Beckett bei Karl Valentin. Ingo Fessmann

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Название Beckett bei Karl Valentin
Автор произведения Ingo Fessmann
Жанр Современная зарубежная литература
Серия
Издательство Современная зарубежная литература
Год выпуска 0
isbn 9783866743120



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      INGO FESSMANN

       Beckett bei Karl Valentin

      Von unglaublichen Begegnungen

      Ingo Fessmann,

      Jahrgang 1941, war viele Jahre lang in leitender Stellung in der Berliner Kulturverwaltung tätig und arbeitet heute als Rechtsanwalt. Die Nähe zu Kunst und Kultur ist ihm hierbei beruflich wie privat geblieben. Seit 1999 ist er geschäfts führender Direktor des Literarischen Colloquiums in Berlin.

      Inhalt

       Cover

       Titel

       Zum Autor

       Vorwort

       »Really crazy« – Samuel Beckett und Karl Valentin

       Faszination des Fliegens – Franz Kafka und Gabriele D’ Annunzio

       Adel verpflichtet – Virginia Woolf und Winston Churchill

       Man lernt nur von Künstlern – Vincent van Gogh und Max Liebermann

       Engel oder Hexe? – Elisabeth Bergner und Wilhelm Lehmbruck

       Bilder in Bewegung – Dante und Giotto

       Das Geheimnis der Liebe – Simone de Beauvoir und Brigitte Bardot

       Kapriolen des Wahns – Nietzsche und Cosima Wagner

       Gemeinsam gegen Napoleon – Caspar David Friedrich und Heinrich von Kleist

       Schwärmerei, auch Kritik? – Bettina von Arnim und Goethe

       Friendship itself – Bertolt Brecht und Charles Laughton

       Die Entdeckung der Empfindsamkeit – Goethe und Mozart

       Impressum

       Fußnoten

      SAMUEL Beckett und Karl Valentin, Vincent van Gogh und Max Liebermann, Franz Kafka und Gabriele D’Annunzio, Virginia Woolf und Winston Churchill – die in diesem Band geschilderten Verbindungen erscheinen zumindest auf den ersten Blick überraschend. Es sind Beziehungen ganz eigener Art, von denen manche kaum bekannt geworden sind und mehr oder weniger unwahrscheinlich anmuten. Ich selbst bin immer wieder erstaunt gewesen, welche Konstellationen während meiner Recherche zutage getreten sind, welche Fakten und Erkenntnisse, mit denen zuvor nicht zu rechnen war.

      Ein geradezu frappantes Beispiel dafür ist der vergebliche Versuch Vincent van Goghs, Max Liebermann zu treffen. Dass van Gogh einmal an Liebermann geschrieben hat, um einen Besuch bei ihm zu vereinbaren, dürfte schon ungewöhnlich genug sein, mag aber noch zu den Dingen gehören, die zumindest Experten nicht verwundern. Doch dass er sich kurz darauf, ohne eine Antwort abzuwarten, in die Eisenbahn setzte, um zu Liebermann zu fahren, den er noch in dessen Ferienort vermutete, und dass er in dem kleinen holländischen Dorf Zweelo genau jenen Garten aufsuchte und jenen Apfelbaum zeichnete, den er kurz zuvor im Katalog zu einer Pariser Ausstellung auf einem der bedeutendsten Gemälde Liebermanns gesehen hatte, erscheint gleich in doppelter Hinsicht »unglaublich«.

      Die nachstehend abgedruckten zwölf Texte sind deshalb auch alle von der Idee geleitet, an Hand einzelner Personen und vor allem an Hand der Beziehungen, in denen sie zueinander gestanden haben, ein Stück (Kultur-)Geschichte einzufangen. Immer geht es dabei um Menschen, die zum Kanon unserer historisch oder künstlerisch herausragenden Personen zählen. Und immer soll an Hand der hier verhandelten Beispiele möglichst mehr aufgezeigt werden als nur ein weiterer Aspekt im jeweiligen geistig-künstlerischen Profil der Akteure.

      Um die Texte stärker miteinander zu verknüpfen, war zunächst daran gedacht, sie chronologisch zu ordnen. Das nähme ihnen jedoch viel von dem Neuen und Überraschenden, das in der betreffenden Personen-Konstellation liegt. Im übrigen wäre dann konsequenterweise mit dem frühesten Duo, mit Giotto/​Dante, zu beginnen (um das Jahr 1300 herum), was indes nicht so recht passte, zumal die von mir zu Dante und Giotto entwickelten Thesen manchem Leser vielleicht als zu gewagt erscheinen werden. So verbindet diese Texte vielmehr das Außergewöhnliche, das diesen Begegnungen eignet.

      Hinsichtlich des Anspruchs auf »Wissenschaftlichkeit« und »Quellenlage« muss ich den Leser um Nachsicht bitten. Ersteren kann ich schon deshalb nicht einlösen, weil ich weder Historiker noch Kunstgeschichtler bin. Die hier genannten, in der betreffenden Fachliteratur entdeckten Fakten sind jedoch nach Kräften von mir geprüft bzw. hinterfragt worden. Und was schließlich die Quellen angeht, habe ich im Rahmen des mir Möglichen die jeweilige These zu belegen versucht, wobei ich mit meinen Bemühungen meist, wenn auch nicht immer, erfolgreich war.

      So hat sich zum Beispiel der Brief van Goghs an Liebermann nicht auffinden lassen, weil offenbar außer den (zahlreichen) Schreiben an seinen Bruder Theo keine anderen Briefe van Goghs mehr erhalten sind.1 In einem an Theo gerichteten Schreiben vom 2. November 1883 hat van Gogh jedoch selber von einem solchen Brief an Liebermann berichtet und vor allem auch ausführlich über seinen Besuch in Zweelo; er erwähnt darin Liebermann sogar zweimal.2

      Berlin, im November 2013

      Ingo Fessmann

      IM Winterhalbjahr 1936/​37 unternahm Samuel Beckett eine größere Deutschland-Reise, die ihn außer nach Hamburg und Berlin auch nach Dresden und München führte. Da er sich für Malerei interessierte – und hier wiederum für die deutschen Expressionisten, insbesondere für die soeben von den Nationalsozialisten mit dem Bannstrahl des Ausstellungsverbots belegten Künstler –, war er bei seinem München-Aufenthalt darauf aus, Bilder von einigen der bereits »Verfemten« zu sehen. Kurz zuvor, in Dresden, war ihm das noch gelungen, der dortige Museumsdirektor hatte ihn noch einen Blick ins Depot werfen lassen. In München warf jedoch offenbar die Ausstellung »Entartete Kunst« schon ihre Schatten voraus, so dass ihm das dort nicht mehr geglückt ist. Immerhin schaffte er es, beim Verleger Piper und bei einem weiteren Sammler einige dieser Bilder zu sehen.

      Theater und Literatur, für die man bei Beckett reges Interesse vermuten würde, standen damals hingegen kaum auf seinem Reise-Programm. Und dies, obwohl er relativ gut Deutsch sprach und sich bekanntlich später, in den 1950er Jahren, als er im Berliner Schiller-Theater einige seiner Stücke inszenierte,