Название | Eva sieht rot |
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Автор произведения | Liza Cody |
Жанр | Зарубежные детективы |
Серия | |
Издательство | Зарубежные детективы |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783867548861 |
Da kann er warten, bis er schwarz wird, weil ich mir nämlich keine Blöße geben werde.
Dann nahm ich mir Lineker vor, der schlanker und schneller ist als Ramses. Er hat eine lange, schmale Schnauze und kurzes, drahtiges Fell, das wie der Lack eines nagelneuen Autos glänzt. »Halt still, du Haigesicht«, knurrte ich, weil er nicht so geduldig wie Ramses ist. Er hat einen kleineren Kopf und ein kleineres Hirn, und er kann sich nicht so gut konzentrieren. Aber er lässt sich herrlich striegeln.
Die beiden sind meine Werkzeuge, und sein Werkzeug muss man gut in Schuss halten, das wird dir jeder bestätigen können. Ramses und Lineker sind in Topform. Genau wie ich.
»Aber nur so lange, wie du auf der Hut bist«, hörte ich Ramses sagen, und er sah mich mit seinen stählernen Knopfaugen an.
Die Sache mit den Ellenbogen ist die: Wenn sie einmal wehtun, dann tun sie richtig weh. Mein Ellenbogen war wieder angeschwollen. Es musste wohl die Hantel gewesen sein, obwohl ich es im Training gar nicht bemerkt hatte. Aber jetzt konnte ich es nicht mehr übersehen.
Im Hänger setzte ich Wasser auf. Zuerst machte ich mir einen Tee, denn im Leben musst du immer die richtigen Prioritäten setzen. Dann hängte ich den Ellenbogen in eine Schüssel mit heißem Wasser und besah mir den Bluterguss, wo Gypsy Jo mich mit ihrem Stiefel erwischt hatte.
»Heißes Wasser«, sagt Harsh. »Die Venen und Kapillargefäße müssen sich weit öffnen. Die Verletzung muss gut durchblutet werden. Dein Blut muss die Gifte herausspülen.«
Wobei ich an Dawn denken musste, die totgetrampelt worden war. Um ihre Zirkulation wieder in Gang zu bringen, reichte eine Schüssel mit heißem Wasser nicht mehr.
Meine Ma ist mal von einem Macker getreten worden, bis ihre Beine grün und blau waren. Also ist sie in den nächsten Schnapsladen gehinkt, um sich ein paar Flaschen gegen die Schmerzen zu holen. Und den durchgedrehten Macker wollte sie damit auch gleich besänftigen. Aber als sie wieder nach Hause kam, war ihr Freund verduftet, also hat sie sich hingesetzt und ihre Schmerzen allein ersäuft. Aber während sie trank, rauchte sie auch, und je mehr sie rauchte, desto mehr trank sie. Und wie es so geht, wenn man säuft und raucht, dauerte es gar nicht lange, bis sie einnickte und ihr die brennende Zigarette ins Sofa fiel. Erst kokelte die Kippe, dann kokelte das Sofa, und das Polster kokelte ebenfalls. Bald kokelte auch das Kleid meiner Mutter.
Woher ich das weiß? Weil ich’s gerochen habe, daher. Aus dem Schrank unter der Treppe, wo meine Ma meine Schwester und mich jedes Mal eingesperrt hat, wenn sie bumsen oder sich prügeln wollte – oder beides. Sie steckte uns in den Schrank unter der Treppe und drehte den Schlüssel rum, und dann machte sie das, was wir nicht sehen sollten.
Es war dunkel im Schrank. Man baut keine Schränke mit Fenstern. Wir wussten nicht, wie spät es war. Wir saßen schon so lange in dem Schrank. Simone war eingeschlafen. Sie ist immer eingeschlafen, wenn sie Angst hatte. Und sie hatte deshalb Angst, weil wir zwar nicht sehen konnten, was unsere Ma trieb, aber hören. Und wir hörten jeden einzelnen blaugrünen Bluterguss auf den Beinen meiner Ma mit.
Du meinst, Blutergüsse kann man nicht hören? Glaub mir, man kann.
Ich roch den Rauch. Ich war damals noch ziemlich jung und dumm, aber ich wusste immerhin schon, dass Rauch Feuer bedeutet. Ich weckte Simone auf, und wir fingen an zu schreien und zu weinen und an die Schranktür zu hämmern.
Keiner hörte uns. Ma wachte nicht auf, und wir kriegten schon fast keine Luft mehr. Wir waren zu klein, um die Tür aufzubrechen, und zu schwach, um ein Loch in die Treppe über uns zu machen. Also taten wir das, was alle kleinen, schwachen Leute machen – wir schrien und weinten und machten uns in die Hose. Und Ma ist nicht aufgewacht. Wie denn auch? Sie war sternhagelvoll und hatte uns schon vorher total vergessen gehabt.
