Kālī Kaula. Jan Fries

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Название Kālī Kaula
Автор произведения Jan Fries
Жанр Эзотерика
Серия
Издательство Эзотерика
Год выпуска 0
isbn 9783944180649



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kannst, und zu manifestieren, was Du willst, und was zu Dir passt.

      Nun mögen sich einige Leser nach heiligen Traditionen sehnen. Manche träumen vom ‘heiligen Indien’– betäubend blauer Himmel, strahlende Paläste, plappernde Papageien, halbverhungerte Yogīs, die gelassen in der Sonne braten, verführerische Damen in erstaunlich bunten Saris, und natürlich die geheiligte Weisheit der Alten, klebrig und süß. Indien, das Land, in dem jeder spirituell ist. Indien, eine Kultur von göttlicher Erotik, zauberhaften Fabeln und einer romantischen Weisheit, die der arme kurzsichtige Westen niemals wirklich besaß. Außer einigen Druiden natürlich, die sie wahrscheinlich aus Indien hatten. Oder war es Ägypten? Oder Atlantis? Such Dir aus, was Dir gefällt. Ein riesengroßes Naan-Brot, mit süßen und würzigen Sachen belegt, viele davon leider aus Plastik. Nein, das wollen wir nicht. Dies ist nicht der Ort für Idealisierung. Wer fromme Märchen sucht, ist bei der New Age Bewegung besser aufgehoben. Hier ist Deine Chance, Vindaloo Mahākālī zu genießen und herauszufinden, was es mit Dir anstellt. Hier ist Deine Chance, zu denken und zu tun und zu entdecken. Denn wenn Du Dich auf Traditionen beschränkst, kommst Du nirgendwohin.

      Ein Grund, weshalb ich dieses Buch geschrieben habe, ist der, dass Kālī mich darum gebeten hat. Sie hat all den tantrischen New-Age-Ramsch satt, der in diesen schrecklichen kleinen Läden vertickert wird, wo Heilig-Heilig-Muzak-Musik die Luft erfüllt, Spiritualität mit verringerten Erwartungen gleichgesetzt wird und die Leute so aussehen, als würden sie den ganzen Tag Seife essen. Sie hat einen Widerwillen gegen Tantra-Sets, bestehend aus aromatischen Massageölen, Räucherstäbchen, Honigstaub und zehnseitigen Anleitungsheftchen, die Mantras, Stellungen und Rituale zur Spiritualisierung eines langweiligen Liebeslebens bescheren. Und sie spuckt auf diejenigen, die sich Tantrameister nennen. Das stimmt. Es geschieht die ganze Zeit. Weil Kula, Kaula, Krama, Trika, Mahācīna usw. so viel mehr sind. Mehr als Sex, mehr als Religion, mehr als ein Hobby oder ein Interesse. Sie sind alles im Leben und gehen noch weit über jede einzelne Lebensspanne hinaus. Sie gehen auch über unsere Persönlichkeit hinaus. Über jede Persönlichkeit.

      Das wirst Du nicht durch das Lesen von Büchern erfassen. Und ganz sicher bekommst Du es nicht für Geld. Der einzige Weg, um dort hinein und glücklich darüber hinauszukommen, besteht darin, den Weg mit der ganzen Kraft, Lust und Begeisterung zu leben, die Du aufbringen kannst. Und das kannst Du, wie Du erfahren wirst, wenn Du über deine Grenzen hinausgehst. Es reicht nicht, ein paar Mantras zu plappern. Es reicht nicht aus, mit Cakras zu herumzuspielen oder eine kleine Schlange in Deiner Wirbelsäule zu visualisieren. Es ist eine Menge mehr, als Gott zu spielen, um Dein Liebesleben zu legitimieren. Der Spaß fängt an, wenn Du alles gibst, was Du hast und herausfindest, dass da noch eine ganze Menge mehr ist, wovon Du nichts gewusst hast. Wenn Du Deinen Körper mit Wonne und Kraft auflädst und das gute Gefühl mit einem breiten Lächeln verstärkst und es verdoppelst und Dich mit Freude erfüllst, sie wieder verdoppelst und nochmal verdoppelst. (Danke, Richard!) Es passiert, wenn Du Dich mit schierem, überwältigendem Enthusiasmus durchtränkst. Es passiert, wenn Du den Mantra nimmst und die Lautstärke aufdrehst und Chor und Echo hinzufügst und ihn seinen Weg durch Dein ganzes Sein vibrieren lässt, so dass die Klangessenz des Göttlichen Dich bis in den Kern erschüttert. Es ist da, wenn Du damit aufhörst, Dich mit halbherzigen Bildern und lauwarmer Gleichgültigkeit zufriedenzugeben. Deine Vision kann heller, größer, klarer, näher, besser werden! Jede Erfahrung kann viel beeindruckender werden, wenn Du sie so machst. Es ist Dein Gehirn, es ist Dein Nervensystem, und Du kannst sie benutzen, wie immer Du willst. Denk nicht nur an die Kuṇḍalinī, lebe sie, sei sie, erkenne sie als Deine persönliche Gottheit, Dich selbst und die ganze Welt und geh darüber hinaus! Und wenn Du ins Herz hinab sinkst, gleite tiefer und tiefer, löse Dich von den Formen, die erscheinen, Schicht um Schicht, bis Du den Punkt der äußersten Realität erreichst, wo Form und Leere Liebe miteinander machen. Du bist beides. Du bist jenseits davon. Wo bist Du nun? Wer bist Du je gewesen?

