Название | Was sie nicht umbringt |
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Автор произведения | Liza Cody |
Жанр | Ужасы и Мистика |
Серия | |
Издательство | Ужасы и Мистика |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783867548847 |
Es heißt, Bermuda Smith hat vier Frauen.
Er sieht aus wie ein Drahtkleiderbügel. Wenn er irgendwo hart durchgreifen will, muss er sich ein paar Schlägertypen besorgen. Er hat jede Menge Gold – im Gebiss.
»Hi, Eva!«, sagte er. »Was gibt’s Neues?«
Er tut immer sehr freundlich mit mir, wegen Mr. Cheng.
Ich gab ihm den Umschlag, er glotzte ihn an.
»Dann ist es wohl wieder so weit«, sagte er. Seine Miene heiterte sich aber schnell wieder auf. »He, Eva, kennst du den schon? Was ist der Unterschied zwischen einem tollwütigen Hund und einer Frau, die ihre Tage kriegt?«
»Keine Ahnung, Mr. Smith«, sagte ich.
»Lippenstift!« Er gackerte, dann kniff er den Mund zusammen und sagte: »Warte an der Bar, Eva. Bestell dir was.«
»Ich hab nicht die ganze Nacht Zeit«, sagte ich. Wenn ich für Mr. Cheng arbeite, kann ich ziemlich pampig werden.
»Immer schön cool bleiben«, sagte er. Er machte ein finsteres Gesicht und zeigte mit dem Finger auf meinen Bauchnabel. »Du kannst Cheng was ausrichten«, sagte er. »Bestell ihm, ich stehe immer noch unter Druck. Ich will Action. Bestell ihm das. Du kannst gehen.«
Ich ging an die Bar. Ich wünschte mir, Bermuda Smith würde mir eines Tages vorschlagen, in seinem Büro zu warten. Das Büro ist vollgestopft mit Spielsachen – elektrische Eisenbahnen, Autos, Feuerwehrwagen, Teddybären – sogar Puppen. Es heißt, er will verlorene Zeit aufholen.
Der Barkeeper zapfte mir ohne zu fragen ein Bier. Ich trank und sah dabei der Band auf der Bühne am anderen Ende des Kellers beim Aufbau zu. Sah aus wie ’ne Ego-Truppe. Du weißt schon: schwarzer Sänger, schwarze Musiker und drei weiße Backgroundsängerinnen. Andersrum gibt’s die auch. Ich weiß selber nicht, wieso, aber ich finde immer, so was ist was für den Arsch.
Da saß ich also und sah mir an, wie die drei weißen Frauen versuchten, ihre Mikrofone zu testen, während die Männer hinter ihnen rumstöpselten. Ich kümmerte mich um meinen eigenen Kram, aber allmählich merkte ich doch, dass ich auffiel.
Das ist nichts Ungewöhnliches. Ich bin eine sehr auffällige Erscheinung. Aber es ist lästig.
Zwei weiße Typen am Ende der Bar glotzten mich an und tuschelten hinter vorgehaltener Hand. Sie merkten, dass ich sie gesehen hatte, aber sie hörten nicht auf.
Ich kann ein bisschen fuchtig werden, wenn man mich anglotzt.
»Einmal gucken kostet ’nen Fünfer«, sagte ich. »Sonst geht nach Hause und setzt euch vor die Glotze. Ich bin hier nicht der Pausenclown.«
Darauf kriege ich eine von zwei Reaktionen – entweder sie werden verlegen, oder sie werden selber sauer. Mir kann es egal sein.
Diesmal passierte allerdings weder das eine noch das andere. Der Typ, der die größten Augen gemacht hatte, stieg von seinem Hocker und kam angeschlappt. Er zückte die Brieftasche und gab mir einen Fünfpfundschein.
Ich ließ es darauf ankommen, schnappte mir den Fünfer und widmete mich wieder meinem Bier, ohne ein Wort zu sagen. Er stand einfach nur da und sah mich an. Tja, schließlich hatte er bezahlt, also hatte er wohl das Recht dazu. Aber sauer war ich trotzdem noch.
Nach einer Weile sagte er: »Fünf Pfund die Stunde.«
»Du kannst mich mal«, sagte ich.
»Nein, das war mein voller Ernst.«
»Verpiss dich«, sagte ich. Ich sah ihn nicht mal an. Er hatte eine geschraubte Ausdrucksweise. Mit solchen Spießern wirst du locker fertig, wenn du ein bisschen grob mit ihnen umspringst. Grobheiten sind sie nicht gewöhnt.
