Chronik von Eden. D.J. Franzen

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Название Chronik von Eden
Автор произведения D.J. Franzen
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783957771285



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die Vorhut der kleinen Gruppe. Mit ihren ausgreifenden Schritten legte sie ein enormes Tempo vor, dem Pfarrer Stark mit seiner schweren Ausrüstung kaum folgen konnte. Sie hatten beschlossen, dass er ihre Nachhut bilden sollte, weil er von ihnen am besten ausgerüstet war. Frank hielt sich in der Mitte und versuchte krampfhaft, den Anschluss an Sandra nicht zu verlieren und gleichzeitig den Pfarrer nicht abzuhängen. Frank und Sandra trugen die beiden Trekkingrucksäcke, in die sie so viel an Konserven und Trinkwasser aus den erbeuteten Vorräten des Pfarrers gepackt hatten, wie eben hineinpasste. Stark hatte einen etwas kleineren Rucksack, der für Medikamente und Erste-Hilfe-Material vorgesehen war, sollten sie welches finden.

      Sie befanden sich etwa auf der Mitte der Brücke, als die ersten Regentropfen schwer auf sie niederprasselten. Der war endgültig mit dunklen Wolken zugezogen. Ein unangenehmer Wind blies über die Brücke. Er brachte einen süßlichen Duft mit, der Frank würgen ließ. Irgendwie war er stärker geworden. Über ganz Köln hing dieser Geruch, aber Frank hatte ihn bisher noch nie so intensiv wahrgenommen.

      »Sobald dieser Geruch stärker wird, droht Gefahr«, brummte Stark hinter ihm. »Das ist der Hauch des Bösen, der Geruch der Zombies.«

      »Quatsch«, rief Sandra über die Schulter, ohne dabei langsamer zu werden. »Seht in den Rhein, dann wisst ihr, warum es hier so stinkt.«

      Frank blieb stehen und sah über das Geländer der Südbrücke. Der Rhein trug Niedrigwasser, was zu dieser Jahreszeit sehr ungewöhnlich war. In der schmalen Fahrrinne trieben Körper. Und das keineswegs leblos. Sie zappelten, griffen nach oben und wurden von der Strömung unter der Brücke weggetragen. Wieviele von diesen Dingern waren das? Er sah den Fluss entlang in Richtung Deutzer Brücke. Es waren Massen von Untoten, die den Rhein hinuntertrieben. Ein leises Murmeln erklang hinter ihm. Frank wandte sich um und sah Pfarrer Stark, der einen Segen über die Kreaturen im Rhein sprach.

      »Was machen die alle dort unten?«, fragte Frank, nachdem Stark mit einem Amen geendet hatte.

      »Der Rhein hat in ihrem Leben eine wichtige Rolle gespielt, mein Sohn. Er teilt die Stadt in zwei Hälften. Die eine ist ein mehr oder weniger reines Wohngebiet, die andere ist für den Konsum.«

      »Aber warum nehmen sie denn nicht eine der Brücken?«

      »Ich weiß es nicht. Vielleicht macht sie ihre Suche nach den schönen Dingen ihres alten Lebens blind? Vielleicht rufen auf der anderen Rheinseite aber auch andere Kräfte nach ihnen, und sie folgen diesem Ruf blindlings.«

      »Sie glauben also auch nicht, dass diese Dinger lernen können, oder?«

      Stark neigte den Kopf zur Seite.

      »Ich weiß es nicht, mein Sohn.«

      »Kommt ihr jetzt endlich, oder wollt ihr noch eine Weile die schöne Aussicht genießen?«

      Die beiden sahen zum Ende der Brücke. Sandra stand dort schon fast unter dem letzten Bogen, die Fäuste in die Hüften gestemmt. Frank und Stark sahen sich kurz an, dann machten sie sich auf den Weg. Plötzlich winkte Sandra hektisch. Frank runzelte die Stirn.

      »Ist ja gut, wir kommen schon«, brummte er verdrossen.

      Sandras Gesten wurden immer hektischer. Warum rief sie denn nicht? Frank wandte sich zu Stark um, der so nah hinter ihm ging, dass er ihren bisherigen Weg nicht erkennen konnte.

      »Wissen Sie, was sie will?«

      »Nein.«

      Frank wandte sich wieder nach vorne, als eine Windböe einen intensiven Schwall süßlich fauler Luft mitbrachte. In diesem Moment sah er, wie Sandra hektisch auf ihn und Stark deutete und ihre Waffe zog. Frank wirbelte herum, stieß den Pfarrer zur Seite, sah die Brücke entlang … und erstarrte.

      Eine riesige Horde Zombies kam auf sie zu, nutzte sowohl den Gehweg als auch die Gleise der Brücke. Sie waren schnell. Ungewöhnlich schnell. Sie rannten zwar nicht, aber sie schlurften auch nicht so über die Brücke, wie es normale Zombies tun sollten. Die Horde wirkte eher wie eine Truppe von Soldaten auf dem Weg durch besetztes Gebiet. Langsam, unaufhaltsam und zu allem entschlossen. Und an ihrer Spitze marschierte sein spezieller Freund mit dem Hausmeisterhütchen. Noch waren sie erst am anderen Ende der Brücke. Auch Stark bemerkte endlich, was da hinter ihnen los war.

