Название | Eine Prise Magie (Bd. 1) |
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Автор произведения | Michelle Harrison |
Жанр | Книги для детей: прочее |
Серия | |
Издательство | Книги для детей: прочее |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783961775446 |
»Ich will nach Hause!«, jammerte Charlie. Kein Gedanke mehr an Zuckerwatte.
Das Boot schwankte noch einmal, und plötzlich baute sich eine vertraute Gestalt über den Mädchen auf. Betty stieß einen überraschten Laut aus, als ein Gesicht dicht vor ihrem auftauchte und sie fast mit der Nase anstieß.
»Gut!«, sagte Granny. »Denn genau dort geht es jetzt hin: nach Hause!«
Kapitel 2
Gefangene
Für einen Moment saß Betty vor Schreck und Verwirrung stocksteif da. Auch Charlie neben ihr rührte sich nicht und klammerte sich an Bettys Arm.
Granny war nicht an Bord gewesen, als das Boot abgelegt hatte, davon war Betty überzeugt – aber jetzt bekam sie Zweifel. Konnte es sein, dass Granny sich verkleidet hatte? Sonst hätte sie doch wohl nicht an Bord kommen können, ohne dass die Mädchen sie bemerkt hätten … aber warum hätte sie dann überhaupt zugelassen, dass die Fähre mit ihnen ablegte? Das ergab doch keinen Sinn.
»Granny?«, flüsterte Betty fassungslos. Sie wollte es noch nicht glauben, doch sie wusste schon, was das bedeutete. Jedes Fünkchen Hoffnung auf zukünftige Freiheiten war erloschen und so unmöglich geworden, wie den wabernden Nebel zu erhaschen. »Wie bist du … wo bist du hergekommen?«
»Das lasst mal meine Sache sein!« Granny starrte mit finsterem Blick auf sie herab. Sie sah beinahe wie eine Verrückte aus mit ihrem wirren grauen Haar, das sich aus dem Knoten gelöst hatte, ihrem schäbigen Mantel, dem Schultertuch und den abgetragenen Gummistiefeln. Und zu all dem hatte Granny noch diese hässliche alte Reisetasche mitgebracht, die sie ständig mit sich herumschleppte, auch wenn kein Mensch wusste, warum. Betty war auf einmal dankbar für den Nebel. Immerhin war er eine Schutzwand gegen neugierige Blicke. Kein Zweifel: Das Einzige, was ihrem Wagemut nun winkte, waren Peinlichkeit und Verwirrung, nicht Abenteuer. Sie brauchte ein neues Motto.
»Steuern Sie dieses Boot zurück!«, befahl Granny. »Wir steigen aus!«
»Das versuche ich ja schon«, blaffte der Fährmann, ohne den Blick von der Kompassrose abzuwenden, über die er sich gebeugt hatte.
Die Blicke der anderen Passagiere huschten über Grannys seltsame Erscheinung oder das, was sie davon erkennen konnten. Sie blinzelten, als versuchten sie herauszufinden, welche Art von Halloween-Kostüm es wohl sein sollte. Betty verzog das Gesicht.
»Beeilung, bitte!«, wiederholte Granny laut. »Dies ist kein Ort für Kinder!«
»Na, Sie ha’m se doch selbst hergebracht!«, sagte der Fährmann unmutig. Dann runzelte er die Stirn. »Obwohl, wenn ich’s mir recht überlege, ich hab Sie gar nich’ an Bord kommen seh’n …«
»Unsinn. Ich war die ganze Zeit hier!«
Aber das kann nicht stimmen!, dachte Betty verwirrt. Sonst hätte Granny sicher schon früher etwas gesagt. Sie unterdrückte ein mürrisches Knurren. Der ganze Aufwand, die ganze Heimlichtuerei – für nichts und wieder nichts! Sie fühlte sich überhaupt nicht mehr wie eine große Abenteurerin. Sie fühlte sich wie ein dummes kleines Mädchen. Und das Schlimmste daran war: Sie war sogar ein winziges bisschen erleichtert, denn vor Grannys Auftauchen hatte sie in all dem Nebel richtig Angst gehabt.
»Aber Granny«, wisperte Charlie. »Du warst nicht hier!«
»Still jetzt!«, sagte Granny ganz und gar nicht leise.
Der Fährmann musterte Granny genauer. »Ich hab die Mädels an Bord gehen seh’n, aber Sie nich’. Sie ha’m nich’ bezahlt!«
»Aber sicher habe ich das.« Grannys ohnehin schon kalter Tonfall kühlte sich noch um ein paar Grad ab. »Oder wollen Sie etwa behaupten, dass ich bekleidet hier rübergeschwommen und wundersamerweise ganz und gar trocken an Bord geklettert bin?« Sie kniff die Augen zusammen. »Und werden Sie mir mal nicht frech, junger Mann. Ich kenne Ihren Vater!«
Das schien dem Fährmann einen größeren Schrecken einzujagen als zuvor der Nebel.
