Gewaltfrei, aber nicht machtlos. Maria Neuberger-Schmidt

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Название Gewaltfrei, aber nicht machtlos
Автор произведения Maria Neuberger-Schmidt
Жанр Социология
Серия
Издательство Социология
Год выпуска 0
isbn 9783709500125



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geben zu dürfen und zu erwarten, dass sie befolgt werden. Was ich konkret unter dem »3-Körbe-Prinzip« verstehe, erfahren Sie bei der Lektüre dieses Buches, in dem es darum geht, wie Sie diese Prinzipien auf Ihre persönliche Weise in Ihrem Erziehungsalltag umsetzen können.

      Aufgrund der steigenden Nachfrage aus verschiedenen Regionen ist auch die Notwendigkeit entstanden, zertifizierte Elterntrainer/innen auszubilden, die den ABC-Elternführerschein® authentisch und kompetent vermitteln können. Meinem Elternwerkstatt-Team, insbesondere Katharina Grötzl und Silvia Berthold, sowie meiner langjährigen Freundin und Pädagogin Gertrud Hampel-Leikauf möchte ich für ihre klugen, kritischen und ermutigenden Anmerkungen beim Lektorat danken, ebenso Frau Mag. Dorothea Forster für ihr präzises, professionelles und einfühlsames Lektorat im Ennsthaler Verlag. An dieser Stelle möchte ich auch meinen Kindern Pamela, Rudolf, Maria, Michaela und meinen Stiefkindern Ákos und Laura sowie deren Vätern und den zahlreichen Eltern danken, die mir ihr Vertrauen geschenkt und mich zu diesem Buch inspiriert haben. Ein besonderer Dank gilt Herrn Professor Dr. Max H. Friedrich, der unsere Arbeit seit vielen Jahren kennt und unterstützt.

      Liebe Leserinnen und Leser, wenn Sie bei der Lektüre dieses Buches den Wunsch verspüren, die verschiedenen Anregungen praxisorientiert zu üben, dann lade ich Sie herzlich ein, an einem ABC-Elternführerschein® teilzunehmen, und wenn Sie gerade dabei sind, ihn zu machen oder ihn vor einiger Zeit schon kennengelernt haben, dann wird ihnen dieses Buch helfen, Ihr Wissen zu vertiefen und zu festigen.

      Nun wünsche ich Ihnen eine spannende und gewinnbringende Lektüre und freue mich auf zahlreiche Rückmeldungen, um zu erfahren, was Ihnen gefällt, was Sie erstaunt oder was für Sie noch offen ist.

       Mit herzlichen Grüßen, Ihre Maria Neuberger-Schmidt

       Hier unsere Kontaktdaten:

      Elternwerkstatt – Verein im Dienst von Kindern,

      Eltern und PädagogInnen

      A-1230 Wien, Tel.: +43-1-66 22 006

       [email protected]

       www.elternwerkstatt.at

      Erläuterungen zur

      Anwendung dieses Buches

      Erläuterungen zur

      Anwendung dieses Buches

      Gender-Erklärung

      So wichtig mir die Bemühungen um weibliche Emanzipation, ein faires Verhältnis der Geschlechter zueinander und die damit verbundene geschlechtssensible Sprache sind, so kann bei deren strenger Einhaltung oftmals eine stilistische Schwerfälligkeit entstehen. Um dies zu vermeiden, werde ich in diesem Buch manches Mal nur die weibliche oder nur die männliche Form verwenden. In einigen Fallbeispielen ist von Müttern, in anderen von Vätern die Rede. Im Prinzip sind aber stets beide Elternteile gemeint und ebenso beide Geschlechter, wenn von Buben oder Mädchen die Rede ist.

      Einzahl, Mehrzahl

      Wenn ich von Kind oder Kindern in der Ein- oder Mehrzahl rede, so fühlen Sie sich bitte in der für Sie passenden Variante angesprochen.

      Kapitel 1: Familie und Erziehung

      Kapitel 1

      Familie und Erziehung

      »Wer nach Vollkommenheit strebt,

      muss das Unvollkommene lieben«

      Maria Neuberger-Schmidt

      1.1. Erziehung – gestern, heute, morgen

      1.1.Erziehung – gestern, heute, morgen

      So wie alle Bereiche menschlichen Lebens, ist auch Erziehung nicht nur im persönlichen, individuellen, sondern auch im jeweiligen sozio-kulturellen, gesellschaftlichen Kontext zu sehen. In den letzten 60 Jahren hat sich ein starker gesellschaftlicher Wandel vollzogen, der die Einstellung zu Erziehung und zu Fragen der Autorität enorm verändert hat.

