Das Erbe der Burgherrin. Sabine Müller

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Название Das Erbe der Burgherrin
Автор произведения Sabine Müller
Жанр Историческая литература
Серия
Издательство Историческая литература
Год выпуска 0
isbn 9783957444882



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und hing ihren Gedanken nach, die wie immer Graf Konrad galten. Plötzlich vernahm sie Hufgetrappel. Sie erblickte kurz vor einer Kreuzung eine merkwürdige Gruppe, die aus mehreren Männern zu Pferd und einem Fuhrwerk bestand. Ihr Gefühl sagte ihr, dass es besser wäre, wenn diese sie nicht zu Gesicht bekämen. Sie lenkte ihr Pferd abseits des Weges und wartete hinter einem großen Busch, bis die Männer vorbei waren. Bis auf zwei sahen sie ziemlich verwahrlost aus. Auf dem Fuhrwerk lag ein riesiger Haufen Stoff. Doch was war das? Hatte sich da nicht etwas bewegt? Sah da nicht ein Fuß heraus? Die Männer schlugen den Weg nach Osten ein und trieben ihre Pferde zu großer Eile an.

      Kapitel 9

      Am Nachmittag übten Grafen, Ritter und Knappen auf dem Ritterübungsplatz vor der Burg. Sie kämpften mit dem Schwert und schossen mit der Armbrust. Der Himmel hatte sich ein wenig zugezogen. Es sah nach einem Gewitter aus. Trotzdem brachten sie alle Höchstleistungen. Friedrich sah anerkennend zu, wie Konrads Pfeil genau ins Schwarze traf.

      „Du bist immer noch der Beste, Vetter!“

      „Dein Schuss war aber auch nicht schlecht.“

      „Aber knapp daneben ist auch vorbei!“

      Konrad wischte sich mit einem Tuch den Schweiß von der Stirn, als ein Winseln zu hören war. Er drehte sich um und entdeckte Ben, der gleich aufgeregt zu bellen anfing.

      „Na, was hast du denn mein Kleiner? Wo ist denn dein Herrchen?“

      Konrad blickte auf den Weg, sah aber weder von Arnold noch Mechthild eine Spur.

      „Ist der Hund allein zurückgekehrt?“, fragte Friedrich.

      „Es scheint so, aber das sieht Arnold gar nicht ähnlich. Er geht doch nirgends mehr hin ohne Ben.“

      „Schau mal, in seinem Fell! Ist das Blut?“

      Konrad besah sich den Hund genauer.

      „Du hast recht, das gefällt mir gar nicht!“

      Ben begann an Konrads Beinlingen zu ziehen, als wollte er ihn wegführen. Dann rannte er auf den Weg.

      „Lass uns dem Hund folgen!“

      „Warte, wir nehmen die Schwerter mit. Wilher und Lampert sollen uns begleiten!“

      Gemeinsam machten sie sich auf den Weg. Der kleine Hund führte sie über die Bergnase zum Wald, er rannte mit seinen kleinen Beinchen, bis er ganz außer Atem stehen blieb. Die Zunge hing ihm fast bis auf den Boden.

      „Er rennt den geraden Weg zur Merburg. Ich glaube, ich nehme ihn auf den Arm und trage ihn dort hin, sonst verlieren wir zu viel Zeit.“

      „Ja, da hast du recht. Wenn wir die falsche Richtung einschlagen, wehrt er sich bestimmt.“

      Als sie an dem Weiher angelangten, hatte sich der Himmel verfinstert und ein entferntes Donnergrollen war zu hören. Konrad setzte den Hund auf die Erde. Dieser schnupperte und führte sie zum Gebüsch auf der anderen Seite des Teiches. Die Männer folgten ihm ins Unterholz, wo viele Äste abgeknickt waren, als hätte man jemand über den Boden geschleift. Winselnd blieb Ben stehen und versuchte an etwas zu zerren.

      „Oh, Gott, Hanricus! Ist er tot?“, rief Friedrich entsetzt. Sie beugten sich über den Ritter, aus dessen Brust ein Pfeil herausragte, und überzeugten sich von seinem Tod.

      „Das Blut ist schon eingetrocknet. Er könnte schon seit der Mittagszeit hier liegen.“

      Ein paar Regentropfen begannen vom Himmel zu tropfen und der Donner wurde lauter. Konrad fuhr hoch und rief entsetzt:

      „Mechthild! Arnold! Mechthild!“, doch niemand antwortete.

      „Was ist hier nur geschehen? Hanricus hat man wohl am Weiher erschossen und hier ins Gebüsch gezerrt. Aber wo sind Mechthild und Arnold?

