Was sie nicht umbringt. Liza Cody

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Название Was sie nicht umbringt
Автор произведения Liza Cody
Жанр Ужасы и Мистика
Серия
Издательство Ужасы и Мистика
Год выпуска 0
isbn 9783867548847



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man es schon mal vergessen.

      Die Bullentante klopfte schon wieder. Ich aß drei Marmeladenbrote. Ich konnte länger warten als sie, und den ganzen Tag konnte sie sich da draußen wohl kaum die Beine in den Bauch stehen.

      Als ich das nächste Mal durch die Gardine spähte, redete sie mit ein paar Arbeitern. Sie lachten. Das machte mich fuchtig.

      Ich riss die Tür auf und baute mich mit verschränkten Armen auf der Treppe auf.

      »Ja?«, sagte ich, total cool. Wahrscheinlich hätte ich noch beeindruckender gewirkt, wenn ich das letzte Marmeladenbrot schon verdrückt gehabt hätte, aber in einer Krise kann man nicht an alles denken.

      »Tut mir leid, wenn ich Sie beim Nachmittagstee störe«, sagte sie und kam näher.

      »Wie spät ist es denn?«, sagte ich.

      Sie machte ein überraschtes Gesicht, aber sie sagte: »Zwanzig nach vier.«

      Das war ein Hammer. Ich hatte verschlafen. Ich hätte eher auf zwei getippt.

      »Ich suche Eleanor Crombie«, sagte sie.

      »Wen?«

      »Eleanor Crombie. Sie haben sie gestern Abend aus dem Club mitgenommen.«

      »Ach, die«, sagte ich. So hieß Goldie also mit richtigem Namen. Passte wie die Faust aufs Auge. Sie sah aus wie eine Eleanor.

      »Und?«, sagte die Bullentante.

      »Was und?«

      »Wo ist sie?«

      »Wer will das wissen?« Ich wollte die Hände in die Hüften stemmen und mich einschüchternd in Positur werfen, aber mir kam das Marmeladenbrot dazwischen. Also aß ich es lieber.

      »Ich. Ich will das wissen«, sagte die Bullentante.

      »Pech gehabt«, sagte ich mit vollem Mund.

      Sie klopfte sich die Krümel vom Rock und sah langsam ein bisschen ungeduldig aus.

      Obwohl es nur ein Zufallstreffer gewesen war, freute ich mich so über die Krümel, dass ich einlenkte.

      »Ich weiß nicht, wo sie hin ist«, sagte ich. »Ich habe ihr aus der Patsche geholfen, aber das war es dann auch schon.«

      »Ich dachte, sie wäre ohnmächtig geworden.«

      »Die brauchte bloß ein bisschen frische Luft.«

      »Sie haben sie nicht unterwegs irgendwo abgesetzt?«

      »Hab keinen Wagen«, sagte ich brav.

      »Ist sie abgeholt worden?«

      »Keine Ahnung.« Langsam hatte ich die Nase voll. Ich biss wieder in mein Brot, sie machte wieder einen Schritt zurück. Tolles Gefühl, wenn man die Bullen rückwärts gehen lassen kann.

      »Gehen Sie da öfter hin?«, fragte sie.

      »Wohin?«

      »In den Club?«

      Die bilden sich ein, die könnten einen einfach ausquetschen, die Bullen. Sie fragen, du antwortest. Aber wenn du mal was wissen willst, musst du in die Bibliothek gehen.

      »Sehen Sie das Schild da?«, sagte ich und zeigte auf den Zaun. »Auf dem Schild steht Armour Protection. Das bin ich. Ich bin Armour Protection. In den letzten sechs Wochen ist hier auf dem Platz nicht ein Teil geklaut worden. Und wollen Sie wissen, warum?«

      »Warum?«

      »Weil ich die ganze Nacht wach bin und aufpasse. Ich treibe mich nicht öfter in Clubs rum. Kapiert?«

      »Okay, okay«, sagte sie. »Kein Grund, gleich in die Luft zu gehen.«

      »Das war nur ein kleiner Vorgeschmack.« Ich ging in den Hänger und knallte die Tür zu.

      Diesmal zog sie tatsächlich Leine. Ich beobachtete sie durch die Gardine. Sie hatte einen sehr geraden Rücken. In Uniform würde sie bestimmt toll aussehen, dachte ich. So ein Rücken in Zivil war die reinste Verschwendung.

      Mir ging es richtig gut. Die Bullen lassen einen nicht oft das letzte Wort haben. Vielleicht war die Tante noch nicht lange genug bei der Truppe.

