Geschichten eines Geistreisenden. Axel Kruse

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Название Geschichten eines Geistreisenden
Автор произведения Axel Kruse
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783957770745



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flüsterte ich. Aber was sollten wir anderes machen? Wollten wir unsere Besitzansprüche geltend machen, mussten wir es kartographieren und einen Sender platzieren, der unsere ID abstrahlte, so war das Gesetz. Demnach musste einer von uns raus und Lisa hatte es entdeckt ...

      Sie benutzte den kleinen Jet, einen mit Gravitationstechnik ausgestatteten Schlitten, um das Rendezvous auszuführen. Langsam näherte sie sich dem Quader. Irgendwie wünschte ich mir, dass der Jet Düsen hätte, dann hätte ich zumindest aus dem Ausstoß von Gasen Rückschlüsse ziehen können, was sie vorhatte, so sah ich lediglich, wie sie langsam dahinglitt und manchmal die absurdesten Richtungsänderungen durchführte. Zumindest hatte sie die Außenlichter des Jets eingeschaltet, sodass ich sie problemlos auf dem Monitor verfolgen konnte.

      »Glatt«, kommentierte sie gerade. »Absolut glatte Außenhaut, hier auf dieser Seite.« Sie hatte sich einer der schmalen Seiten genähert und schwenkte nun um die Ecke, um eine lange Seite näher zu untersuchen, abrupt stoppte sie den Jet.

      »Hier ist was, Tom«, flüsterte sie so leise, dass ich versucht war den Empfang am Lautsprecher lauter zu stellen. »Hier ist eine Luke!«

      Wir hatten es beide erwartet und doch keine Worte darüber verloren. Irgendwie hatten wir geahnt, dass das Ding künstlich war, jetzt hatten wir den Beweis.

      »Pass auf dich auf«, flüsterte ich.

      Sie fuchtelte mit den Händen an der Tür herum, schien aber nichts erreichen zu können, dann widmete sie ihre Aufmerksamkeit dem Rahmen neben der Tür. Endlich fand sie, wonach sie gesucht hatte. Ein Freudenschrei kam aus dem Lautsprecher.

      »Ich habe einen Sensor gefunden, die Luke schwenkt nach innen hin auf. Ich gehe jetzt rein!«

      Ich kaute auf meinen Fingernägeln. Wie oft, in wie vielen Filmen und Büchern war diese Szene schon beschrieben worden? Sollte ich ihr sagen, dass sie sich vor Alieneiern in Acht nehmen sollte? Den Film hatte es in diesem Leben nicht gegeben, sie konnte die Folgen nicht kennen!

      »Ich bin jetzt drin«, hörte ich Lisas Stimme wie aus weiter Ferne. »Keine Schwerkraft, der Gang ca. einen Meter hoch und einen Meter breit, recht klaustrophobisch. Ich krieche mehr, als dass ich gehe. Ungefähr zehn Meter vor mir endet der Gang. In die Wand ist eine weitere Luke eingelassen. Sie steht offen, ist nach innen hin geöffnet. Merkwürdig ist das Fehlen einer Luftschleuse, der Gang hinter der Außenluke scheint mir für diese Zwecke ungeeignet konzipiert zu sein. Ich ziehe mich jetzt durch die offene Luke.«

      Pass bloß auf, dachte ich im Stillen. Ich war zu angespannt, um irgendetwas zu sagen. Wie schon des Öfteren, verfluchte ich, dass unsere Ausrüstung so mangelhaft war. Wir hatten auf viele Dinge, die eigentlich selbstverständlich sein sollten, verzichtet. So auch auf wirklich gute hochauflösende Helmkameras, das Bild, das Lisas Kamera mir übermittelte, konnte man am ehesten mit schwarzen Schatten auf schwarzem Grund beschreiben. So war ich einzig auf ihre Beschreibungen angewiesen, um mir ein Bild von der Lage zu machen.

      »Hier ist ein kleiner Raum, Tom, etwa sechs mal sechs Meter groß. Die Decke ist nach wie vor nur rund einen Meter vom Fußboden entfernt. Das können keine Menschen gewesen sein, die das hier erbaut haben, Tom.« Ihre Stimme kam schrill aus dem Lautsprecher. Irgendwie war es auch mir von vornherein klar gewesen, dass der Quader nicht von Menschenhand erschaffen worden sein konnte, es auszusprechen hatte ich bislang nicht gewagt.

      »Die mir gegenüberliegende Wand ist etwa halb hoch verglast. Vor der Wand sind Konsolen angebracht, in die Displays eingelassen sind. Vor den Konsolen stehen sechs Stühle, alle fest im Boden verschraubt. Die Rückenlehnen der Stühle sind dreigeteilt, zwischen den einzelnen Lehnenteilen ist jeweils ein Spalt von ca. zehn Zentimeter Durchmesser. Die Sitzfläche selbst ist annähernd quadratisch ungefähr vierzig Zentimeter Durchmesser. Die Spitzen der Lehnen sind etwa sechzig Zentimeter vom Boden des Raumes entfernt. Ich kann mir beim besten Willen nicht die Ergonomie der Wesen vorstellen, die auf solchen Stühlen sitzen könnten. Auch die Deckenhöhe scheint mir wesentlich zu niedrig zu sein, um den Bedürfnissen solcher Wesen entgegenzukommen. Sie müssten doch mit ihren Köpfen bereits die Decke berühren, sobald sie nur aufstehen. Irgendwie nicht vorstellbar. Oh ...«

      »Was ist passiert, Lisa?«, rief ich erschrocken. Plötzlich strahlte das übertragene Bild auf meinem Monitor in rötlichem Licht wieder.

