Die achtsame Schule - Praxisbuch. Daniel Rechtschaffen

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Название Die achtsame Schule - Praxisbuch
Автор произведения Daniel Rechtschaffen
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783867812238



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braucht unser zerstreuter Geist einen Fokus, oft ist es der Atem, um uns neu auszurichten.

      Anfangs bleibt unser Geist vielleicht nur 25 Prozent der Zeit beim Objekt unserer Aufmerksamkeit, 75 Prozent ist er in Gedanken verloren. Mit Konsequenz und Durchhaltevermögen verschiebt sich das Verhältnis Konzentration – Ablenkung auf etwa 50:50 und irgendwann gelingt es uns dann, unsere Aufmerksamkeit mindestens 75 Prozent der Zeit auf dem gewählten Objekt zu halten.

      Sobald wir den Aufmerksamkeitsmuskel gekräftigt haben, besteht der nächste Schritt in unserer Praxis darin, uns nicht mehr auf nur ein Objekt zu konzentrieren, sondern zu öffnen und in den Strom des Bewusstseins einzutreten. Das können wir gleich jetzt versuchen. Suchen Sie sich irgendetwas in Ihrem Blickfeld und sehen Sie es eine Minute lang an. Öffnen Sie dann Ihren Blick so, dass Sie alles gleichzeitig wahrnehmen – eine Art Wegtreten, nur dass wir es ganz bewusst tun. Wir nehmen wahr, dass das ursprüngliche Objekt noch da ist, doch nun als Teil einer größeren Landschaft. Zuerst entwickeln wir unsere Aufmerksamkeit an einem Objekt, auf das wir unseren Fokus richten, dann lernen wir die Kunst, uns für ein größeres Feld des Bewusstseins zu öffnen, das Atem, Klang, Gefühle und Gedanken in sich trägt; unser Fokus weitet sich, so dass wir alles zugleich aufnehmen können.

      Die Übung beschließen

      Das Ende unserer Übung muss nicht das Ende unserer Achtsamkeit bedeuten. Wir können achtsam unsere Augen öffnen, achtsam Nachrichten auf unserem Handy checken, was immer wir tun, können wir auch achtsam tun. So gewinnt unsere Praxis eine Kontinuität, die uns von unserem Sitzplatz direkt in jede Ecke und jeden Winkel unseres Lebens führt.

      Bitte bringen Sie am Ende Ihrer Praxis allem, was sich während der Übungszeit gezeigt hat, Wertschätzung entgegen. Eine erfolgreiche Praxis misst man nicht daran, wie gelassen wir waren oder wie wenige Gedanken wir hatten. Wenn es ein Maß für unseren Fortschritt gibt, dann besteht er darin, wie offen und empathisch wir dem begegnen, was im Feld unseres Bewusstseins zu Tage tritt. Am Ende der Praxis danken wir jedem Besucher, der unser Bewusstsein betreten hat, ob es sich nun um Wut, Angst, Frieden oder Freude handelt. Würdigen wir unsere Fähigkeit, präsent und offen zu bleiben, demgegenüber was ist. Dann beschließen wir, den Rest des Tages in dieser interessierten, empathischen Präsenz zu verweilen.

      Arbeitsblatt:

       Eine Achtsamkeitspraxis aufbauen

      Dieses Praxisbuch verlangt tatsächlich einiges an Arbeit von uns. Um unseren Aufmerksamkeitsmuskel zu trainieren und Mitgefühl zu entwickeln, müssen wir uns verpflichten den Boden zu nähren, damit der Samen wachsen kann. Zu diesem Zweck begeben wir uns auf eine fünfwöchige Achtsamkeitsreise. Keine Sorge, es handelt sich nicht um enorme Verpflichtungen, die Ihnen den Umstand, dass sie dieses Buch je zur Hand genommen haben, ein für alle Mal vergällt. Wir entwickeln ein Übungsschema, das für uns persönlich angenehm und machbar ist. Wir beobachten, welche Auswirkungen die Übungen auf uns haben; die meisten Leute finden, dass Sie – zumindest gefühlt – mehr Zeit haben und weniger gestresst sind, wenn Sie sich Zeit für Achtsamkeit nehmen.

      Sie haben die Kapitel Beginnen wir mit uns selbst bis zu dieser Stelle gelesen. Das fünfwöchige Programm, das ich hier vorstelle, beinhaltet fünf Übungen, die Sie jeweils eine Woche lang mindestens einmal täglich üben, das kann einmal täglich für die Dauer von 10 Minuten sein oder auch 40 Minuten zweimal täglich, auf die Sie langsam hinarbeiten, was Ihnen eben mehr entspricht.