      Erziehung zu Großmutters Zeiten

      Wenn wir versuchen, uns in die Welt unserer Groß- und Urgroßmütter bzw. -väter hineinzuversetzen, in Zeiten der Großfamilien ohne Waschmaschinen, Geschirrspüler und all den Errungenschaften des modernen Haushalts, können wir vielleicht nachvollziehen, dass das Eingehen auf individuelle kindliche Gefühle und Bedürfnisse blanker Luxus war. Kinder mussten funktionieren und möglichst wenig Aufwand verursachen – im Vordergrund standen die Versorgung der Großfamilie und die Weitergabe der Tradition.

      Gehorsam war als oberste Tugend angesagt. Das kindliche Recht auf Eigenwillen und Individualität war kein Kriterium und wurde stark eingeschränkt. Körperliche Strafen und Machtmissbrauch wurden als »elterliche Gewalt« legitimiert – was oft gravierende Auswirkungen auf die kindliche Persönlichkeit und ihr Selbstwertgefühl hatte. Jemand mit geringem Selbstwert wiederum kann Widerspruch schwer dulden. Er hat Angst davor, in Frage gestellt zu werden – besonders von den eigenen Kindern. Von Generation zu Generation war es also nicht leicht, das autoritäre Muster zu durchbrechen. Es wäre jedoch falsch, generalisierend daraus zu schließen, dass früher Eltern ihre Kinder nicht geliebt hätten und Autorität nur negativ erlebt worden wäre.

      Grenzenlose Freiheit

      Die Auswirkungen des nationalsozialistischen Regimes haben besonders deutlich gemacht, wohin missbrauchte Macht und Autorität führen können. Immer mehr Menschen wurde bewusst, wie sehr sie unter einer unterdrückenden, autoritären Erziehung zu leiden hatten, und sie wollten das ihren eigenen Kindern nicht antun. Daraus folgte der Trend zur anti-autoritären Erziehung, welche die individuellen Entfaltungsmöglichkeiten der Kinder als vorrangiges Ziel sah. Der kindlichen Freiheit sollten nur ja keine Einschränkungen auferlegt werden. Der anti-autoritäre Erziehungsstil, der besonders bei vielen Eltern der 68er Generation sehr verbreitet war, blieb ebenfalls nicht ohne unerwünschte Nebenwirkungen: Er gibt Kindern zu wenig Halt und Orientierung und fördert die Entwicklung egozentrischer Persönlichkeiten, die Schwierigkeiten haben, sich in Gemeinschaften einzugliedern.

      Partnerschaftlich – Verzicht auf Autorität

      In den 70er Jahren entwickelte Thomas Gordon auf der Grundlage der humanistischen Psychologie seine »Familienkonferenz«. Er vertrat einen partnerschaftlichen Erziehungsstil und zeigte Wege auf, wie Eltern mit ihren Kindern Beziehung pflegen und sie in Problemlösungen einbeziehen können. Thomas Gordon war getragen vom Ideal der Gleichberechtigung zwischen Eltern und Kindern und glaubte offenbar, auf Autorität ganz verzichten zu können. Vor allem ging es ihm darum, nicht nur die körperliche Gewalt zu verbannen, sondern Eltern dafür zu sensibilisieren, direkte oder indirekte abwertende Botschaften (Du-Botschaften) zu vermeiden. Eltern sollten Kinder durch Ich-Botschaften (authentischer Ausdruck ihrer eigenen Gefühle und Bedürfnisse) motivieren, auch auf ihre Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen. Eltern, die seine Gesprächsregeln anwenden, getragen von einer wohlwollenden, starken Persönlichkeit, ist oft gar nicht bewusst, dass ihre Autorität im Spiel ist, denn sie SIND Autorität. Ob bewusst oder unbewusst: Immer da, wo Liebe, Autorität und gesunde Familienstrukturen zusammenwirken, wird Erziehung gelingen. Wenn nicht, kommt es zu Verwirrungen und Komplikationen.

      Unsicherheit und Überforderung

      Es wurden und werden viele psychologische Bücher über Kindererziehung geschrieben und darüber, wie viel Unheil falsche Erziehung mit sich bringen kann, mit vielen Anregungen und guten Ratschlägen. Die Rechte, Gefühle und Bedürfnisse der Kinder stehen absolut im Vordergrund, Autorität gilt vielen als Unwort. Durch das Ideal der Gleichberechtigung und dem damit verbundenen Autoritätsverzicht und -verlust kommen Eltern in eine Zwickmühle. Es ist, als würde man von ihnen verlangen: »Geh schwimmen, aber mach dich nicht nass!« Sie sollen Verantwortung tragen, dürfen aber keine Macht ausüben. Das ergibt ein Anforderungsprofil an Eltern, dem sich viele nicht gewachsen