Nicht alltäglich. Thomas Klappstein (Hrsg.)

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Название Nicht alltäglich
Автор произведения Thomas Klappstein (Hrsg.)
Жанр Религия: прочее
Серия
Издательство Религия: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783865066084



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      Wir brauchen eine wachsende Übereinstimmung von Bekenntnis und Leben, von Sonntag und Alltag, von Dogmatik und Ethik. Dafür ist es unverzichtbar, dass wir die Gültigkeit der Worte Jesu in unseren Lebensalltag integrieren.

       Ekkehart Vetter

      23 | Auserwählt

      Und es geschah in diesen Tagen, dass er auf den Berg hinausging, um zu beten; und er verbrachte die Nacht im Gebet zu Gott. Und als es Tag wurde, rief er seine Jünger herbei und erwählte aus ihnen zwölf, die er auch Apostel nannte: Simon, den er auch Petrus nannte, und Andreas, seinen Bruder, und Jakobus und Johannes und Philippus und Bartholomäus und Matthäus und Thomas und Jakobus, des Alphäus Sohn, und Simon, genannt Eiferer, und Judas, des Jakobus’ Sohn, und Judas Iskariot, der zum Verräter wurde.

      LUKAS 6,12-16 (ELBERFELDER)

      Jesus hatte die ganze Nacht im Gebet verbracht, um die zwölf Jünger auszuwählen. Ich habe mir erlaubt, aufzuschreiben, wie ich mir dieses Gebet vorstelle:

      »Vater, morgen ist der große Tag. Morgen ist der Tag, an dem ich die Zwölf auswähle, die deine Botschaft in der ganzen Welt verkündigen werden. Schenke mir Weisheit! Ich habe meine Probleme mit einem von den Zwölfen. Bist du sicher, dass es eine gute Idee ist, Judas Iskariot auch mitzunehmen? Du weißt, dass er mich verraten wird. Ich werde wegen ihm furchtbar leiden müssen. Gibt es wirklich keine andere Möglichkeit, die Menschen zu retten? Wenn wir doch genau wissen, dass er mich verraten wird, können wir dann nicht jemand anderen mitnehmen, der mir treu sein wird? Verstehst du, Vater?«

      »Ja, ich verstehe dich, mein Sohn! Ja, du hast recht. Judas Iskariot wird dich verraten. Du wirst leiden müssen. Du wirst sterben. Aber du wirst auch auferstehen. Du wirst den Tod besiegen. Du wirst in großer Herrlichkeit wieder zu mir kommen. Du weißt auch, dass es keinen anderen Weg gibt. Du bist der Weg! Du bist die einzige Lösung, damit die Menschen gerettet werden. Mein Sohn, du bist mir alles. Du bist mein einziger Sohn! Ich liebe dich! Aber du weißt auch, wie sehr ich die Menschen liebe, so sehr, dass ich zu allem bereit bin, um wieder eine Beziehung zu ihnen zu haben. Denk daran, wie schön und vollkommen alles sein wird, wenn das alles vorbei ist. Dafür müssen wir Judas Iskariot mitnehmen! Dafür musst du leiden und sterben. Dafür müssen wir drei Stunden getrennt sein. Aber danach werden wir den Sieg ein für alle Mal haben. Vertrau mir, mein Sohn!«

      »O.k., ich vertraue dir, Vater! Ich werde die Zwölf so auswählen, wie du es mir gesagt hast. Du weißt genau, was du tust! Ich freue mich, wenn wir wieder zusammen sind!«

      Vielleicht ist dieses Gespräch viel zu menschlich. Aber zwei Dinge sind ganz sicher: Erstens, Jesus betete die ganze Nacht, bevor er die Zwölf auswählte. Seine Wahl war also kein Zufall. Und zweitens, Jesus wusste genau Bescheid über Judas Iskariot und wählte ihn trotzdem. Er war bereit, alles zu tun, um uns zu retten.

      Danke Herr, dass du es dir genau überlegt hast, als du mich auserwählt hast. Hilf mir, dir treu zu sein!

       Julien Renard

      24 | Allesbesserwisser

      Alle aber, die ihn hörten, gerieten außer sich über sein Verständnis und seine Antworten.

      LUKAS 2,47 (ELBERFELDER)

      Wenn ich dabei gewesen wäre, als Jesus 12 Jahre alt war und sich im Tempel mit den Schriftgelehrten unterhielt, wäre ich bestimmt ausgerastet. Denn es gibt eines, was ich gar nicht leiden kann: die Allesbesserwisser! Ich stelle mir vor, wie Jesus, ein kleiner, 12-jähriger Bursche, bei allem nachfragt, alles anders versteht und auslegt als die Schriftgelehrten, die jahrelange Erfahrung und Studium hinter sich haben. Für wen hält er sich? Und als Maria Jesus mitteilt, dass sie sich Sorgen gemacht haben, weil sie nicht wussten, wo er war, was antwortet Jesus da? »Was ist der Grund dafür, dass ihr mich gesucht habt? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist?« Ich weiß nicht, was Josef gedacht hat, aber ich hätte bestimmt so reagiert: »Sag mal, Junge, was fällt dir ein? Wir sind deine Eltern, und wir haben uns Sorgen gemacht, also wirst du uns gefälligst Respekt erweisen! Und jetzt ab nach Hause mit dir!« Warum verhält sich Jesus so? Warum verhält er sich wie ein Allesbesserwisser? Die Antwort ist ganz einfach: Weil er alles weiß! Schwer zu schlucken, nicht wahr? Aber es ist so: Jesus kann sich wie ein Allesbesserwisser verhalten, weil er alles besser weiß als ich, als du, als irgendein Mensch. Es fällt uns manchmal schwer, das zu akzeptieren. Aber es ist so.

