NAKAM ODER DER 91. TAG. Claude-Oliver Rudolph

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Название NAKAM ODER DER 91. TAG
Автор произведения Claude-Oliver Rudolph
Жанр Книги для детей: прочее
Серия
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783949217128



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halt dich immer an mich, Kleiner!“

      Die Blockhäftlinge murren.

      „Du weißt schon, was ich meine. Schlaf gut, kleines Jiddele.“ Andere Gefangene: „Schnauze! Wir können nicht schlafen bei eurem Gebrabbel!“

      Andere: „Mensch! Schlaft und haltet die Fresse! Schluss jetzt.“

      Um halb vier Uhr morgens schneiden die Trillerpfeifen der Kapos. Der Blockälteste bellt: „Wachappell! Zack, zack! Aufstehen! Aber zack zack, Morgenappell.“

      Mit einem Eisenstab schlägt der Blockälteste einen dumpf monotonen Rhythmus am rostigen Rahmen des ersten Bettes im Gang. So ein Blockältester ist gemeinhin ein Verbrecher, der für seine Taten acht bis zwölf Jahre Gefängnisstrafe abzusitzen hat und der, da der Straflosigkeit sicher, über Leben und Tod der Gefangenen entscheidet.

      Von der SS für rigoroses Durchgreifen und Aufrechterhaltung der Disziplin beglückwünscht, konnte so ein Kapo (Kameradschaftspolizist) durch das Töten von 30.000 (!) Häftlingen seine eigene Befreiung erlangen und in die Leibstandarte Adolf Hitler aufgenommen werden.

      Ununterbrochen hämmert der Blockälteste mit dem Eisen.

      „Zum Frühsport! Alles ausziehen bis auf Kappe! Alles ausziehen bis auf Kappe.“

      Alle Gefangenen eilen nach draußen in die schnarrende Kälte. Es schneit leicht. Als die Reihe sich korrekt gebildet hat, beginnt der Zählappell. Bei Nummern, also Menschen, die fehlen, eilen unter der Aufsicht der SS-Kapos in die Baracken, um die Toten oder die Sterbenden ordentlich in die Appellreihen zu bringen.

      Als so das Gleichmaß der Reihen wiederhergestellt ist, raunt ein grüner Häftling, also ein Verbrecher: „Tschuldigung, Sturmführer. Die stören doch nur das Gleichmaß unserer Reihe.“

      SS-Sturmführer: „Hier gehen auch die Sterbenden zum Appell. Tot oder lebendig, jeder muss da rein. Appell ist Appell! Alles andere wäre eine Disziplinlosigkeit! Und was wäre Disziplinlosigkeit?“

      Alle Gefangenen unisono aus 16.000 Kehlen: „Gefährlich für das Großreich!“

      SS-Sturmführer: „Hm. Da wir alle so schön versammelt sind, Sport für alle. Frisch fromm fröhlich frei! Und Kommando.“ Die Blockältesten und Kapos geben die Kommandos weiter: „Und zugleich.“

      Nur mit der Mütze auf müssen die Häftlinge rhythmische Sportgymnastik machen. Alle, die nicht synchron mithalten können, werden gnadenlos aussortiert.

      Kapos: „Du! Raus!“

      Kontrollierende Kapos zwischen den hüpfenden Gefangenenreihen.

      „Du! Raus! Alle, die aussortiert wurden, drei Schritte vor.“ Alle Aussortierten drei Schritte vor.

      Kapos: „Kopf runter, Arme auf die Oberschenkel!“

      Alle Aussortierten beugen sich nach vorn und stützen ihre Arme auf. Nun schlagen die Kapos synchron mit ihren Knüppeln auf die Hinterköpfe oder Nacken der Wehrlosen, die sofort tot zusammensacken. Natürlich bemühen sich die anderen Gefangenen, möglichst gute Gymnastik bei minus 20 °C zu zeigen.

      SS-Sturmführer: „Wie viel Abfall?“

      Oberkapo: „480!“

      SS-Sturmführer: „Weil ihr so brav wart, Frühstück fassen. Im Laufschritt ein zwei, ein zwei…“

      Diesen Morgen geht ein erheblicher Teil des schwarzen Wassers, vulgo Kaffee, verloren, da die Häftlinge heute den verschiedenen Wächtern ausweichen müssen, die den etwa 150 m langen Weg zur Suppenausgabe verteilt stehen und Kolbenschläge oder Knüppelschläge versetzen. Die jungen Leute sind beweglich genug und können den Schlägen noch einigermaßen ausweichen. Sie verlieren halt nur ihren Suppenkaffee. Aber Alte und Verletzte? Auf diese Unglücklichen entlädt sich die ganze Bestialität dieser Horde.

      Mikesch und Franz dampfatmend an den Latrinen.

      „Fast nichts mehr in unseren Essgefäßen!“

      Zur gleichen Zeit ertönt über Lautsprecher das Kommando: „Anziehen in einer Minute! Zu spätes Einreihen zum Strammstehen wird strengstens bestraft.“

      Nun beginnt ein heilloses Durcheinander, da niemand der Tausenden von Häftlingen zu spät kommen und womöglich wegen Disziplinlosigkeit sein Leben verlieren will.

      Lautsprecher: „Arbeitskommandos stillgestanden!“

      Die Reihen richten sich militärisch aus.

      Lautsprecher: „Der Abmarsch zur Arbeit erfolgt unter fröhlicher Musik.“

      Das Orchester, das am Ende des Zuges Aufstellung genommen hat, besteht aus einem Kommando von echten Musikern, unter ihnen auch Franz und Mikesch.

      Lautsprecher: „Also vorwärts im Militärschritt und mit dem linken Fuß aufsetzen. Auf dem ganzen Weg muss gelaufen werden. Also im Laufschritt marsch, marsch!“

      Und der Zug der Unglücklichen setzt sich trampelnd in Bewegung. Wieder haben alle Arbeiter außer den Musikern die Schuhe zusammengebunden über ihre Schultern hängen, um die Sohlen ja nicht abzunutzen. Als das Orchester grade durch das schmiedeeiserne Eingangstor marschieren will, hält ein SS-Offizier sie auf.

      „Halt! Stillgestanden! Musik aus! 57 und 116 raustreten!“ Franz und Mikesch gucken an ihren Jacken herunter. Tatsächlich haben sie 57 bzw. 116. Gehorsam treten sie drei Schritte aus der Gruppe.

      SS-Offizier: „Alle anderen weitermachen!“

      Das Orchester fängt wie eine mechanische Spielzeugpuppenkolonne wieder an zu spielen und marschiert im Takt dem Arbeitskommando hinterher.

      SS-KASERNE

      Vor der Kleiderkammer stehend erhalten Franz und Mikesch nun KZ-Uniformen.

      SS-Mann: „Folgen!“

      Die beiden ihre Uniformen auf den Armen im Gleichschritt hinter ihm her. Im Kasino macht er halt vor der Essensausgabe.

      „Stillgestanden!“

      Die beiden erfüllen laut das Kommando „stillgestanden“.

      SS-Mann: „Ihr seid einem Sonderkommando zugeteilt. Jeder Häftling dieses Kommandos bekommt täglich folgende Ration: 500 g Brot, 60 g Marmelade, 45 g Butter und 50 g Wurst. Essensration in Empfang nehmen!“

      Ein Küchenbulle schiebt ihnen die Nahrungsmittel über die Theke und packt sie ihnen auf die Uniformen.

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