Das große Sutherland-Kompendium. William Garner Sutherland

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Название Das große Sutherland-Kompendium
Автор произведения William Garner Sutherland
Жанр Медицина
Серия
Издательство Медицина
Год выпуска 0
isbn 9783941523333



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darin vor, einem elektrischen Strom auf einem Leiter und einer Isolierung darum – das heißt, zwischen ihm und dem Kupferrohr. Dann denken Sie an eine Transmutation der elektrischen Spannung und Kraft in einer Batterie, die in das Kupferrohr hinausläuft.

      Sobald Sie Nachrichten über dieses Rohr versenden, stehen Ihnen Schalter zur Verfügung wie jene, mit denen Sie die vielen Radiostationen einstellen können. Nur ein ‚Kupferrohr‘ also, mit vielen Drähten darin. Vielleicht wird Ihnen das helfen, das Infundibulum zu verstehen.

      ***

      Lassen Sie mich von einem Erlebnis erzählen, das ich im Zusammenhang mit dem ATEM DES LEBENS hatte25. Es geschah am Ufer des Lake Erie, dessen Wassertiefe seewärts einen Kilometer oder länger kaum über Kniehöhe hinausgeht. Ein Mann und sein Freund gingen ins Wasser hinaus, um zu baden. Sie hatten irgendeinen Fusel getrunken – was in jenen Tagen der Prohibition eben gerade zu bekommen war.

      Der Mann wurde krank, er brach im Zustand eines meningealen Schocks zusammen und sein Begleiter trug ihn zum Ufer. Er war nicht ertrunken, denn es war kein Wasser in seinen Lungen. Die Leute dort machten sich mit den üblichen Methoden der Wiederbelebung erfolglos an ihm zu schaffen. Ich bemerkte den Aufruhr und ging hin.

      Ich fand ihn vor wie einen toten Menschen, steif wie ein Stock und blau wie ein Wetzstein. Es gab keine Anzeichen von Atmung. Ich griff nach den Ossa temporalia und brachte die Partes petrosae in Außenrotation, während ich das Os occipitale in Flexionsposition bewegte. (Sie werden später lernen, diese Positionen besser zu verstehen.) Was war die Folge?

      Das Tentorium cerebelli ist an den oberen Enden der Partes petrosae der Ossa temporalia und an der Innenseite der Squama occipitalis befestigt. Die vorderen Bereiche des Tentorium cerebelli sind an den Procc. clinoidei der Sella turcica des Os sphenoidale fixiert. Als ich die Knochen mit meinen Händen bewegte, wurde demnach das Zelt bewegt.

      Unter dem Tentorium cerebelli ist ein Zerebrospinaler Flüssigkeitskörper anzutreffen, der den Truncus cerebri und das Cerebellum umgibt und auch innerhalb des Truncus cerebri zu finden ist. In diesem Flüssigkeitskörper befindet sich jenes ‚höchste bekannte Element‘, auf das Dr. Still hinwies; innerhalb des Truncus cerebri wiederum, innerhalb der Medulla oblongata, trifft man auf jene primären Zentren, welche die Körperfunktionen, allen voran das Atemzentrum, kontrollieren.

      Nachdem ich diese Knochen bewegt hatte, spürte ich ein Gefühl der Wärme in meinen Händen. Die Atmung begann. Als ich den Mechanismus losließ, hörte sie wieder auf. Jemand sagte freundlich: „Warum rufen Sie keinen Arzt?“ Ich versuchte das Experiment nochmals und das gleiche Gefühl der Wärme kam zurück. Sein Kopf zuckte plötzlich und er begann zu seiner Schwester zu sprechen.

      Der physische Mechanismus des Mannes war bereits tot gewesen. Er war in einem meningealen Schock blockiert; die Membrana arachnoidea hatte sich über dem Gehirn blockiert. Glücklicherweise befand sich aber der ATEM DES LEBENS in diesem Flüssigkeitskörper. Alles, was ich tat, war ‚den Motor wieder anzukurbeln‘. Ich weiß von zwei anderen kranialen Behandlern, die in einer ebenso kritischen Situation ein ähnliches Experiment durchführen konnten.

      Wenn Sie über einen solchen kritischen Zustand nachdenken, werden Sie verstehen, warum ich von Zeit zu Zeit sage: „Wenn Sie nicht wissen, was Sie sonst tun sollen, komprimieren Sie den vierten Ventrikel.“ Behalten Sie die Tide mit ihrer intelligenten Potency im Gedächtnis. Sie ist etwas, auf das Sie sich verlassen können. Etwas, das weiß, wie es läuft. Wenn Sie sich in einigen Fällen nicht ganz sicher in der Diagnose sind, denken Sie an die Tide und komprimieren Sie den vierten Ventrikel.

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      Demonstration einer Technik vermutlich am Os temporale.