      »Das Licht ist angegangen, Tom, sonst nichts. Ich muss irgendeinen Kontakt ausgelöst haben. Auch hinter der Glasscheibe ist jetzt Licht.«

      Das sah ich nun auch. Hinter der Glasscheibe erstreckte sich eine kleine Halle. Etwa zweihundert Meter lang und genauso breit, der Raum in dem Lisa sich befand, war wohl am ehesten mit einem Kontrollraum vergleichbar. Von hier aus konnte man die komplette Halle einsehen. Unschwer war zu erkennen, dass die Halle mit Raumschiffen vollgestellt war, Raumschiffe, die für den Atmosphärenflug geeignet sein mussten, ich hatte Assoziationen von Kampfjets, die in irdischen Kriegen eingesetzt worden waren, vor Augen.

      »Tom, die Displays sind alle zum Leben erwacht«, rief mich Lisas Stimme in die Realität zurück. »Sieh dir das an!«

      Auf meinem Bildschirm zeigte sich die Konsole, vor der sich Lisa aufhielt. Eine Außenansicht, fuhr es mir durch den Kopf. Da war ein Bild des Weltraums, gestochen scharf, schärfer, als alles, was ich mit unseren Außenkameras hätte bewerkstelligen können. Und es zeigte einfach nichts. Ich will damit sagen, dass da der Raum an sich dargestellt wurde und in diesem Raum befand sich kein Objekt. Irgendwo weit hinten funkelten die Sterne. Es war wirklich eine 3D Ansicht und es war irgendwie klar, dass der Fokus recht nah bei uns lag und nicht die Sterne das Ziel der Aufnahme waren.

      »Tom, die rechte Außenwand der Halle öffnet sich.«

      Ich sah in die Richtung, in die jetzt auch Lisa blickte. Richtig, ein großes Schott klappte nach innen auf. Im Schwenkbereich standen keine Raumschiffe, sodass das Schott problemlos in eine seitliche Arretierung einrasten konnte. Lisa widmete ihre Aufmerksamkeit wieder dem Bildschirm vor ihr. Der Weltraum, in einem Sekundenbruchteil noch völlig leer, war plötzlich angefüllt von sechs Asteroiden unterschiedlicher Größe, die sich mit ähnlicher Geschwindigkeit und ähnlichen Vektoren fortbewegten.

      »Was passiert da, Tom?« Lisas Stimme kam aus dem Lautsprecher und holte mich in die Realität zurück. »Diese Asteroiden werden eingehend gescannt.« Lisa bewegte sich hektisch zwischen den Konsolen hin und her. »Wo kommen die auf einmal her?« Mehrere Displays fokussierten die einzelnen Asteroiden, ein Bildschirm zeigte unverwandt das Bild an, das ursprünglich auf dem ersten Monitor zu sehen gewesen war. Ich hätte wetten mögen, dass es exakt die Raumregion anzeigte, an der die Asteroiden aufgetaucht waren.

      »Keine Ahnung«, hörte ich meine eigene Stimme wie in Trance. »Installier unseren Sender und lass uns von hier verschwinden, ja?«

      Lisa schüttelte so vehement ihren Kopf, dass sich ihr ganzer Oberkörper hin und her bewegte. Für mich sah es so aus, als ob ihre Kamera auf das heftigste hin und her geschwenkt wurde, so dass das übertragene Bild verschwommen dargestellt wurde. »Die Dinger da draußen sind einfach aufgetaucht, Tom! Das ist viel wichtiger, als diese blöde Station hier. Da, schon wieder ...«

      Sie richtete ihre Helmkamera erneut auf die Konsole aus, die das Ursprungsbild anzeigte. Dort erschien ein mehr als dreimal größerer Brocken gegenüber denen, die wir zuerst beobachtet hatten. Der Berg, anders konnte ich ihn nicht nennen, hatte eine starke Eigenrotation und schien sich relativ schnell fortzubewegen. Ich meinte das daraus erkennen zu können, dass er bereits aus dem Fokus des ersten Bildschirms herausgetreten war und nunmehr von einem anderen Monitor übernommen wurde.

      »Das Ding zerbricht!«, rief Lisa mit sich überschlagender Stimme.

      Richtig, jetzt sah ich es auch, der Berg zerbrach! Die Bruchstücke wirbelten auf leicht unterschiedlichen Vektoren in die Dunkelheit davon.

      »Hier starten zwei Jets!«, diesmal flüsterte Lisa in ihr Mikrofon.

      Auf den Bildschirmen war zu erkennen, dass die zwei kleinen Raumschiffe, nachdem sie die Halle verlassen hatten, auf eines der Bruchstücke zu jagten. Ich richtete die Scanner unseres Raumschiffes ebenfalls darauf aus. Die Auflösung war zwar nicht so exzellent, wie auf den Bildschirmen