Die germanische Blutsbrüderschaft. Leopold Hellmuth

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Название Die germanische Blutsbrüderschaft
Автор произведения Leopold Hellmuth
Жанр История
Серия
Издательство История
Год выпуска 0
isbn 9783964260185



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reyndi Þat, ęr riðit hafði

      móðigr á vit mín at biðia,

      hvé herglötuðr hafði fyrri

      eiðom haldit við inn unga gram.26

      Über die Umstände und das Ziel der Verbrüderung erfahren wir aus dieser Stelle nichts: es geht aus ihr nur hervor, daß die Blutmischung mit Eiden verbunden war. Die Völsunga saga und die Snorra Edda sind in dieser Hinsicht ausführlicher. Im Gegensatz zur Lokasenna wird hier jedoch eine überaus bedeutsame Einzelheit erwähnt: die Helden haben nämlich zum Zweck der Verbrüderung ihr Blut in die Spur träufeln lassen („Þit blóði i spor baðir rendot“).

      Direkte Folgen des Verhältnisses, das hier genauso wie in der Lokasenna nur umschrieben und nicht mit einem bestimmten Begriff bezeichnet wird, werden keine genannt; der Bruch der Blutsbrüderschaft erscheint jedoch als eine zutiefst verwerfliche Handlung, woraus sich die Unverletzlichkeit und Heiligkeit erahnen lassen, die der Blutsbrüderschaft normalerweise eigen waren.

       2 a) Völsunga saga

      Während im fragmentarischen Alten Sigurdlied nur rückblickend auf die Blutsbrüderschaft angespielt wird, der Bericht von ihrem Abschluß jedoch dem verlorengegangenen Teil des Liedes angehört hat, macht die Völsunga saga auch eine Situierung des Zeitpunktes und der näheren Umstände dieses Ereignisses möglich:

      Gunnar versucht, Sigurd mit allen nur möglichen Mitteln an seinem Königshof zu halten.

      Gunnar sagte: ‚Alles wollen wir dazu tun, daß du lange hier bleibst; beides, unser Reich und unsere Schwester bieten wir dir an; kein andrer würde sie bekommen, wenn er auch um sie bäte.‘

      Sigurd antwortete: ‚Habt Dank für eure Auszeichnung! Ich will es annehmen.‘27

      Nun schwören sie einander Blutsbrüderschaft:

      Þeir sveriazt nu i brędralagh, sem Þeir se sambornir brędr.28

      Im Zusammenhang mit dem geplanten Verrat an Sigurd wird mehrmals auf das zwischen ihm und Gunnar bestehende Bruderschaftsverhältnis angespielt. Als Brünhild ihren Gemahl auffordert, Sigurd zu töten, ist Gunnar zutiefst bekümmert:

      Gunnar vard nu miok hugsiukr ok Þottiz eigi vita,

      hvat hellzt la til, allz hann var i eidum vid Sigurd…29

      Darauf wendet sich Gunnar an Högni um Rat. Dieser tritt ganz entschieden gegen einen Bruch der Blutsbrüderschaft ein:

      Ecki samir ockr sęrinn at riufa med ufridi.30

      So verfällt Gunnar auf den Gedanken, Gutthorm, der an der Blutmischung nicht teilgenommen hatte und der demzufolge trotz seiner nahen Verwandtschaft für nicht gebunden gilt, zum Mord an Sigurd anzustiften:

      Eggium til Gutthorm rodur ockarnn. Hann er ungr ok fas vitande ok fyrir utan alla eida.31

      Nach der Schilderung des Bettmordes folgt wiederum Brünhilds Traum, dem Inhalt nach mit der Strophe 17 des Alten Sigurdliedes identisch. Brünhild schildert Gunnar, was sie im Traum vorausgesehen hat:

      Þat dreymde mic, Gunnar, at ek atta kalda sęng, enn Þu ridr i hendr uvinum Þinum ok aull ętt ydr man illa fara, er Þer erut eidrofa, ok mundir Þu at uglaukt er Þit blaundudut blode saman Sigurdr ok Þu, er Þu rett hann, ok hefir Þu honum allt illu launad Þat, …32

