Näher beim Vater. Henk Bruggeman

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Название Näher beim Vater
Автор произведения Henk Bruggeman
Жанр Религия: прочее
Серия
Издательство Религия: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783955784928



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3,19 HFA

      Das Vaterunser

      Ich möchte dieses Buch mit einer Herausforderung beginnen, nämlich dass wir neue Offenbarungen aus dem Vaterherzen Gottes empfangen. Das wünsche ich mir. Das ist der Zweck dieses Buches. Ich möchte aus der Offenbarung heraus schreiben, statt einen bestimmten Bibeltext zu erklären. Das ist es, was wir in dieser Zeit so dringend brauchen. Leben aus der Offenbarung.

      Dieses Kapitel handelt vom „Vaterunser“. Das ist wohl einer der bekanntesten Texte aus der Bibel, aber ich hoffe, dass ich dir eine neue Perspektive aufzeigen kann. Jesus lehrte uns, dieses Gebet zu beten, und du findest es im Matthäusevangelium. Ich muss ehrlicherweise zugeben, dass ich für lange Zeit nicht so recht wusste, was ich mit diesem Gebet anfangen sollte. Für mich war es ein vorformuliertes Gebet, doch freie Gebete liegen mir mehr. Ich weiß, dass es viele Leute gibt, die es täglich beten. Aber oft ist es zu einer Tradition geworden, statt eines wirklichen Gesprächs mit Gott. Und wie geht es wohl Gott damit? Ich konnte mir nur schwer vorstellen, dass er sich noch immer freuen und davon überraschen lassen würde, wenn er – zum x-ten Mal – dieses Gebet hörte.

      So bekannt das Vaterunser auch ist, aber wissen wir eigentlich, warum Jesus ausgerechnet diese Worte gewählt hat? Könnten wir vielleicht doch noch neue Aspekte an diesem Gebet entdecken, obwohl wir es schon unzählige Male gelesen und gesprochen haben?

      Wie schon gesagt, hatte mich dieses Gebet nie sonderlich angesprochen. Ich bin damit aufgewachsen, wie so viele mit mir. Und trotzdem kann ich mich nicht erinnern, früher jemals darüber gesprochen zu haben. Das hat sich inzwischen geändert. Es begann mit einer Vaterherzkonferenz in Veendam (Niederlande), zu der David und Faith Daley eingeladen waren und die gut besucht war. Zu den Besuchern gehörten auch einige Mitglieder einer der örtlichen Baptistengemeinden. Als die Woche vorbei war, meinten einige von ihnen, sie würden gerne mehr über das Vaterherz Gottes hören. Schon bald fiel mein Name, und so kam es, dass ich eines Tages einen Anruf des Pastors erhielt, ob ich dazu bereit wäre, ab und zu an einem Sonntag zu sprechen. Ich stimmte zu und danach sprach ich mehr oder weniger regelmäßig in der Baptistengemeinde in Veendam.

      Irgendwann erhielt ich eine Mail mit der Bitte, mich mit meiner Predigt dem Monatsthema anzuschließen. Das sollte ja keine große Sache sein, nachdem mein Thema das Vaterherz Gottes war und ich gebeten wurde an dem Sonntag zu sprechen über … das Vaterunser!

      Meine erste Reaktion: Nein!!! Ich kann mit dem Vaterunser nicht viel anfangen, was soll ich denn dazu sagen? Ich kann es vorlesen, ich kann es sogar auswendig aufsagen, aber sonst? Also schrieb ich in meiner Mail als Antwort: „Natürlich werde ich das gerne tun …!“ In dem Moment stellte ich mich vor vollendete Tatsachen. Das war der Anfang einer überraschenden Entdeckungsreise.

      Das Gebet

      Obwohl viele dieses Gebet auswendig können, schreibe ich es hier trotzdem nochmal für dich auf.

      Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen. Denn euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet.

      Darum sollt ihr so beten:

      Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt.Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. [Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.] Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, so wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben (Mt 6,8-15 LUT).

      Nun drängt sich die Frage auf, was eigentlich der wirkliche Sinn dieses Gebets ist. Warum hat Jesus es uns gelehrt? Und warum sind dies Worte, die direkt aus dem Herzen des Vaters kommen?