»Jetzt ist er aber dran«, sagte Charlie leise.
»Nein«, blaffte Granny. »Ihr zwei seid dran, wenn wir zu Hause sind. Und diesmal könnt ihr euch auf etwas gefasst machen.«
Betty schluckte. Sie hätte wissen müssen, dass es unmöglich war, Granny auszutricksen – schließlich war es ihr noch nie gelungen. Und jetzt stand ihnen ganz offensichtlich eine besonders unliebsame Überraschung bevor, als wäre Bettys Geburtstag nicht schon genug ruiniert. »Was soll denn das jetzt heißen?«
Granny antwortete nicht. Stattdessen wandte sie sich in einem noch strengeren Tonfall an den Fährmann: »Und nun schlage ich vor, Sie hören auf, herumzureden, und bringen diese frierenden nassen Leute zurück in Sicherheit. Ich schätze, viele von ihnen werden wissen wollen, warum die Fähre überhaupt ablegen durfte, wenn Nebel vorhergesagt war.«
»A-aber es war ja gar kein …«, widersprach der Fährmann.
»Dann müssen Sie aber furchtbar unerfahren sein«, sagte Granny. »Oder zu geldgierig.« Sie wandte demonstrativ den Blick ab.
Der Fährmann hörte auf zu protestieren, warf noch einen Blick auf die Windrose und begann gehorsam zu rudern. Auf der ganzen Fahrt zurück ans Ufer sagte niemand mehr ein Wort, aber Betty konnte spüren, wie die Anspannung in ihrer Großmutter wuchs. Im Augenblick mochte sie still sein, aber sobald sie wieder an Land wären, würde sie zweifellos eine Menge zu sagen haben. Betty allerdings auch. Etwas Merkwürdiges war hier passiert, und weder Grannys Zorn noch ihre Strafen würden Betty davon abhalten, Fragen zu stellen.
Wie war Granny bloß auf dieses Boot gekommen? Sicher, sie hatte schon immer eine unheimliche Gabe dafür gehabt, die Mädchen aufzuspüren. Wenn sie für irgendwelche Besorgungen zu lange brauchten oder beim Pilzesuchen zu tief in den Wald liefen, amüsierten sie sich immer darüber, dass Granny plötzlich auftauchte wie ein Spürhund. Aber dieses Mal fand Betty überhaupt nichts Lustiges daran. Stattdessen beschlich sie ein unbehagliches Gefühl – wie hatte Granny das gemacht?
Als sie anlegten, zitterten Betty und Charlie, und das lag nicht nur an der kalten Luft, die um ihre Beine strich. Der Schrecken, erwischt worden zu sein, steckte ihnen in den Gliedern. Granny hingegen kochte regelrecht vor Wut. Mit schnellen Atemstößen blies sie fast wie ein Drache Nebelwölkchen in die Luft. Sie befahl ihnen zu warten, bis alle anderen von Bord gegangen waren, dann kletterten sie an Land und machten sich auf den Rückweg zum Wildschütz. Betty warf einen Blick zurück zur nebelverhangenen Marsch. Manchmal zog der Nebel den ganzen Weg hinauf an Land und schlängelte sich durch die Straßen. Heute Abend jedoch verharrte er an den Uferrändern und schwebte dort wie ein unheimliches Marschwesen, das sein Versteck bewachte. Als die anderen Passagiere weitergegangen waren, begann Betty zu sprechen.
»Wie hast du das gemacht, Granny? Wie bist du auf dieses Boot gekommen, ohne dass wir dich gesehen haben? Das ist doch nicht möglich.«
»Ich war die ganze Zeit an Bord«, antwortete Granny knapp. »Ihr wart nur so mit eurem kleinen Abenteuer beschäftigt, dass ihr mich nicht gesehen habt.«
Betty musterte Grannys Gesicht und versuchte, irgendetwas daraus abzulesen. Alles, was sie darin erkennen konnte, war Wut, und das hielt sie normalerweise davon ab, zu viele Fragen zu stellen oder Granny zu widersprechen – aber heute Abend war nichts normal. All ihre Hoffnungen und Pläne waren zerschlagen worden. Sie hatte nichts mehr zu verlieren, wenn sie ihre Gedanken offen aussprach, auch auf die Gefahr hin, mit zusätzlicher Hausarbeit bestraft zu werden. »Das glaube ich dir nicht. Dann hättest du schon früher etwas zu uns gesagt.«
»Ich wollte sehen, ob ihr es tatsächlich wagt«, sagte Granny gereizt, aber ganz ehrlich klang sie immer noch nicht. »Oder ob du zur Vernunft kommen und umkehren würdest.«
»Zur