Siehst du? Um ein Haar hätte es keine Eva gegeben, keine Armour Protection, keine Londoner Killerqueen, und alles nur wegen ein paar Blutergüssen. Wenn du meinst, Blutergüsse könnten nicht töten, liegst du schief. Ich weiß es besser. Genau wie Dawn.
Ich sah mir den Bluterguss an meinem Ellenbogen an und spielte mit dem Gedanken, mir eine Tätowierung machen zu lassen, einen rot-grünen Drachen, der sich an meinem Arm runterschlängelte. Oder rauf. Wie rum wäre es besser? Wenn er den Kopf oben hätte, sähe es aus, als ob er mir auf die Schulter klettern wollte, was in Ordnung ging, solange ich nackte Schultern hatte. Aber wenn ich ein Hemd anhatte, würde es so aussehen, als ob er mir in den Ärmel kroch. Ein Drache mit dem Kopf am Handgelenk würde so aussehen, als ob er sich verdrücken wollte. Ich musste an Ratten denken und an sinkende Schiffe. Ratten. Ich habe noch nie jemanden mit einer Rattentätowierung gesehen, aber vielleicht würden Ratten sogar noch besser zur Londoner Killerqueen passen als Drachen.
Ich stellte mir einen Kampf vor. Ich, in meinem schwarzen Kostüm, mit drei tätowierten Ratten auf dem linken Arm. Nur auf dem linken. Das hätte mehr Klasse als Tätowierungen auf beiden Armen. Drei Ratten – eine auf dem Deltamuskel, eine auf dem Bizeps und eine auf dem Unterarm. Weil die drei Ratten nicht alle in dieselbe Richtung blicken würden, wäre auch das Problem gelöst, ob sie kamen oder gingen.
Manchmal kommen mir solche Ideen. Ich bin viel kreativer, als die meisten Leute denken.
Mittlerweile war das Wasser kalt geworden, und ich hatte Kohldampf. Aber ich hatte mal wieder nichts eingekauft. Ich würde gern eine Pille erfinden, die du immer dann einwerfen kannst, wenn du vergessen hast, einkaufen zu gehen. Im Magen würde sie auf die Größe einer anständigen Mahlzeit anschwellen und du hättest zwölf Stunden keinen Hunger mehr. Das ist das Blöde mit dem Essen – du musst Massen davon kaufen, wenn du satt werden willst. Und wenn du endlich satt bist, hast du meistens schon zu viel gegessen. Und wenn du zu viel gegessen hast, wirst du dick. Und wenn du dick wirst, beult sich das schwarz Kostüm an den falschen Stellen aus, und das Publikum schmeißt dir noch wüstere Beleidigungen an den Kopf. Wenn es dich zum Beispiel »Kampfschwein« nennt, heißt du dann auf einmal »Kampfschwein mit Saftarsch«. Was nicht sehr schön wäre. Aber ich bin groß und kräftig, und wenn ich nicht genug esse, kriege ich Hunger. Was auch nicht sehr angenehm ist.
Tätowierte Ratten würden alle Blicke auf sich ziehen. Alle würden nur noch auf die Ratten sehen und vergessen, wie groß mein Arsch ist. Obwohl mir mein Arsch eigentlich keine Sorgen macht. Schon eher die Bauchmuskeln. Hängebauchkampfschwein.
Das Leben kann manchmal ganz schön schwierig sein.
Aber es wird nicht leichter dadurch, dass man auf dem Arsch sitzt und den Ellenbogen in eine Schüssel mit kaltem Wasser hängt, also trocknete ich mich ab und ging nach draußen. Ich nahm eine Taschenlampe mit und einen von den großen Hundekuchen, mit denen ich ab und zu Ramses und Lineker verwöhne, und ging los, um den Zaun zu überprüfen.
Ein böser Fehler.
Crystal tauchte wie ein Kobold hinter einem geparkten Auto auf und sagte: »Wo hast du gesteckt, Eva? Ich warte schon seit Stunden.«
»Verpiss dich, du Zwerg«, sagte ich. »Hast du für einen Tag nicht schon genug angerichtet?«
»Wir hätten nicht ins Studio kommen sollen«, sagte sie und kratzte sich den Lockenkopf. »Das war mir sofort klar.«
»Du hast es erfasst«, sagte ich. »Ich will nichts mehr mit euch zu schaffen haben.«
»Wir brauchen einfach eigene Räume«, sagte sie, als ob ich den Mund nicht aufgemacht hätte. »Also habe ich uns Räume besorgt«, sagte sie. »Komm mit und schau sie dir an.«
»Hast du Bohnen in den Ohren?«, sagte ich. »Ihr könnt euch den Job in die Haare schmieren.«
»Was machst du da? Knabberst du einen Hundekuchen?«, fragte sie.