      Man sieht keine Spur von ihnen.“

      Die vier Männer suchten das Gelände ab. Sie hoben jeden Zweig im Unterholz hoch und sahen am Weiher nach. Lampert suchte sich einen langen Stock, mit dem er vom Ufer in das Wasser stach, und Wilher untersuchte auf der Ruine jeden Winkel. Auf der Mauer lagen Mechthilds Beutel, ihr Dolch und ein paar Essensreste, doch ansonsten fanden sie von den beiden keine Spur.

      „Lasst uns noch einmal dort nachsehen, wo Hanricus Leichnam liegt“, schlug Konrad vor.

      Sie sahen sich den Platz genau an und zogen immer größere Kreise. Der Regen wurde stärker.

      „Seht her! Hier sind Hufabdrücke und dort vorne sind Radspuren! Da hat wohl ein Fuhrwerk gestanden.“

      Die Männer folgten den Spuren bis zum Weg.

      „Hier sind zu viele Spuren, man kann kaum noch erkennen, wohin der Wagen gefahren ist.“

      An der Kreuzung verloren sie die Spur ganz.

      „Hier ist vor kurzer Zeit ein Wagen gefahren, dort aber auch. Die Spuren unterscheiden sich kaum voneinander und Pferdehufe sieht man ohnehin überall.“

      Es begann, in Strömen zu regnen.

      „Vielleicht wurden sie entführt und die Entführer fordern ein Lösegeld.

      Wir sollten zurück zur Burg reiten und abwarten. Der Regen verwischt alles. Wir können hier nichts mehr ausrichten.“

      „Ich glaube, du hast recht, Friedrich. Wir müssen Hanricus Leichnam mitnehmen, damit er bestattet werden kann und nicht von wilden Tieren aufgefressen wird.“

      „Ich werde ihn auf mein Pferd laden“, bot sich Ritter Wilher an, an dessen Gesicht das Regenwasser herablief. Er begab sich zurück zu der Stelle, wo er sogleich Hanricus mit Lamperts Hilfe quer über sein Pferd legte. Die vier ritten schweigend und mit ernsten Gesichtern zur Homburg, wo sie schnell den Leichnam ins Trockene brachten und den anderen von der traurigen Tat berichteten. Alle waren fassungslos.

      „Aber wie konnte das nur passieren? Wir müssen es Gyselburgis sagen! Weiß jemand, wo sie ist?“, fragte Margareta.

      „Ich glaube, sie ist oben in den Gemächern. Ich sehe nach,“ erbot sich Johanna, die Hauswirtschafterin, und eilte los.

      Es dauerte nur wenige Augenblicke bis Hanricus Gattin voller Entsetzten auf den Hof trat.

      „Wo ist er? Ich will ihn sehen!“, rief sie. Die Ritter hatten Hanricus Leichnam in ein leer stehendes Schlafgemach im Palas gebracht. Konrad führte die Witwe zu ihrem Gatten.

      „Wer hat das nur getan? Mein lieber Hanricus!“, weinte sie und vergrub ihr Gesicht im Wams des Leichnams. Die anderen Edelfrauen, Klara und Viola, versuchten Gyselburgis zu trösten.

      Nachdem Engela völlig durchnässt vom Naunhof zurückkam, stellte sie ihr Pferd unter und zog sich in ihrer Kammer frische Kleidung an. Unten im Rittersaal bemerkte sie die bedrückte Stimmung und fragte ihre Mutter, was denn geschehen sei. Als Klara ihr alles berichtete, musste sie nicht lange überlegen. Die lumpigen Kerle zu Pferd und der Wagen, der mit großer Geschwindigkeit über den Weg gefahren war und der Fuß, der aus den Stoffen hervorgelugt hatte. Das waren die Entführer mit Mechthild und Arnold! War das nicht ihre Gelegenheit? Wenn Mechthild nicht mehr zurückkommen würde, hätte sie die besten Chancen bei Konrad. Früher oder später würde er sich nach einer neuen Frau umsehen und das würde sie sein!

      Zur Abendmahlzeit hatte der Regen nachgelassen. Alle waren betroffen. Gyselburgis blieb bei Hanricus und betete für ihn. Am nächsten Morgen würde er bestattet werden. Konrad und Friedrich machten Pläne, wie sie am nächsten Tag vorgehen sollten.

      „Wir müssen noch einmal zur Kreuzung und genau nachsehen, ob wir nicht doch noch eine Spur finden.“

      „Wenn nicht, teilen wir uns in drei Gruppen und reiten in jede Richtung und fragen bei den nächsten Siedlungen, ob jemand einen Wagen und Reiter gesehen hat.“

      Nun meldete sich Engela zu Wort: „Was sagt ihr? Reiter und einen Wagen?“

      „Ja, warum? Hast du etwas gesehen?“

      „Heute