Название | NAKAM ODER DER 91. TAG |
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Автор произведения | Claude-Oliver Rudolph |
Жанр | Книги для детей: прочее |
Серия | |
Издательство | Книги для детей: прочее |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783949217128 |
„Selbstverständlich nein, Herr Sturmführer!“
Er geht zurück in die Reihe, fast militärisch korrekt. Franz tut es ihm gleich, so gut es geht bei seiner Wackeligkeit: „Selbstverständlich nein, Herr Sturmführer!“
Sturmführer unterbricht den Franz am nächsten Stehenden, der beflissen antworten will.
SS-Offizier: „Schnauze!“ Und zu einem Kapo gewandt: „Die beiden Jungs da, raus!“
Zwei Kapos eilen diensteifrig zu den Jungs, um sie mit Prügeln zum SS-Offizier zu bringen.
SS-Offizier: „Schluss! Aus! Was ist das denn? Keiner hat was von Schlägen gesagt!“
Kapos unisono: „Jawoll, Sturmführer!
SS-Offizier bedeutet den beiden Buben: „Hierher und mucksmäuschenstill. Alle anderen: Ausziehen! Aber dalli!“
Es ist etwa eine Temperatur von minus 10 °C, niemand widersetzt sich, da jeder weiß, dass es Selbstmord wäre. Mikesch wendet Franz eine hochgezogene Augenbraue zu. Und so kann man etwa 900 Menschen ganz nackt bis auf unsere beiden die wirren Ereignisse abwarten sehen.
SS-Offizier: „An eurer jetzigen Lage sind nur die Juden schuld. Diebe am Volksbesitz werden von uns nicht geschützt. Die Juden haben bereits so viel Schlechtes getan, dass man sie alle ohne Weiteres hängen sollte. Jedes Stück Brot, das ihr fresst, ist zu viel. Es ist ein Diebstahl am deutschen Volk. Und jetzt meine Antwort: Ihr werdet jetzt alle den Abort mit einem Löffel leeren. Schubkarren werden bereitgestellt. Frohes Schaffen. Arbeit macht frei!“
SS-Schergen und Kapos zwingen die Gefangenen, ihre Arbeit auszuführen. Bei der geringsten Missbilligung schießen sie augenblicklich auf die Hilflosen.
Franz und Mikesch atmen tief durch, halten aber beide dicht. SS-Offizier: „Mitkommen!“
Sie stolpern beide hinter dem Sturmführer Richtung SS-Baracken hinterher.
SS-Offizier: „Ihr gefallt mir. Ich glaube, aus euch kann ich was machen. Seid ihr musikalisch? Könnt ihr ein Instrument spielen?“
Franz erinnert sich an seine gute Schulbildung und antwortet: „Ja, Herr Sturmführer, ich kann Klarinette spielen.“
SS-Offizier: „Ohne Herr. Sturmführer heißt das. Und du?“
„Ich kann Ziehharmonika spielen.“
Der SS-Offizier nickt. Als sie bei der SS-Kaserne angekommen sind, öffnet er die Tür und sagt: „Warten! Still gestanden!“
Sofort geben sich Mikesch und Franz eine militärische Haltung, und der Offizier verschwindet in der Baracke. Ihr Blick gleitet zurück zu den Kameraden, die mit Löffeln den Abort säubern müssen. Nach einer Weile kommt ein anderer niederer SS-Mann heraus: „Mitkommen! Schuhe abtreten! Türe schließen!“
Brav folgen die Buben und kommen in die Spezialbaracke der SS. Ein großer, turnhallenähnlicher Festsaal mit Musikinstrumenten auf einer improvisierten Bühne. Dahinter Porträts von Führer und Reichsführer SS. Auf der anderen Seite und in den Ecken Sitzgelegenheiten und eine lange Theke. Neben SS-Leuten hält sich im Kasino-Raum auch eine schöne Frau mit Kopftuch über ihrem rasierten Schädel auf, um sie ein wenig ansehnlicher für die SS zu machen.
SS-Mann: „So! Geht da rein. Wascht euch und kommt wieder raus.“
Franz und Mikesch trotten in den Waschraum, wo sie sich völlig allein und unbeobachtet waschen.
Franz: „Was läuft hier?“
Mikesch: „Wir werden es schon erfahren.“
Als sie fertig sind, ihre Brotreste verdrückt haben und ihre Häftlingskleider so gut es geht in Ordnung gebracht haben, kommen sie zurück in den Kasinoraum.
Auf der Bühne steht schon die schöne Frau mit Kopftuch.