      »Allmächtiger!«

      »Keine Zeit für fromme Gebete. Laufen ist jetzt die bessere Alternative«, sagte Frank mit einem letzten Blick auf die Horde und trabte los. Keuchend kam er bei Sandra an.

      »Ich habe noch deine Handgranaten«, brachte Frank atemlos hervor. Stark schloss schnaufend zu ihnen auf.

      »Das wäre eine Möglichkeit«, sagte Sandra. »Aber wir riskieren damit, die Brücke so stark zu beschädigen, dass wir uns unseren einzigen Rückweg selber abschneiden.«

      »Sie hat recht«, sagte Stark schwer atmend. Der Regen wurde allmählich stärker. Es blitzte. Ohne ein weiteres Wort ging Sandra zu einer Treppe, die von der Brücke hinunter führte. Frank und Stark folgten ihr. Donner rollte über die leere Stadt.

      »Laufen oder Haken schlagen?«, fragte Frank, als sie unten angekommen waren. Er hatte keine Lust zu streiten und überließ Sandra die Führung. Sie sah die Uferstraße in Richtung Innenstadt entlang und deutete auf einen schmalen Weg mitten zwischen üppig wucherndem Grün.

      »Da lang. Da können wir beides und sind erstmal außer Sicht.«

      Die Drei liefen quer über die Uferstraße, wichen liegengebliebenen Fahrzeugen und anderem Müll aus. Dann erreichten sie den Weg. Ohne innezuhalten, lief Sandra weiter, hieb im Laufen herabhängende Äste und in den Weg gewucherte Büsche zur Seite. Frank riskierte einen Blick zurück. Die Armee der Untoten hatte die Brücke knapp zur Hälfte überquert. Immer noch haftete ihr eine Aura des Unausweichlichen an. Sie rannten nicht, sie torkelten nicht … sie marschierten einfach stumm weiter. Und es waren mehr als noch kurz zuvor. Es sah beinahe so aus, als würden alle rechtsrheinischen Zombies aus ihren Löchern kriechen, um sie zu jagen. Notfalls quer durch die Stadt, wo sie weitere Verstärkung erhalten würden. Ein weiterer Blitz zuckte über den Himmel, dem ein kräftiger Donner umgehend folgte. Frank wandte sich ab und lief Sandra und Pfarrer Stark hinterher.

      Sie folgten dem Weg, der durch eine kleine Parkanlage führte. Dann kamen sie an einen Spielplatz. Sandra blieb stehen und sah sich um. Frank dankte ihr im Geiste und stützte sich schwer atmend mit den Händen auf den Knien ab. Auch Stark zeigte erste Probleme mit der Kondition. Sandra atmete nur etwas schneller, schien aber sonst noch fit zu sein. Sie waren alle nass bis auf die Knochen. Eine ganze Batterie von Blitzen zuckte über den tiefdunklen Himmel, einer heller als der andere, und der Donner rollte wie ein himmlisches Artilleriesperrfeuer in rascher Folge über sie hinweg.

      »Wir müssen irgendwo Schutz suchen«, sagte sie zwischen zwei himmlischen Paukenschlägen. »Die Frage ist nur, wo.«

      »Die Häuser dort?«, fragte Frank.

      »Zu unsicher«, brummte Stark. »Wir wissen nicht, wer oder was da noch lebt.«

      »Und die Straßen sind total zugeparkt und vermüllt«, sagte Sandra. »Wir haben also die Wahl zwischen Pest und Cholera. Entweder weiter bei diesem Unwetter zwischen den Autos herumturnen, oder versuchen in einem Haus Schutz zu finden, ohne die Bewohner zu wecken.«

      Frank richtete sich auf, fuhr sich mit einer Hand durch das Gesicht ... und wurde plötzlich zur Seite gerissen. Er roch Fäulnis und spürte kalte Klauen, die sich in sein Gesicht krallen wollten. Ein unbeherrschter Laut der kreatürlichen Angst raste haltlos seinen Hals hoch. Noch im Fallen versuchte er, sich aus dem Griff des Zombies zu winden.

      »NEHMTESWEGVONMIRNEHMTESWEGNEHMTESWEG«

      »Dreh dich um! Pack seinen Kopf!«

      Sandra hatte gut reden! Das Ding, das da auf seiner linken Seite lag, drückte seinen rechten Arm auf den Boden.

      »So helft mir doch! HELFT MIR!«

      Etwas zerrte an dem Ding, das Gewicht auf Franks Seite wurde leichter. Er drehte sich auf den Rücken. Stark hatte den Zombie von ihm heruntergerissen, doch der Untote