Work-Life-Balance. Uta Kirschten

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Название Work-Life-Balance
Автор произведения Uta Kirschten
Жанр Зарубежная деловая литература
Серия
Издательство Зарубежная деловая литература
Год выпуска 0
isbn 9783739801988



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Dadurch erwerben die aktuell erwerbstätigen Generationen den Anspruch, dass ihre Renten später auch von den dann erwerbstätigen Generationen getragen werden. Da die Rentenversicherung nur wenige Rücklagen bilden kann, müssen relativ zeitgleich die jeweiligen Renteneinnahmen durch die erwerbstätigen Beitragszahler der Höhe der zu leistenden Rentenzahlungen an die Rentner entsprechen. Dabei bestimmt das Verhältnis der Betragszahler zu den Rentenempfängern die finanzielle Tragfähigkeit dieses Umlageverfahrens. (vgl. Demografie-portal Altersrentner). Gerade diese Relation zwischen Beitragszahlern und Rentenbeziehern hat sich in den letzten sechzig Jahren drastisch verändert, wie die Abbildung 16 zeigt. So trugen im Jahr 1962 sechs aktiv versicherte Erwerbstätige1 die Rentenzahlungen für einen Altersrentner. Im Jahr 1973 waren es nur noch vier Erwerbstätige, die die Rentenzahlung eines Rentners finanzierten. Nur noch drei Beitragszahler mussten im Jahr 1992 die Rentenzahlungen eines Rentners tragen und im Jahr 2017 musste die Rentenzahlung für einen Rentner nur noch bei zwei Betragszahlern erbracht werden. (vgl. ebenda). Hierbei muss berücksichtigt werden, dass die Anzahl der Beitragszahler über die Jahre deutlich gestiegen ist. So betrug die Anzahl der Beitragszahler im Jahr 2017 38, 2 Millionen aktiv Versicherte. Zeitgleich ist jedoch auch die Anzahl der Rentenempfänger stark gewachsen, sie betrug im Jahr 2017 18,25 Millionen Altersrentner (vgl. Statista 2020). Wenn die geburtenstarke Generation der Baby-Boomer in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen wird und Renteneinkünfte bezieht, wird sich das Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentenbeziehern noch einmal vermindern. Zusätzlich schrumpft auch die zukünftige Anzahl der beitragszahlenden Erwerbsbevölkerung, was die Beitragslast für den einzelnen Beitragszahler deutlich erhöhen wird.

      Abbildung 16:

      Verhältnis von Beitragszahlern zu Altersrentnern in der gesetzlichen Krankenversicherung. Quelle: www.demografie-portal.de/DE/Fakten/altersrentner-beitragszahler.html. Abbildung: www.demografie-portal.de/DE/Fakten/Bilder/altersrentner-beitragszahler.png;jsessionid=2FD5CF8DE5D6B049D2D152E2A5D0F57C.intranet661?__blob=normal&v=3. Abruf: 14.08.2020; 25.01.2021.

      Die Politik arbeitet bereits seit gut zwei Jahrzehnten an verschiedenen Strategien, um das deutsche Rentensystem an die demografischen Entwicklungen anzupassen (z.B. die Einführung des demografischen Faktors Ende der 1990er Jahre unter Bundeskanzler Helmut Kohl, der Nachhaltigkeitsfaktor durch Bundeskanzler Gerhard Schröder) (vgl. Seniorenbedarf.de 2020). Dass unser RentensystemRentensystem vor gravierenden Veränderungen steht, wird in den staatlichen Förderprogrammen einer privaten Altersvorsorge („Riester-Rente“) deutlich sowie in der schrittweisen Anhebung des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre der aktuellen Regierung unter Kanzlerin Angela Merkel sowie den aktuellen Diskussionen um eine weitere schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters (vgl. Hochstätter 2020; Spiegel-Ausgabe vom 14.08.2020). Neben der deutlich steigenden Anzahl der Rentenempfänger werden sich aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung auch die Dauer der Rentenzahlungen verlängern; beides wird die Situation der sozialen Sicherungssysteme in Deutschland verschärfen. Hinzukommt als weiteres Problem die bei ca. 1,5 Geburten je Frau stagnierende Geburtenrate, die zu einer insgesamt schrumpfenden Bevölkerung und damit zu einer geringeren Anzahl an potenziellen Beitragszahlern führt, was die Entwicklung des Rentensystems zusätzlich belastet.

      Steigender Betreuungs- und Pflegeaufwand

      Im Jahr 2019 waren in Deutschland 4,13 Millionen Menschen pflegebedürftig (vgl. Destatis Pflege 2020). Die Entwicklung der Pflegebedürftigen in Deutschland seit dem Jahr 2000 zeigt Abbildung 17.

      Abbildung 17:

      Anzahl der Pflegebedürftigen in Deutschland vom Jahr 2000 bis 2019. Quelle: www.demografie-portal.de/DE/Fakten/Bilder/gross/pflegebeduerftige.png?__blob=publicationFile&v=4. Abruf: 25.01.2021.

