, die die Gunst der Stunde nutzen, um sich unrechtmäßig zu bereichern.«

      Craig räusperte sich. »Sie haben ja mit einem ganz schönen Sumpf zu tun.«

      Glen nickte und widmete sich wieder der Prüfung. »Sie ahnen nicht, auf was für Ideen Menschen kommen, um sich illegal zu bereichern.«

      Craig setzte sich und ließ Glen nicht aus den Augen. Der verkniff sich ein genervtes Seufzen. Er mochte Gesellschaft nicht und zog das Alleinsein vor. Genau deshalb hatte sein Schwager Carson Stewart, der sein bester Freund und gleichzeitig Boss war, ihm diesen Job gegeben, der Glen zu Kontakten mit Menschen zwang. Andernfalls hätte er sich in seinem Haus eingeigelt, in Selbstmitleid gebadet und sich irgendeine Tätigkeit gesucht, bei der er zu Hause arbeiten konnte.

      Anfangs hatten die Narben nicht nur hässlich, sondern richtig übel ausgesehen: Dicke, rötliche Gräben, deren Ränder sich aufwölbten und seine Züge ins Groteske verzerrten; immerhin war die Haut bis auf den Knochen aufgerissen gewesen. Ein Wunder, dass die plastische Chirurgin die Muskeln und vor allem die Nerven fast vollständig hatte zusammenflicken können. Inzwischen waren die Narben zu bleichen, aber noch breiten und unübersehbar tiefen Rillen verblasst, was zwar nicht mehr übel, aber immer noch hässlich aussah. Und wenn er lächelte, wurde der Anblick wieder grotesk. Deshalb hatte er sich angewöhnt, nach Möglichkeit gar nicht zu lächeln. Wenn er das doch einmal tat, dann nur mit der linken Gesichtshälfte.

      Es gab nur sehr wenige Menschen, in deren Gegenwart er sich sicher genug fühlte, um richtig zu lächeln. Carson war einer von ihnen. Rowan Lockhart und ihr Co-Trainer und Ehemann Rory Lennox waren die beiden einzigen anderen. Und wann hatte er zum letzten Mal richtig gelacht? Er konnte sich nicht erinnern. Das war in jedem Fall vor Davinas Tod gewesen. Ebenso lange war es her, dass er sich glücklich gefühlt hatte. Wenn Shade nicht wäre …

      Er spürte Craigs Blicke auf sich und fühlte sich belauert. Zwar konnte er verstehen, dass der Mann ihn und vor allem das kostbare Collier nicht aus den Augen ließ, aber es hätte genügt, nur anwesend zu sein und nebenbei irgendetwas anderes zu tun, statt Glen anzustarren. Er blendete das Starren aus. Auch eine Fähigkeit, die er beim Kampfkunsttraining gelernt hatte: sich auf das Wesentliche zu fokussieren und alles andere zu ignorieren.

      Nach einer Weile hatte Craig wohl ein Einsehen und las sich den Versicherungsvertrag durch. Glen atmete auf.

      Eine halbe Stunde später legte er das Collier zurück in die Schatulle. »Alles in Ordnung. Dem Vertragsabschluss steht von unserer Seite aus nichts im Weg.«

      Craig schien auf dieses Signal gewartet zu haben, denn er unterzeichnete unverzüglich, beinahe schon hastig den Vertrag und reichte ihn Glen. »Wann erhalte ich den Versicherungsschein? Ich muss morgen früh eine mehrtägige Reise antreten und hätte die Papiere gerne vorher sicher deponiert.« Er lächelte entschuldigend. »Ich fühle mich dann einfach wohler.«

      Das konnte Glen nachvollziehen. Wenn einem der Zufall einen Gegenstand mit so hohem Wert bescherte, dann wollte man höchstmögliche Sicherheit.

      »Ich werde dafür sorgen, dass das noch heute über die Bühne geht«, versprach er. »Wenn Sie den ersten Beitrag sofort begleichen, ist das Collier mit Wirkung zum ersten April versichert.«

      Ian Craig holte ein Scheckbuch aus einer Schublade. »Der erste Jahresbeitrag beträgt dreitausend Pfund?«, vergewisserte er sich.

      Glen nickte. Craig schrieb den Scheck aus und reichte ihm den. Glen steckte ihn zusammen mit dem Vertrag und dem Gutachten in seine Aktentasche.

      »Vielen Dank, Sir. Sie erhalten den Versicherungsschein heute noch. Wenn Sie erlauben, möchte ich mir Ihren Safe noch etwas genauer ansehen. Nicht den Inhalt, aber die Konstruktion.«

      »Gern.« Craig stand auf, nahm die Schatulle und ging voran. »Ich habe eine zusätzliche Sicherung nachrüsten lassen. Wenn es jemandem gelingen sollte, den Safe gewaltsam aufzubrechen, wird bei der Sicherheitsfirma, die für die Grundstückssicherung zuständig ist, Alarm ausgelöst. Falls dort nicht schon vorher die Sirenen schrillen, weil die potenziellen Diebe erst mal ins Haus einbrechen müssen, bevor sie den Safe knacken können.«

      Sie hatten die Bibliothek erreicht. Craig forderte Glen erneut auf, sich umzudrehen, bevor er den Code eintippte, legte die Schatulle in den Safe, verschloss ihn und lud Glen mit einer Handbewegung ein, ihn näher zu inspizieren. Glen setzte wieder seine Brille auf und besah sich die Konstruktion. Der Safe war nicht nur passgenau in die Mauernische eingelassen und die rückwärtige Wand vermutlich mit dem Mauerwerk verdübelt. Zusätzlich waren die äußeren Mauersteine an allen Frontseiten so weit nach vorne, nach unten und oben gezogen worden, dass sie den Rahmen verdeckten und nur die Tür freiließen. Das machte es unmöglich, den Safe aus der Mauer zu reißen, ohne vorher das halbe Mauerwerk abzutragen, weil kein Greifwerkzeug einen Ansatzpunkt fand. Glen vermutete, dass gerade die äußeren Steine innen miteinander und mit dem umgebenden Mauerwerk durch Bewehrungsstahl verbunden waren. Das Ding hätte man allenfalls