      Nachdem ich es selbst auch noch ein paar Mal gelesen hatte, überlegte ich, ob es etwas gab, das mir wirklich auffiel. Und meine Aufmerksamkeit wurde auf das Wort „unser“ gelenkt. Unser Vater … Ich hatte es schon so oft gelesen, so oft ausgesprochen, doch plötzlich berührte es mein Herz. Jesus spricht hier von seinem Vater, doch ganz von Anfang an macht er deutlich, dass wir daran teilhaben dürfen. Sein Vater will auch unser Vater sein! Überrascht von der Emotion, die in meinem Herzen entstand, hielt ich etwas inne, um diese Wahrheit auszukosten. Aber dann fiel mir gleich danach noch etwas auf. In dem kompletten Gebet wird von uns gesprochen. Es geht also nicht nur um die Beziehung zu Jesus, sondern auch um die Beziehung zu uns als Menschen, als Gläubige. Genauso verhält es sich mit unserem Vater. Er möchte auch unser Vater sein.

      Und dann heißt es weiter: „Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.“ In nur fünf Versen wird das Wort „uns“ hier wohlgemerkt achtmal genannt! In unserer individualistischen Welt wäre es passender, wenn wir stattdessen die Wörter „mir“ und „mich“ benutzen würden. „Gib mir, führe mich, vergib mir, wie auch ich …“ Aber das steht da nicht. Da steht „uns“. Und plötzlich sah ich etwas, das mir so noch nie aufgefallen war. Jesus stellt uns unserem Vater vor. Und gleich danach verdeutlicht er, wie wichtig es ist, dass wir zusammen die Familie dieses Vaters sind. Jesus lehrt uns kein auf uns bezogenes Gebet (mein Vater … mein tägliches Brot gib mir heute), sondern legt die Betonung darauf, zusammen der Leib zu sein.

      Warum ist das so wichtig?

      Hier wird die Basis dafür gelegt, zusammen „Gemeinde zu sein“. In diesem Gebet liegt das Bild von Gemeinde und ihrer gemeinsamen Beziehung mit dem Vater verborgen.

      Schauen wir uns dieses wohlbekannte Gebet noch näher an. Ich überspringe für den Moment einen Teil, auf den ich später noch zurückkomme. Das Nächste, worüber ich nachdachte, war: „Unser tägliches Brot gib uns heute …“ Warum ist es Jesus so wichtig, dass wir in diesem Gebet um unser tägliches Brot bitten? Warum Brot? Die Hälfte der Weltbevölkerung isst kein Brot, sondern Reis! Warum nicht zwei unterschiedliche „Vaterunser“, eins für Brot und eins für unsere tägliche Portion Reis?

      Wenn ich in meinen Seminaren über das Vaterunser spreche, frage ich, ob es Leute gibt, die dieses Gebet an einem Tag nicht gebetet haben. Es gehen dann immer viele Hände hoch. Aber wenn ich danach frage, ob sie an diesem Tag trotzdem Brot gegessen haben, erhalte ich auch immer eine bestätigende Antwort. Also gibt es Menschen, die um Brot bitten, aber Reis bekommen, und es gibt Menschen, die nicht beten und trotzdem Brot bekommen …

      Was für einen Grund hatte Jesus, diesen Abschnitt in sein Gebet für uns aufzunehmen?

      Zuallererst denke ich, dass Jesu Ziel nicht war, dass wir nach dem Motto beten: „Sorge bitte für Brot, damit wir leben können.“ Ich glaube auch nicht, dass er sagte: „Bitte ja für Brot, sonst bekommst du nichts …!“ Tatsächlich geht es nicht in erster Linie ums Essen …

      Was will Jesus uns lehren?

      Warum ist es Jesus so wichtig, dass wir um unser Brot bitten?

      Ich habe in der Bibel nach der Stelle gesucht, wo zum ersten Mal von Brot die Rede war. Während einer Konferenz stelle ich auch immer die Frage, wo das steht. Einige der häufigsten Antworten sind dann: Das Brot, das Abraham den Fremden anbietet, die vorbeikommen. Und natürlich das Manna, das Gott für das Volk Israel in der Wüste vom Himmel regnen lässt. Darauf komme ich nachher noch zurück, aber das ist nicht das erste Mal, dass in der Bibel von Brot die Rede ist. Es ist interessant, dass Gott schon direkt nach dem Sündenfall von „Brot essen“ spricht.

      Und zu Adam sprach er: Weil du auf die Stimme deiner Frau gehört und gegessen hast von dem Baum, von dem ich dir geboten habe: Du sollst davon nicht essen! – so sei der Erdboden deinetwegen verflucht: Mit Mühsal sollst du davon essen alle Tage deines Lebens; und Dornen und Disteln wird er dir sprossen lassen,