Название | Religionsgeschichte Anatoliens |
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Автор произведения | Manfred Hutter |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783170269767 |
2.2 Die ideologische Bedeutung und Gestaltung des Raumes
2.2.1 Kosmologische Konzepte
2.2.2 Ḫattuša
2.2.3 Tarḫuntašša
2.2.4 Nerik
2.2.5 Karkamiš
2.3 Plätze der Kultausübung
2.3.1 Tempelsymbolik und sakraler Raum
2.3.2 Einzelne Bauten in Verbindung mit dem Totenkult und chthonischen Gottheiten
2.3.3 Berg- und Quellheiligtümer
2.4 Akteure und Akteurinnen im Kult
2.5 Opfer als Praxis der Verehrung und Versorgung der Gottheiten
2.6 Feste auf staatlicher und lokaler Ebene
2.6.1 Die zeitliche Einordnung der Feste
2.6.2 Religiöse Feste und die allgemeine Bevölkerung
2.6.3 Feste und (Religions-)Politik
2.7 Exkurs: Hethitische Religion im »Ausland« – Die so genannten anatolischen Rituale in Emar
3 Religion als Faktor im Zusammenleben im Alltag
3.1 Ethische Werte und Verhaltensweisen
3.2 Krisenbewältigung und soziales Gleichgewicht
3.2.1 Die Sicherheit des Königs in Krisensituationen
3.2.2 Rituelle Konfliktbewältigung im Alltag
3.3 Kommunikation mit den Gottheiten
3.3.1 Gelübde
3.3.2 Persönliche Gebete des Königs und der Königin
3.4 Religion im Lebenslauf – eine idealtypische Rekonstruktion
F Zum Weiterwirken religiöser Traditionen in der ersten Hälfte des 1. Jahrtausends
1 Tabal und das ehemalige »Untere Land«: Luwisches Kerngebiet im Kontakt mit zentralanatolischen und südwestanatolischen Nachbarn
1.1 Die Eigenständigkeit der Götterwelt
1.2 Plätze der Kultausübung
1.3 Kultaktivitäten
1.4 Religion als Faktor in der Gesellschaft
2 Karkamiš und seine politischen Nachbarn: Kontinuität, Wandel und Wechselwirkung mit dem nordsyrischen Raum
2.1 Die Eigenständigkeit der Götterwelt
2.2 Plätze der Kultausübung
2.3 Kultaktivitäten
2.4 Religion als Faktor in der Gesellschaft
3 Zentral- und (Süd-)Westanatolien
4 Fazit
G Anhang
1 Liste hethitischer Könige
2 Karten
2.1 Altassyrische Handelskolonien und das althethitische Reich
2.2 Das hethitische Großreich
2.3 Das 1. Jahrtausend
3 Literaturverzeichnis
4 Register
4.1 Keilschrifttexte
4.2 Hieroglyphen-luwische Texte
4.3 Wörterverzeichnis (hattisch, hethitisch, hurritisch, luwisch)
4.4 Orte
4.5 Gottheiten
4.6 Personen
4.7 Stichworte
A Einleitung und Forschungsstand
Die Religionsgeschichte Anatoliens ist ein Kapitel »toter« Religionsgeschichte, wobei der zeitliche Rahmen, der hier behandelt werden soll, vom späten 3. Jahrtausend bis in die ersten Jahrhunderte des 1. Jahrtausends v.u.Z. reicht. Dieser Zeitraum ist von Beginn an von vielfältigen Religionskontakten, gegenseitigen Beeinflussungen und Berührungen geprägt. Denn die Religionsvorstellungen Anatoliens standen in Wechselwirkung mit denen in Syrien und Mesopotamien, die ihrerseits heute auch nur noch historische Religionen sind. Allerdings ist diese »gebrochene Tradition« indirekt lebendig geblieben, da manches über zwei Wege in die europäische Geistes- und Kulturgeschichte weitervermittelt wurde, einerseits über die – geringere – Vermittlung kleinasiatisch(-nordsyrisch)en Gedankengutes in der Rezeption der Hebräischen Bibel, andererseits in der stärkeren Übernahme von Vorstellungen aus Kleinasien in mythologische Traditionen der griechischen Antike. Zugleich steht die Religionsgeschichte Anatoliens selbstverständlich auch im Kontext der antiken Religionen des Vorderen Orients, nicht nur mit den schon erwähnten Räumen Syriens und Mesopotamiens, sondern genauso wirkt auf dem Gebiet der heutigen Türkei manches in Erinnerung bzw. wiedererfundenen Erinnerung an die Kulturen Anatoliens weiter, auch wenn zwischen den anatolischen Sprachen und Bevölkerungsgruppen des 2. Jahrtausends v.u.Z. und den wesentlich später fassbaren turksprachigen Bevölkerungsteilen, die durch eine Westwanderung aus Zentralasien nach Anatolien gekommen sind und bis heute große Teile der Türkei prägen, eine chronologische Lücke besteht.