Woche eins:Körperkompetenz: Tiefe Entspannung
Woche zwei:Geistige Kompetenz: Fokus-Muskel
Woche drei:Emotionale Kompetenz: Mitfühlendes Herz
Woche vier:Soziale Kompetenz: Kommunikationsfähigkeit
Woche fünf:Globale Kompetenz: Natur-Bewusstsein

      Eine Achtsamkeitspraxis aufbauen

      Zu welcher täglichen Mindest-Sitzzeit verpflichten Sie sich und zu welcher Tageszeit werden Sie üben?

      Wo wird Ihr achtsamer Sitzplatz sein und wie werden Sie ihn gestalten?

      Welche Sitzhaltung eignet sich am besten für Sie und welches Kissen/ welchen Stuhl werden Sie benützen?

      Welche Intention hegen Sie für Ihre Praxis? Was erhoffen Sie sich von Ihrer Praxis?

      Was könnte Ihnen beim Erreichen Ihres Zieles in die Quere kommen, wie zum Beispiel Langeweile oder Menschen, die Sie stören?

      Was brauchen Sie, um diese Hindernisse zu überwinden?

      Wer könnte Ihre Verbündeten sein? (Das könnten Freunde sein, mit denen Sie gemeinsam sitzen, aber auch Mentorinnen, die Sie sich vor Ihr geistiges Auge rufen.)

      Achtsamkeits-Empfehlungen von Lehrern

       Achtsamkeitszentrierte und sozial-emotionale Lerngruppemit Linda Lantieri und Daniel Rechtschaffen

      Anmerkungen von Teilnehmenden:

      Etwas, das Sie regelmäßig tun, um Ihr Innenleben zu stärken

      • Spazierengehen, insbesondere Spaziergänge ohne Plan und Ziel.

      • Meine vorrangige Achtsamkeitspraxis besteht im Moment aus Gartenarbeit und Trimmen der Rosen.

      • Ich verbringe Zeit mit meinem Hund in der Natur.

      • Das Klassenzimmer achtsam gestalten. Einige wenige Minuten achtsames Sitzen, bevor die Kinder eintreffen.

      • Ich praktiziere Achtsamkeit gerne in der U-Bahn.

      • Ich habe eine Dankbarkeitspraxis, die ich zusammen mit einer Freundin mache. Wir teilen einander jeden Tag mit, wofür wir dankbar sind.

      • Ich genieße die innigen und herzlichen Momente des Tages bewusst – zum Beispiel, wenn ich meinen fünfjährigen Sohn ins Bett bringe. Dieser Augenblick ist süß und besonders und wenn mein Geist hektisch wird, denke ich daran zurück.

      • Einfaches aber köstliches Essen zubereiten.

      • Ich nutze den Weg zur Arbeit, um achtsam zu sein. Ich achte auf meine Umgebung, ich höre ganz bewusst die Geräusche um mich herum, statt Radio zu hören.

      • Ich nehme die Momente, in denen ich mit anderen interagiere, bewusst wahr, genieße die Verbindung, selbst wenn es sich nur um eine E-mail handelt.

      • Ich komme früher zu Arbeit, mache mir eine Tasse Tee und lese ein Zitat aus einem inspirierenden Buch. Das motiviert mich, meinen Tag positiv zu beginnen.

      • Nach der Sportschau habe ich meinen Fernseher ausgesteckt und in den Schrank gestellt, und jetzt merke ich, wie ich mich frage – also, was soll ich tun? Ich streichle die Katze mehr. Ich habe wieder angefangen jeden Abend Gitarre zu spielen. Und ich schätze diese Langsamkeit.

      • Ich lebe auf einer Farm. In der Nähe meiner Tiere zu sein, bringt mich in den gegenwärtigen Moment.

      • Wenn ich ein Gebäude betrete, nehme ich bewusst wahr, wo ich mich befinde und ich bin aufmerksam. Ich nehme den Übergang von draußen nach drinnen wahr. Das tue ich jeden Morgen, wenn ich in die Schule komme. Dann wieder, am Ende meines Arbeitstages. Ich trete ins Freie und nehme den Unterschied wahr. Bei jedem Übergang, halte ich einen Augenblick lang inne, um zu sein, wo ich bin.

      • Ich habe Freude daran, wie sich mein Körper anfühlt, wenn ich morgens aufwache. Ich nehme die Vibrationen wahr, ich strecke mich langsam und nehme mir Zeit, um in meinem Körper anzukommen.

      • Wenn ich nach Hause komme, sitze ich einige Minuten lang im Auto, ich nehme einige tiefe Atemzüge und denke über meinen Tag nach … und das erdet mich, bevor ich meinen Tag beschließe.

      Die Kunst der Introspektion

      Im folgenden lade ich Sie ein, die Kunst der Introspektion zu erlernen, um Ihren Schülern und Schülerinnen durch Ihre eigene emotionale Reife ein gutes Beispiel zu sein. Wenn ich mit den Kindern über emotionale Intelligenz spreche, frage ich sie oft: „Habt ihr je etwas