Das Erbe der Burgherrin. Sabine Müller

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Название Das Erbe der Burgherrin
Автор произведения Sabine Müller
Жанр Историческая литература
Серия
Издательство Историческая литература
Год выпуска 0
isbn 9783957444882



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hatten sie einen Blick in die Talmulde. Dort lag eine kleine Stadt, am Zusammenfluss zweier Flüsse, die von einer Stadtmauer umschlossen wurde. Mechthild wünschte sich dorthin, um Hilfe holen zu können.

      Zwei der Räuber sammelten Feuerholz und schichteten es in der Mitte des Lagers auf. Es dauerte nicht lange, bis die Flammen munter an den Ästen flackerten und einen rauchigen, warmen Dunst verbreiteten. Arnold warf kleine Stöckchen ins Feuer, die sogleich zu brennen anfingen.

      „Geh nicht zu nah ran“, ermahnte ihn Mechthild.

      „Keine Angst, Mutter, näher kann ich nicht! Der Strick hält mich davon ab, in die Flammen zu fallen.“

      „Siehst du, Weib? Euer Strick hat auch Vorteile!“, mischte sich Smolek ein.

      „Trotzdem wäre ich lieber ohne.“

      „Wenn du heute Nacht unter mir schläfst, binde ich dir den Strick ab“, flüsterte ihr Smolek, der ganz nah an sie herangetreten war, ins Ohr.

      „Da ist mir der Strick tausend Mal lieber“, sagte Mechthild verächtlich und versuchte den schmutzigen Räuber, dessen Gesicht dunkle Bartstoppeln zierten, auf Abstand zu bekommen.

      „Smolek! Lass sie in Ruhe!“, schaltete sich Wolfgang ein.

      „Ihr gönnt mir überhaupt keinen Spaß!“

      „Nimm dir was zu essen und zu trinken und sei ruhig.“

      Der Lange reichte auch Arnold und Mechthild Wasser, Brot und Käse.

      „Wie lange fahren wir noch mit dem Wagen?“, wollte Arnold wissen.

      „Noch drei oder vier Tage. Dann sind wir an der Donau und es geht auf einem Floß weiter“, antwortete ihm Hartmut, dem der kleine Junge ein wenig leid tat.

      „Ist die Donau ein Fluss?“

      „Ja, ein ganz großer und langer.“

      „Wohin fließt die Donau?“

      „Die fließt durch viele Länder, bis sie schließlich ins Schwarze Meer mündet.“

      „Aber so weit werden wir doch nicht mit einem Floß fahren, oder?“

      „Nein, aber fast. Das letzte Stück zum Schwarzen Meer müssen wir wieder über Land.“

      „Warum heißt das Schwarze Meer so? Ist das Wasser dort schwarz?“, fragte der Junge neugierig.

      „Ich habe keine Ahnung, aber ihr werdet es bald sehen.“

      „Du nicht?“

      „Nein, Ritter Wolfgang und ich reiten zurück in unsere Heimat.“

      Sveti schaltete sich ein: „Das Schwarze Meer heißt so, weil früher viele Schiffe aus Griechenland im Winter darin versunken sind. Deshalb haben die Griechen es böses oder schwarzes Meer genannt.“

      Mechthild hatte bei Hartmuts Worten aufgehorcht. So bald schon würden die beiden Ritter sie alleine mit den Räubern lassen.

      „Wann verlasst ihr uns?“

      „Sobald ihr auf der Donau seid.“

      „Und wohin reitet ihr dann?“

      „Dorthin, wo wir herkommen. Mehr brauchst du nicht zu wissen.“

      Die Gräfin starrte vor sich hin. Noch drei oder vier Tage würde es dauern, bis sie an der Donau wären. Bis dorthin mussten sie fliehen. Sie konnten unmöglich alleine mit diesen widerlichen Räubern reisen.

      Es wurde dunkel, nur das Lagerfeuer sorgte für Licht. Die meisten Räuber saßen auf ihren Decken und erweckten den Eindruck, dass sie bald schlafen würden. Mechthild sah zu der Stelle, wo der Lange das Essen ausgepackt hatte. Der Dolch lag noch dort. Würde ihr Strick bis dorthin reichen? Sie musste es versuchen. Mechthild drehte sich zu Arnold und flüsterte ihm ins Ohr:

      „Versuche, wach zu bleiben, aber sei leise!“

      Mechthild wartete, bis alle, außer Hagen, der die erste Wache übernommen hatte, eingeschlafen waren. Hagen saß am Feuer, er hatte eine Decke um sich geschlungen und starrte in die Glut. Es dauerte nicht lange, bis er sich erhob, weil ihn ein dringendes Bedürfnis quälte. Er blickte zu den Gefangenen herüber, die scheinbar friedlich schlafend auf der Decke lagen, trat an den Rand des Lagers und nestelte seine Bruche auf.