      4. DIE REZIPROKE SPANNUNGSMEMBRAN

      Wenn Sie die Wirbelsäule betrachten, sehen Sie die Bänder, die ihre Gelenke zusammenhalten und ihnen einen gewissen Bewegungsradius ermöglichen. Dann werfen Sie einen Blick in den Schädel, um jene Strukturen zu finden, welche dort genau die gleiche Funktion übernehmen wie die Bänder der Wirbelsäule. Im Schädel befindet sich eine Membrana interossea, welche die Knochen des Neurocranium zusammenhält und an den Artikulationen einen gewissen normalen Bewegungsradius erlaubt.

      Die Membrana interossea im Schädel wird Dura mater genannt. Es handelt sich um eine derbe, nicht dehnbare, faserige Membran, die sich aus einer äußeren und einer inneren Wand zusammensetzt. Die äußere Wand dient als Periost. Die innere Wand besitzt die Besonderheit, dass sie zwischen einzelnen Anteilen des Gehirns in Falten herunterhängt. Die Falte, die zwischen den Hemisphären in Richtung der Sagittalebene herabhängt, wird als Falx cerebri bezeichnet. Jene Falte wiederum, die sich über das Cerebellum spannt, nennt man Tentorium cerebelli. Die gesamte Dura mater mit ihren Falten ist an sämtlichen Knochen des Neurocranium befestigt. Der Name Falx bezieht sich auf die Sichelform der Falx cerebri. Wenn Sie sich eine Seite des Tentorium cerebelli anschauen, sehen Sie ein weiteres sichelförmiges Gebilde. Die gegenüberliegende Seite sieht entsprechend aus. Auf diese Weise betrachtet, können Sie somit drei Sicheln sehen, die sich im hinteren Anteil der Schädelinnenseite treffen.

      Die Falx cerebri ist an der Crista galli des Os ethmoidale befestigt, am Os frontale, an den beiden Ossa parietalia und am interparietalen Anteil des Os occipitale. Sie ist zäh, kräftig und gespannt.

      Normalerweise behaupte ich, dass Sie das Os ethmoidale wie eine Glocke läuten können, wenn Sie nur dort hineinkämen und an der Falx zögen. Das bedeutet, das Os ethmoidale vor und zurück zu schwingen wie die Glocke einer Lokomotive. Das ist der vordere obere Pol der Befestigung der Falx cerebri.

      Betrachte ich das Tentorium cerebelli, fällt mir dabei auf, dass es die Form zweier Sicheln hat. Dadurch bin ich geneigt von einer ‚Falx tentorium‘ zu sprechen. Da es sich oberhalb des Cerebellum befindet, könnte man auch von einer ‚Falx cerebelli‘ sprechen, dennoch bevorzuge ich den Begriff ‚Tentorium‘, so wie ich ihn auch bisher benutzt habe.

      Die zwei Sicheln bilden ein ‚Zelt‘. Dieses ‚Zelt‘ ist diagonal entlang der gesamten Innenseite der Squama occipitalis auf halber Höhe befestigt und bildet so die Sinus laterales.26

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      Mit der schematischen Darstellung seiner Befestigungspole.

      Von dort verläuft die ‚Falx tentorium‘ über die Innenseite der hinteren unteren Ecken der Ossa parietalia. Dies entspricht dem Winkel des Proc. mastoideus genau über den Suturae parietomastoideae. Von dort verläuft das ‚Zelt‘ weiter auf den oberen Begrenzungen der Partes petrosae der Ossa temporalia. Diese an den Partes petrosae befestigten Enden werden, schematisch betrachtet, die seitlichen Pole der Befestigung des Tentorium cerebelli genannt. Weiter nach vorne sind sie an den hinteren Procc. clinoidei der Sella turcica des Os sphenoidale fixiert. Aufgrund der Sichelform hat das Zelt eine freie Begrenzung. Sie bildet die Einbuchtung des Zeltes. Dieser innere Saum beschreibt einen Bogen, bevor er nach vorne hin verläuft zu den vorderen Procc. clinoidei der Sella turcica des Os sphenoidale.

      Dieses Gebiet, an dem die vorderen Ausläufer des Tentorium cerebelli an den vier Procc. clinoidei der Sella turcica befestigt sind, bezeichnet den vorderen unteren Pol der Befestigung. Das Diaphragma sellae bedeckt die Sella turcica, in welcher sich wiederum die Hypophyse befindet. Vom Hypothalamus aus verläuft das Infundibulum in den hinteren Anteil der Hypophyse. Diese Anordnung ist eine jener kleinen Dinge, die in der osteopathischen Wissenschaft eine große Sache sein können.

      Wenn wir die zwei sichelförmigen Hälften des ‚Zelts‘ zusammen mit der Falx cerebri betrachten, sehen wir drei Sicheln, die sich genau in dem Bereich des Sinus rectus treffen, dort also, wo die Falx sich mit dem ‚Zelt‘ verbindet. An den beiden Hälften des ‚Zelts‘ können Sie feststellen, dass die Kurve genau an den Befestigungsstellen der Partes