      Jesus war ganz Mensch, aber er war auch ganz Gott. Während der ganzen Zeit seines Dienstes merkten die Leute immer wieder, dass niemand mit solcher Autorität lehren konnte und niemand ein solches Verständnis hatte wie er. Ja, Jesus ist der Sohn Gottes. Jesus ist Liebe. Jesus ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Jesus ist das Brot des Lebens. Jesus ist die Auferstehung. Jesus ist das Licht der Welt. Jesus ist die Tür. Jesus ist alles – Jesus ist der Allesbesserwisser! Und außer Jesus darf niemand sich so verhalten.

      Ich finde es gut, diesen Vers zu lesen, denn er erinnert mich daran, dass ich nicht alles weiß und nicht alles verstehe. Ja, ich ärgere mich manchmal, dass Gott immer eine Antwort auf alle meine Fragen hat. Ja, ich ärgere mich manchmal, dass Gott immer recht hat! Ja, ich hätte mich wahrscheinlich auch sehr geärgert, wenn ich Jesus im Tempel begegnet wäre. Warum? Weil er mich vor die Tatsache gestellt hätte, dass ich nur ein Mensch und ein Sünder bin. Wie du! Das tut weh, aber es ist auch nötig. So weiß ich wenigstens eines: Dass ich Jesus brauche! Das ist das Einzige, was zählt. Mehr brauche ich nicht zu wissen.

       Julien Renard

      25 | Alles?

      Und danach ging er hinaus und sah einen Zöllner mit Namen Levi am Zollhaus sitzen und sprach zu ihm:

      Folge mir nach! Und er verließ alles, stand auf und folgte ihm nach.

      LUKAS 5,27-28 (ELBERFELDER)

      Frage an Levi:

       »Sag mal, Levi, hast du wirklich alles verlassen, als Jesus zu dir gesagt hat: ›Folge mir nach!‹? Du bist zwar aufgestanden und mitgegangen, aber was ist mit deiner Bequemlichkeit? Hast du die auch verlassen? Hast du auch deine Gier nach Geld und Reichtum wirklich verlassen? Das kann ich kaum glauben! Wie ich dich kenne, warst du nur neugierig und bist deshalb mit Jesus mitgegangen. Aber ehrlich gesagt, du hattest schon vor, abends wieder nach Hause zu kommen, oder? Du willst doch nicht, dass ich glaube, dass der alte Levi, der immer so viel Geld eingesteckt hat, der ohne Hemmungen selbstsüchtig war, interessiert an nichts anderem als an sich selbst, herzlos, wirklich alles aufgegeben hat, weil da ein Typ zu ihm gesagt hat: ›Folge mir nach!‹? Komm, Levi, sag mir, was wirklich passiert ist!«

      Mögliche Antwort von Levi:

      »Weißt du, es kann sein, dass du teilweise recht hast! Vielleicht war ich so neugierig, dass ich einfach sehen wollte, was an diesem Jesus so Besonderes ist. Und es stimmt, dass ich geldgierig war, selbstsüchtig und interessiert an nichts anderem als an mir selbst. Da hast du recht! Du kannst mich dafür verurteilen und überall herumerzählen, dass du Zweifel daran hast, dass ich an diesem Tag wirklich alles verlassen habe. Aber weißt du was? Das ist mir eigentlich egal, weil Jesus mir nur eines gesagt hat: ›Folge mir nach!‹ Und das habe ich getan. Es stimmt, ich habe nicht sofort alles aufgegeben, aber mit der Zeit hat er mir geholfen, alles, eines nach dem anderen, zu verlassen, was zwischen mir und ihm stand. Und das ist, was wirklich zählt. Das war nicht einfach, aber es ist so passiert. Und weißt du was? Das gilt auch für dich! Jesus hat nicht gesagt: Werde perfekt, und dann folge mir nach! Nein, er hat gesagt: ›Folge mir nach!‹ Das habe ich getan, und das kannst auch du tun! Steh einfach auf und sag »Ja« zu ihm! Alles zu verlassen bedeutet nicht, perfekt zu werden. Es bedeutet, »Ja« zu ihm zu sagen. Es bedeutet, ihn in dein Leben hineinzulassen und ihm zu ermöglichen, alles wegzunehmen, was zwischen dir und ihm steht. Doch das passiert fast nie an einem einzigen Tag, sondern es braucht ein ganzes Leben dazu!«

      Ach, übrigens, noch etwas … Ich bin froh, dass ich