      Mechthild erhob sich leise und bewegte sich vorsichtig auf den Dolch zu, bis der Strick mit einem Ruck an ihrem Bauch zog. Sie lehnte sich vor, doch es fehlten noch wenige fingerbreit. An der Seite sah sie einen Stock liegen, sie griff danach und zog mit dessen Hilfe den Dolch näher zu sich heran, sodass sie ihn erhaschen konnte. Schnell legte sie sich wieder auf die Decke, bevor Hagen seine Bruche festband und zu seinem Platz zurückkehrte. Mechthild zitterte. Sie hatte es geschafft! Sie spürte den kalten Griff des Messers in ihrer Hand und begann vorsichtig, damit den Strick durchzuschneiden. Es dauerte, bis sie das dicke Hanfgeflecht durchtrennt hatte. Nachdem sie es geschafft hatte, drehte sie sich zu Arnold herum und machte sich auch an dessen Strick zu schaffen. Arnold war doch eingeschlafen und sah nun erstaunt auf. Als er begriff, was seine Mutter tat, begannen seine Augen, trotz Dunkelheit zu leuchten. Schnell war auch Arnolds Strick durchtrennt. Mechthild konnte nur mit Mühe verhindern, dass der Junge gleich aufsprang und davonrannte.

      „Warte, Hagen sieht herüber“, flüsterte sie ihm zu. Die beiden starrten zu ihrem Wächter und warteten, bis dieser gerade am Einnicken war.

      „Jetzt“, gab Mechthild den Befehl.

      Die zwei sprangen auf und rannten los, doch Hagen hörte das Geräusch und war direkt hellwach.

      „Verdammt! Sie rennen weg! Wacht sofort auf! Wir müssen sie aufhalten!“

      Hagen rannte in die Richtung, in der die beiden Gefangenen geflohen waren und auch die anderen Räuber sprangen auf. Sveti entzündete an der Glut eine Fackel und folgte ihnen hinterher.

      Mechthild und Arnold stürzten Hand in Hand den Hügel hinunter. Es war dunkel und sie sahen nicht, wo sie hintraten, doch das war egal, solange sie nur Abstand zwischen sich und den Räubern schafften. Mechthilds Kleid blieb an einem Brombeerbusch hängen. Sie zog so fest daran, dass es zerriss. Schnell rannten sie weiter. Sie hörten die Ritter hinter sich, die den Räubern Befehle zuriefen. Die Gräfin betete, dass sie es schaffen würden, und zog Arnold hinter sich her. Sie rutschten ein Stück den Hang hinunter und befanden sich plötzlich auf einem Hohlweg. Sollten sie wirklich auf diesem Weg bleiben? Wenn die Räuber ebenfalls auf diesen Weg gelangten, hätten sie keine Fluchtmöglichkeit, denn links und rechts ging es steil hoch. Doch sie hatten keine Zeit, wieder hinauf zu klettern. Sie waren direkt hinter ihnen. Mechthild hoffte, dass sie bald an eine Kreuzung kommen würden, die sie aus dieser Falle hinaus führte.

      „Renn Arnold! Komm, so schnell wie du kannst mein Junge!“, rief sie Arnold zu, der langsamer wurde. Arnold bemühte sich, so schnell er konnte, seiner Mutter zu folgen, doch sie hörten schon die Räuber, die nun ebenfalls auf den Hohlweg gelangt waren und sie erspäht hatten.

      „Dort vorne sind sie! Beeilt Euch! Gleich haben wir sie!“, rief Hartmut erleichtert, der die Führung bei den Verfolgern übernommen hatte.

      Mechthild und Arnold rannten und rannten. Die Gräfin hielt das zerrissene Kleid mit den Händen hoch, sodass sie nicht darüber stolperte. Sie waren ganz außer Atem, der Schweiß rann an ihnen herab. Schließlich stolperte Arnold über einen Stein und fiel der Länge nach hin. Ihre Hände lösten sich und Mechthild tat noch drei Schritte, bis sie merkte, dass Arnold ihr nicht mehr folgte. Sie wendete sich um und bückte sich nach ihrem Sohn, der schnaufend auf dem Boden lag.

      „Arnold steh auf, komm! Wir können es noch schaffen!“

      Mit letzter Kraft zerrte Mechthild ihn auf die Beine und zwang ihn, weiter zu laufen. Arnold humpelte, der Fuß tat ihm weh. Der Weg machte eine Biegung und wurde breiter. Dichtes Gebüsch säumte seinen Rand. Die Gräfin schob den Jungen in die Büsche und sie kauerten sich ganz klein zusammen und hielten die Luft an. Die Schritte der lärmenden und schimpfenden Räuber kamen immer näher, bis sie sie keine