      Hier gehen wir weit über Gedankenspiele hinaus. Wenn wir Tantra als irgendetwas bezeichnen müssen, dann könnten wir es ein Set von Techniken nennen, die funktionieren, gekoppelt mit Wildheit, Freude, Wagnis und dem Drang, das zu erfahren, was Dich aus dem herausschüttelt, was auch immer Du vorher warst. Das ist es, was die Pioniere taten. Und warum sie so weit kamen. Das ist es, was spätere Generationen verloren, als sie in Tradition, Regeln, abgehobener Spekulation, tonnenweise Theorie, Geschwätz und stumpfsinnigem Gehorsam steckenblieben. Hier ist ein Buch für alle, die wissen und wollen und tun. Wenn Du erwachst, wirst Du Kālī in Dir finden, oder wie auch immer Deine persönliche Gottheit sich Dir zeigt. Sie will keine lauwarme Anbetung, Teilzeithingabe oder Nachahmung von Heiligkeit. Es gibt zu viele Hochstapler ringsumher, sei es in Indien, Kalifornien und in jeder okkulten Organisation, die Du nur nennen kannst.

      Sie will, dass Du alles in die Opferschale gibst, weil das der einzige Weg ist, alles daraus zu erhalten. Deinen Bauch als Zentrum für Freude, Lust und gute Gefühle. Dein Herz für Liebe und Lachen. Deinen Kopf für Lernen und Denken und neues Lernen. Wenn Du diese drei zusammenbringst, bist Du bereit dazu, Dich selbst zu überraschen. Genau jetzt.

       Schwerpunkte dieses Buches

      Als ich den Kessel der Götter fertig hatte, fragte mich eine Freundin, was ich denn läse. ‘Es ist der Kaulajñāna nirṇaya’, antwortete ich, froh auf das kleine rote Buch schauend, mit seinem ramponierten Umschlag und dem die-Göttin-weiß-was-die-statt-Papier-verwenden-Look, der bei indischen Verlagen so beliebt ist … wundervolles Zeug über Meditation und eins der praktischsten Tantras, die mir je untergekommen sind.’

      ‘Kein Keltenzeug mehr?’

      ‘Es geht mir auf die Nerven. Es gibt viel zu wenig praktisches Material in den überlieferten Texten. Ich habe genug von Fragezeichen, mittelalterlichen Mythen und müßiger Spekulation. Zumindest hatten die Kaula-Leute ein klares Interesse an Sachen, die funktionieren. Und sie hatten einen Sinn für Humor. Das ist erstaunlich selten in alter Literatur.’

      ‘Du wirst doch nicht ein Buch über Tantra schreiben, oder?’

      ‘Oh nein. Tantra ist riesig, unfassbar und überwältigend. Über das Thema kann man hundert Bücher schreiben. Wenn Du die Menge der erhaltenen Literatur nimmst, kannst Du Dein ganzes Leben mit Forschung verbringen und bekommst doch nur einen Bruchteil zusammen. Sorry, ein Buch über Tantra ist unmöglich.’

      Und so ist es auch.

      Glücklicherweise muss ich nicht über das ganze Tantra schreiben, was auch immer das sein soll. Ich habe mir nur einen kleinen Bereich an erhaltener (und übersetzter) Literatur herausgegriffen, sie mit einer Menge täglicher Übung kombiniert, mir selbst das Versprechen gegeben, dass dieses Buch kein solches Monster wie der Kessel der Götter werden würde, und mich an die Arbeit gemacht. Zum Glück hatte ich mich schon einige Jahrzehnte mit manchen der aufregenderen ‘tantrischen’ Traditionen befasst. Ich beschloss, mich auf diese frühen Traditionen zu konzentrieren, vor allem Kula, Kaula, Krama und etwas Trika hinzuzufügen, was auch immer funktionieren würde, etwas Geschichte am Anfang, und die große Mehrheit der tantrischen Bewegungen zu ignorieren, die zum Buddhismus oder dem rechtshändigen Pfad des hinduistischen Stell-dich-in-die-Reihe-und-tu-was-dir-gesagt-wird-Tantra gehören. Bedauerlicherweise musste ich einige faszinierende Traditionen auslassen, und zum Glück noch viele mehr, die so stumpf und langweilig sind, dass ich Dich nicht damit belästigen will. Daher ist das Buch, das Du liest, keineswegs repräsentativ für das, was moderne Inder oder Westler als ‘tantrisch’ zu betrachten pflegen, aus dem einfach Grund, dass hier nur einige frühe, kleinere Bewegungen untersucht wurden, und auch diese nur bezüglich ihrer praktischen Anwendung. Und selbst von diesen Entwicklungslinien blieb eine riesige Materialmenge unberücksichtigt.

      Nimm zum Beispiel die Initiation. Bei den frühen Kulas und Kaulas bezeichnete Initiation einen Komplex von höchst raffinierten Ritualen, die einen guten Teil Hypnose beinhalteten. Hier war Initiation keine Formalität, sondern eine Erfahrung, die den Initianten von seinem Dasein als ‘gebundenes Tier’ befreit. Nun waren die Kaulas praktische Leute. Sie legten nicht viel Wert auf Vertrauen und blinden Glauben. Stattdessen testeten sie ihre Ergebnisse. So solltest Du es auch halten. Ein Schüler, der die fünf Anzeichen von der Śaktipāta, dem ‘Herabkommen der Energie’, zeigte, wurde ermutigt, weiterzumachen. Für diejenigen