      Aber ob es mir nun gut ging oder nicht, irgendwie musste ich die Brieftaschen loswerden. Um ein Haar wären sie bei mir gefunden worden, und das war kein berauschendes Gefühl. Also steckte ich sie in die leeren Konservenbüchsen von gestern Abend und in ein paar alte Baked-Beans-Dosen, sammelte den restlichen Abfall ein und band den Müllbeutel oben zu. Dann brachte ich die ganze Chose auf die Kippe. Ideal war es nicht, aber es musste reichen.

      Die Arbeiter auf dem Schrottplatz interessierten sich mehr für mich als sonst. Wahrscheinlich hätten sie gern gewusst, was die Bullen von mir wollten. Aber wie immer redete keiner mit mir.

      Ein Glück, dass keiner von denen über Goldie Bescheid wusste, sonst hätten sie sie bestimmt bei der Bullentante verpfiffen. Aber so, wie es war, konnte ich mir denken, was sie ihr gesagt hatten. »Nee«, hatten sie gesagt. »Eva lebt alleine. Die kriegt nie Besuch.« Und bis gestern Abend wäre es auch wahr gewesen.

      Es ist nicht gut, wenn über einen geredet wird. Ja, es ist sogar schlecht. In Bermuda Smiths Club musste jemand über mich geplaudert haben, und das Resultat war eine Bullentante vor der Tür. Das war aus zwei Gründen merkwürdig. Erstens würde aus Bermuda Smiths Club kaum einer mit der Polizei reden. Zweitens weiß kaum einer, wo ich wohne.

      Es war kein besonders großer Trost, dass die Bullen Goldie suchten und nicht mich, denn sie hatten mich gefunden, nicht Goldie.

      Ich überlegte. Ich hatte schon seit Ewigkeiten keine Bewährungsauflagen mehr, da war ich mir ganz sicher, und mir fiel auch nichts Umwerfendes ein, wofür sie mich hätten verknacken können. Ich hatte mir nichts zuschulden kommen lassen, seit ich den Job auf dem Schrottplatz angenommen hatte und in den Hänger gezogen war. Aber bei den Bullen weiß man nie. Wenn der gute Ruf erst mal hin ist, kriegt man die weiße Weste nie wieder ganz sauber.

      Ich beschloss, mich in nächster Zeit beim Brieftaschenklemmen und beim Autoausborgen besonders vorzusehen. Und ich überprüfte meine Überlebensausrüstung, weil ich sicher sein musste, dass ich mich im Notfall sofort aus dem Staub machen konnte.

      Dabei kam mir die Idee, mal wieder nach Goldie zu sehen. Sie schlief immer noch, was mir sehr recht war, denn solange sie schlief, konnte sie keine Fragen stellen, und ich konnte mich abregen und meine Übungen machen. Trotzdem hätte ich zu gern gewusst, weswegen sie gesucht wurde. Wie sie da in meinem alten Schlafsack lag, sah sie aus, als ob sie kein Wässerchen trüben könnte.

      Mit ihr hatte ich mir eine ziemliche Verantwortung aufgehalst. Ich fühlte mich irgendwie gefesselt. Ich machte vierzig Liegestütze zur Entspannung. Es wäre toll, wenn ich sie auf den Knöcheln machen könnte, wie Harsh, aber dafür sind meine Hände nicht kräftig genug. Danach kamen noch ein paar Kniebeugen und Brücken für den Rücken dran. Am schwersten fiel es mir, mich aus der Rückenlage aufzusetzen. Ich weiß auch nicht wieso, aber ich kann mir einfach keine anständigen Bauchmuskeln zulegen. Schultern, Rücken und Beine sind nicht übel, auch wenn ich das selber sage. Aber der Bauch bringt mich manchmal zur Verzweiflung. Die Bauchmuskeln sehen einfach nicht richtig aus. Vielleicht ist es ein Flüssigkeitspolster. Vielleicht esse ich zu viel. Ich sah mir mein Londoner Killerqueen-Poster an. Darauf sahen die Bauchmuskeln ziemlich ordentlich aus. Ein Glück. Mit einem Schwabbelbauch kann man kein Schwergewichtschampion sein. Na ja, das stimmt auch nicht ganz. Du solltest mal ein paar von den Männern sehen. Aber bei Männern und Frauen werden andere Maßstäbe angelegt, wenn es ums Aussehen geht. Frag mich nicht warum, aber so ist es.

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