      Erst an dieser Stelle wird unmißverständlich gesagt, auf welche Weise das „broeðralag“, von dessen Eingehung in Kap. 28 berichtet worden war, geschlossen wurde: durch das Vermischen des Blutes der Beteiligten (Þit blaundudut blode saman). Dies ist übrigens ganz genau dieselbe umschreibende Wendung wie in der Lokasenna (við… blendom blóði saman). Jan DE VRIES hat darauf hingewiesen33, daß Loki den Satz, mit dem er Odin an ihren Blutbund erinnert, mit den Worten „Mantu Þat, Óðinn…“ beginnt, Brünhild im Alten Sigurdlied Gunnar mit den gleichen Worten („Mantattu, Gunnar…“) auf sein Blutsbruderverhältnis mit Sigurd verweist, und daraus den Schluß auf einen literarischen Zusammenhang der beiden Stellen gezogen. Vielleicht war im verlorenen Teil des Alten Sigurdliedes die Blutsbrüderschaftsschließung ebenfalls mit dem Ausdruck „Blut zusammenmischen“ umschrieben worden und hatte der Dichter der Lokasenna diese Worte ebenso wie die erwähnte Anredeformel aus dem – ihm noch zur Gänze bekannten – Alten Sigurdlied übernommen.

      Daß die Beteiligten ihr Blut in der Fußspur vermischten, wird von der Völsunga saga im Gegensatz zum Alten Sigurdlied nicht erwähnt. Auch sonst finden sich in ihr keine Angaben über das Ritual: „Blut zusammenmischen“ steht hier für die gesamte Institution mit allem, was sie umfaßte – und offenbar genügte dies den Zuhörern. Die Einrichtung der Blutsbrüderschaft war ihnen also nichts Fremdes, über das der Dichter sie erst hätte belehren müssen.

      Die Völsunga saga ist andererseits aber auch wieder ausführlicher als das Alte Sigurdlied, indem sie besonders hervorhebt, welcher Art das Verhältnis zwischen den Blutsbrüdern war, nämlich so, „als wenn sie von der selben Mutter geboren wären“ („sem Þeir se sambornir brędr“).

      Besonders ist zu bemerken, daß hier häufig das Wort „eiÞr“ im Zusammenhang mit der Blutsbrüderschaft verwendet wird: Gunnar ist mit Sigurd durch Eide verbunden, („hann var i eidum vid Sigurd“), Gutthorm dagegen steht außerhalb aller Eide („fyrir utan alla eida“) und dann heißt es, daß Gunnar und Högni durch ihr Verbrechen an Sigurd eidbrüchig geworden sind („Þer erut eidrofa“)34.

       2 b) Snorra Edda

      Außer im Alten Sigurdlied und der Völsunga saga wird das Blutsbrüderverhältnis Sigurds mit Gunnar und Högni auch noch in der Jüngeren Edda erwähnt, und zwar im Skáldskaparmál, Kap. 39 und 41 f. Die beiden Stellen der Snorra Edda, die sich darauf beziehen, bringen allerdings keine ergänzenden Angaben über das Ritual und die Natur des Bundes; aus ihnen ist viel weniger zu entnehmen als aus dem Alten Sigurdlied und der Völsunga saga. Die Angaben der Snorra Edda können nur als Bestätigung des dort Gesagten angesehen werden.

      Nachdem Sigurd lange Zeit am Hofe der Burgunden verbracht hat, schwört er mit Gunnar und Högni Brudereide:

      Sigurðr reið Þadan ok kom til Þess konungs, er Gjúki hét:

      konar hans er nefnd Grímhildr; b

rn Þeira varu Þau

      Gunnarr, H

gni, Guðrún, Guðny; Gutthorm var stjúpson Gjúka.

      Þar dvalðisk Sigurðr langa hrið; Þá fekk hann Gurúnar Gjúkadóttur,

      en Gunnar ok H

gni sórusk í brœðralag við Sigurð.35

      Im Zusammenhang mit der Ermordung Sigurds wird das zwischen ihm und seinen Schwägern bestehende Bruderschaftsverhältnis noch einmal erwähnt, und zwar als direkter Grund dafür, daß Gutthorm die Tat ausführt:

      Eptir Þat eggjaði hon Gunnar ok H

gna at drepa Sigurð,

      en fyrir Því at Þeir váru eiðsvarar Sigurðar, Þá eggjuðu

      Þeir til Gotthorm, bróður sinn, at drepa Sigurð; hann

      lagði Sigurð sverði í gógnum sofanda, en er hann fekk sárit,

      Þá kastaði hann sverðinu Gram eptir honum, svá at sundr

      sneið í miðju mannin; Þar fell Sigurðr ok sonr hans

      Þrévetr, er Sigmundr hét, er Þeir drápu.36

      Genau mit dem gleichen Ausdruck wie in der Völsunga saga wird