SS-Mann: „So, geht auf die Bühne und nehmt Instrumente.“
Die Frau nickt ihnen aufmunternd zu. Sie kommen zu den Instrumenten, Franz nimmt eine Klarinette an die Lippen, Mikesch eine Ziehharmonika in die Höhe und die Frau eine Geige.
Junge Frau, leise: „Auf! Spielen wir ‚Im alten Städl‘! Das können wir doch alle. Und die kennen das nicht. Ein, zwei, drei!“
Und sie beginnt ein ihnen allen bekanntes Stück in Moll zu streichen. Die beiden Buben fallen ein und einigermaßen melodisch spielen sie in einer etwas besseren Katzenmusik-version auf. Eine gespenstische Theaterszene auf dem Gelände mit rauchenden Kaminschloten und das Lager umgebenden dunkelgrünen Wipfeln der Bäume, der Wälder im Nebel.
Groß fällt unser Blick auf eine Mettwurst, die ein Messer durchteilt.
Franz, Mikesch und die Frau an einem mit einem blau-weiß karierten Tischtuch gedeckten Tisch.
SS-Mann: „Hier! Esst, so viel ihr wollt. Ihr dürft nur nichts mitnehmen. In einer Viertelstunde ist Abmarsch.“
Er geht ab und durch eine Schwingtür in den Nebenraum.
Franz tippt Mikesch an, er zuckt nur die Schultern und schnappt sich eine dicke Scheibe mit Wurst und Käse und beißt herzhaft hinein. Franz tut es ihm gleich. Nur die Frau trinkt Kaffee. Nach einer kurzen Weile kommt der SS-Mann wieder herein, packt die Frau am Kragen und sagt: „Komm! Die Arbeit ruft.“
Die Buben erheben sich kauend.
SS-Mann: „Ihr nicht“ und nimmt die Frau mit sich fort. Plötzlich geht die Haupttür der Kaserne auf und eine Gruppe von 10 bis 15 hübschen Frauen und Mädchen, allesamt nackt, wird von bewaffneten SS-Leuten durchs Zimmer geführt, hinter die Schwingtür, wo schon der SS-Mann mit dem Mädchen verschwunden ist. Schweigend mampfen Franz und Mikesch noch eine Schnitte und trinken echten Bohnenkaffee mit guter Milch, als die Drehtür schon wieder aufgeht und der SS-Mann erscheint.
SS-Mann: „Abmarsch! Im Laufschritt. Eins und eins und eins.“ Franz und Mikesch traben noch kauend vor die Kaserne. Dort auf dem Appell-Hofplatz traben, jetzt wieder angezogen, ihre Blockhäftlinge bereits auf der Stelle. Die Erde vibriert und dröhnt unter dem rhythmischen Trampeln von 900 Mann.
Ein anderer SS-Mann ruft bellend: „Arbeitsdienst, Abmarsch.“ Und die Kolonne setzt sich im Zuckeltrab in Bewegung.
Der andere SS-Mann befiehlt Franz und Mikesch: „Einreihen! Marsch, marsch.“
Und unter teuflischem Lachen schlagen die den Zug begleitenden Kapos jeden Vorbeikommenden, den sie treffen können.
IN DEN WÄLDERN LITAUENS
Auf einer großen Lichtung sind schon andere Häftlinge eines Blocks dabei, ein Gelände für einen geplanten Flugplatz einzuebnen. Aber nicht mit Maschinen, Planierraupen, ja nicht einmal mit Spaten und Hacken. Nein, mit ihren Füßen stampfen die Gefangenen das grobe Gelände ein und müssen Wurzeln und Stämme mit bloßen Händen aus dem Boden reißen.
SS-Mann mit Megafon: „Block B, Baracke I, stillgestanden!“
Automatisch hören 900 Arme und Beine auf zu arbeiten. In der Totenstille zwischen Anrücken des neuen und Abrücken des alten Blocks hört man nur vereinzelt Krähen schreien oder Sterbende, vor Erschöpfung Umfallende. Diese unwirkliche Szenerie wird untermalt von MP-Salven.
Die, die vor Erschöpfung hinfallen, werden sofort erschossen und von Trägern auf Lastwagen geworfen.
SS-Mann: „Block B, Baracke II in Reih und Glied!“
Die Überlebenden formieren sich militärisch.
SS-Mann: „Arbeitsschuhe aus, damit sie nicht abnützen.“
Alle Block B-Häftlinge ziehen ihre Schuhe aus und nehmen sie an den Senkeln über die Schulter.
SS-Mann: „Ein Lied! Wir sind die Moorsoldaten. Zwo, drei, vier.“
Das Lied beginnt aus traurigen Kehlen zu erklingen. Der SS-Mann geht