Aber der Typ blieb stur. Er sagte: »Das Angebot war ernst gemeint.«
Ich sagte: »Bist du immer noch da?« Ich schoss ihm einen Blick zu, der ihn eigentlich vom Hocker hätte reißen müssen.
»Ich bin Bildhauer«, sagte er.
»Du bist ein Wichser.«
»Das auch«, sagte er ganz umgänglich. Du kannst über diese Spießer sagen, was du willst – sie wissen, wie man Beleidigungen wegsteckt. Das sind sie wahrscheinlich gewöhnt.
Er ließ nicht locker. »Ich mache wirklich keine Witze. Ich bin Bildhauer. Das Einzige, was mich interessiert, sind Formen. Wussten Sie, dass Sie ein außerordentlich gutes Modell abgeben würden?«
Jetzt hatte ich aber wirklich die Nase voll.
Ich sagte: »Und wusstest du, dass du eine außerordentlich gute Leiche abgeben würdest?«
Er lachte.
Der Mann hatte Nerven!
»Deine Sorte kenne ich«, sagte ich und ließ ihn an meiner Faust schnuppern. »Amüsier dich ruhig. Aber bitte nicht auf meine Kosten. Ich gebe dir fünf Minuten, mir aus den Augen zu kommen. Danach kannst du deinen Zähnen auf Wiedersehen sagen.«
Er stolperte rückwärts und sah jetzt tatsächlich ein bisschen mitgenommen aus.
In dem Augenblick kam eine von den Backgroundsängerinnen an die Bar und bestellte sich einen Brandy-Soda. Sie sah umwerfend aus – nichts als Haare und Zähne.
Ich sagte: »Wenn du ein Modell brauchst, warum fragst du sie nicht? Vielleicht fällt sie auf dich rein. Und bis dahin kannst du wieder unter den Klodeckel kriechen, unter den du gehörst.«
Der »Bildhauer« schlich sich zu seinem Kollegen am anderen Ende der Bar zurück.
Die Sängerin lächelte mich müde an und sagte: »Richtig so, gib’s ihm.« Sie hörte sich auch wie eine Spießerin an.
Der Barkeeper brachte den Brandy-Soda. Sie kippte ihn ex. Danach sah sie nicht mehr ganz so müde aus.
»Männer sind doch das Allerletzte«, sagte sie mit ihrer Kristallglasstimme und wanderte wieder zu ihrer Band rüber.
Nach dieser Geschichte schmeckte mir das Bier nicht mehr, und ich stellte mich in eine dunkle Ecke neben dem Notausgang. Es stört mich nicht, wenn ich verarscht werde, solange ich mich revanchieren kann. Aber ich wollte keinen Streit anfangen, während ich für Mr. Cheng die Runde machte, denn, und das ist klar wie Kloßbrühe, er hätte davon Wind bekommen.
Also stand ich im Dunkeln und kochte vor mich hin.
Ich war auch deshalb wütend, weil ich dem »Bildhauer« gesagt hatte, er könnte seinen Zähnen auf Wiedersehen sagen. Ich meine, wie zum Geier soll man seinen eigenen Zähnen auf Wiedersehen sagen? Mit dem Satz hatte ich mich doch als Vollidiotin abgestempelt. Wahrscheinlich machte er sich jetzt noch mit seinem Freund darüber lustig.
Ich knurrte immer noch vor mich hin, als Harry Richards mit Bermuda Smiths Plastiktüte ankam.
Harry war früher Boxer, Leichtschwergewicht. Aber das ist Jahre her. Als ich ihn kennenlernte, hatte er seine zweite Karriere als Schwergewicht beim Catchen schon fast hinter sich. Er musste immer mit einer roten Maske kämpfen, weil er so ein rundes, gutmütiges Gesicht hat, dass ihm den Bösewicht keiner abgenommen hätte.
Damals stand ich selber noch nicht im Ring. Ich war eher eine Art Mädchen für alles, habe als Ordner ausgeholfen und mich durch Anschauungsunterricht im Catchen weitergebildet.
Harry ist alt – über fünfzig auf jeden Fall–, aber er trainiert immer noch ab und zu. Er ist nicht ganz aus dem Leim gegangen. Er sieht immerhin noch so brauchbar aus, dass er bei Bermuda Smith als Rausschmeißer unterkommen konnte.
»Yo, Eva«, sagte er. Er gab mir die Tüte, die wie immer zugeklebt war. »Du siehst aus, als ob du gleich einen Anfall kriegst.
»Ich bin nicht gut drauf, Harry«, sagte ich.
»Nein?«, sagte er. »Hast du Lust, später noch mal vorbeizukommen und ein bisschen mit anzupacken?«