      Die steigende Anzahl der über 65-Jährigen und über 80-Jährigen erfordert zukünftig auch umfangreichere und längerfristige Betreuungs- und Pflegemaßnahmen sowie eine umfangreichere medizinische Versorgung für diejenigen, die im Alter nicht mehr alleine zurechtkommen oder krank werden. Dies führt u.a. zu steigenden Kosten, die trotz der schon heute steigenden Beiträge zur Pflege- und Krankenversicherung zukünftig durch das Sozialversicherungssystem nur bedingt getragen werden können. Darüber hinaus werden große Belastungen für die Generationen der Erwerbstätigen entstehen, die zu einem wesentlichen Anteil die Betreuung und Pflege ihrer Eltern übernehmen muss, gleichzeitig aber noch im Beruf steht und zum Teil selbst noch betreuungsbedürftige Kinder hat. So betrug der Anteil der Pflegebedürftigen, die im Jahr 2019 zu Hause überwiegend von Angehörigen betreut wurden, 56% (vgl. Abbildung 18). Zusätzlich wurden 24% der Pflegebedürftigen wurden zu Hause durch ambulante Pflege- und Betreuungsdienste versorgt. (vgl. Destatis Pflege 2020).

      Abbildung 18:

      Pflegebedürftige nach Versorgungsart im Jahr 2019. Quelle: www.demografie-portal.de/DE/Fakten/Bilder/gross/pflegebeduerftige-versorgung.png?__blob=publicationFile&v=4 Abruf: 25.01.2021.

      Für diese sog. Sandwich-GenerationSandwich-Generation werden dadurch soziale, finanzielle und zeitliche Probleme stark zunehmen, die den Ausgleich zwischen den verschiedenen Arbeits- und Lebensbereichen erschweren. Hier wird die Relevanz wirksamer Work-Life-Balance-Maßnahmen besonders deutlich.

      Schrumpfung und Alterung der Erwerbsbevölkerung

      Im Zuge des demografischen Wandels schrumpft und altert auch das ErwerbspersonenpotenzialErwerbspersonenpotenzial deutlich. So reduziert sich die Anzahl der Personen im erwerbsfähigen Alter (20-Jährige bis unter 65-Jährige) von 62,2 Millionen Menschen im Jahr 2018 auf vermutlich 56,1 Millionen Erwerbstätige im Jahr 2050 (vgl. BIB 2019: Demografie-porteal.de Erwerbsbevölkerung). Parallel zur Schrumpfung nimmt der Anteil der Jüngeren im Erwerbsalter ab und die Anteile der Mittelalten und Älteren im Erwerbsalter nehmen zu. Dabei sind in den verschiedenen Altersgruppen des ErwerbspersonenpotenzialsAltersgruppen des Erwerbspersonenpotenzials unterschiedliche Veränderungen absehbar (vgl. Abbildung 15).

      Für die Unternehmen bedeutet dies, dass der Anteil der älteren ErwerbstätigenAnteil der älteren Erwerbstätigen in den Belegschaften zukünftig ansteigen wird. So waren im Jahr 2018 25% der Mitarbeiter zwischen 30 Jahren und 44 Jahren alt, 31% der Mitarbeiter zwischen 45 Jahren und 59 Jahren und 22% der Mitarbeiter zwischen 60 und 74 Jahren alt. Bis zum Jahr 2050 wird sich die Altersstruktur der Erwerbstätigen vermutlich derart verschieben, dass der Anteil der jungen Mitarbeiter zwischen 15 Jahren und 29 Jahren bei 22% stagniert, der Anteil der 30-Jährigen bis 44-Jährigen auf 24% sinkt und auch der Anteil der 45-Jährigen bis 59-Jährigen auf 27% zurückgeht. Demgegenüber wird sich der Anteil der 60-Jährigen bis 74-Jährigen auf 27% erhöhen (vgl. Abbildung 15; vgl. BIB 2019: Demografie-portal: Erwerbsbevölkerung).

      Die Unternehmen müssen also zukünftig mit insgesamt älteren Belegschaften genauso leistungs- und wettbewerbsfähig sein, wie heute mit ihren jüngeren Mitarbeitern. Das wird nicht einfach, zumal noch nicht absehbar ist, ob mit einer älter werdenden Belegschaft auch die Kosten für Krankheit und Fehlzeiten ansteigen werden. Zwar werden ältere Mitarbeiter nicht häufiger krank als ihre jüngeren Kollegen, allerdings brauchen die Älteren im Durchschnitt mehr Zeit, bis sie wieder arbeitsfähig sind (vgl. Moschhäuser 2001, S. 27 f.). Früher wurden ältere Mitarbeiter häufiger weit vor Eintritt in das Rentenalter (65 Jahre) in die Altersteilzeit oder den Vorruhestand geschickt. Heute und in Zukunft werden sich die Unternehmen diese vorzeitige Trennung von älteren Mitarbeitern aufgrund des schrumpfenden Erwerbspersonenpotenzials nicht mehr leisten können. Vielmehr gilt es, die Qualifikationen