Bereits ein oberflächlicher Blick auf den Raum Anatoliens zeigt innerhalb der chronologischen Abgrenzung sowohl einen sprachlichen als auch geographischen »Pluralismus«, der in den letzten Jahrzehnten immer deutlicher geworden ist. Damit stellt sich als Ausgangssituation und Aufgabe für die Religionswelt Kleinasiens, diese Vielfalt – mit Kontinuitäten, Neuerungen und Brechungen von Traditionen – zu berücksichtigen, auch wenn wir klarerweise noch weit davon entfernt sind, eine lückenlose »Geschichte« der Religionen Anatoliens zu rekonstruieren oder alle theologischen Differenzierungen sowie unterschiedlichen lokalen Ausprägungen religiöser Erscheinungen erfassen zu können. Diese Einschränkung liegt besonders in der Quellensituation begründet, die nach wie vor unausgeglichen ist – sowohl bezüglich der chronologischen als auch der geographischen Streuung. Daher ist es notwendig, diese Religionswelt in ihrer Vielfalt zu betrachten, und methodisch ist zu beachten, dass die Religion der »Hethiter« (durch die Quellenlage aufgrund längerfristiger politischer Beherrschung eines Flächenstaates für fast ein halbes Jahrtausend dokumentiert) nicht als »Norm« oder als »typisch« für die Religionsvielfalt Anatoliens gelten kann, sondern sie ist nur eine Ausformung dieser Vielfalt.
Die eingedeutschte Volksbezeichnung »Hethiter« stammt von Martin Luther, der damit den Ausdruck ha-ḥittī(m) der Hebräischen Bibel wiedergibt. Dieser entspricht etymologisch der Benennung in akkadischen Texten, in denen vom »Land Ḫatti« oder von den »Ḫatti-Leuten« die Rede ist. Dabei gehen alle diese Bezeichnungen auf einen geographischen Begriff für das Gebiet innerhalb des Halysbogens1 in Zentralanatolien zurück. Wie die »Hethiter« sich selbst als Volk bezeichnet haben, wissen wir nicht; da sie ihre Sprache als nišili- bezeichneten, eine Ableitung vom Ortsnamen Neša (Kaneš), einem wichtigen politischen Zentrum des frühen 2. Jahrtausends v.u.Z., darf man vermuten, dass sie sich vielleicht Nesier nannten. Wahrscheinlich sind diese »Nesier« bzw. »Hethiter« in der 2. Hälfte des 3. Jahrtausends v.u.Z. entweder über die Dardanellen im Westen oder über den Kaukasus nach Kleinasien eingewandert, wo ihr Kerngebiet zunächst südlich des Halysbogens lag. Gemeinsam mit den Hethitern sind die Palaer und Luwier nach Kleinasien gekommen. Diese Einwanderer trafen auf die dort ansässigen Hattier, die im späten 3. und im frühen 2. Jahrtausend ihr zentrales Siedlungsgebiet innerhalb des Halysbogens hatten. Der gesamte geographische Raum ist durch Regenfeldbau charakterisiert, was die Wirtschaft, aber auch ideelle Konzepte beeinflusst hat. Dadurch haben offensichtlich die »Einwanderer« schnell zu einer Symbiose mit der schon vorhandenen Bevölkerung gefunden, zumal auch der archäologische Befund keinen Bruch in der materiellen Kultur zeigt, den man den einwandernden »Hethitern« zuschreiben könnte.
Als weiteres Bevölkerungselement werden etwa ab 1500 die Hurriter wichtig, deren ursprüngliche Siedlungsgebiete in Nordsyrien und Südostanatolien bzw. Obermesopotamien zwischen dem