Fünf ungleiche Reiter. Jannis B. Ihrig

Читать онлайн.
Название Fünf ungleiche Reiter
Автор произведения Jannis B. Ihrig
Жанр Любовное фэнтези
Серия
Издательство Любовное фэнтези
Год выпуска 0
isbn 9783954882724



Скачать книгу

Maximilian und Monarchius auszulöschen. Nach diesem Kampf verlor der Krieg an Härte, denn beide Seiten hatten großen Mengen an Soldaten und Material verloren. So herrschten am Ende die Lichtelfen, wie sie von nun an genannt wurden, im Westen, während den Verrätern der Osten gehörte. Die Stadt Erlin lag genau auf der Grenze beider Reiche.

      Im Zwergenreich verschwand der Goldene Hammer. Daraufhin wollten viele der Clans den Verlust an Ansehen des Goldenen-Hammer-Clans ausnutzen, um selber zu herrschen. Es kam zu blutigen Auseinandersetzungen, bis am Ende das Reich in vier Teile zerfiel. Diese vier recht großen Reiche stellten Anspruch auf den Thron, was auch ihre Namen zeigten. Im Norden befand sich das Reich des Bronzenen, im Westen das des Heiligen, im Osten das des Himmlischen und schließlich im Süden das des Silbernen Hammers. Nach mehreren blutigen Jahren endeten die Kämpfe, doch das Zwergenreich war zerfallen und eine Neuvereinigung war nicht in Sichtweite, vor allem weil der Goldener-Hammer-Clan während des Krieges ausgelöscht wurde.

      Als dritter großer Konflikt in der kurzen Zeit entflammte der Krieg zwischen Orks und Tarborianern: Die Orks fielen plötzlich in den Dschungel der Tarborianer ein, was zu blutigen Kämpfe führte. Große Teile des Dschungels im Nordwesten wurden von den Orks vollständig abgebrannt, um leichter Nachschub an die Frontlinie bringen zu können. Dieses Gebiet nannte man später die „Große Einöde“. Die Tarborianer konnten mit Hilfe der Magie ihrer Schamanen den Vormarsch der Orks aufhalten. Nach dem Krieg errichteten die größten Schamanen einen unüberwindbaren Steinwall um den verbliebenen Dschungel, welcher das Tarborianerreich vom Rest der Welt abschotten sollte.

      Was im Reich der Menschen geschah, weiß man nicht. Es musste aber katastrophale Ausmaße gehabt haben, denn die Menschen isolierten sich komplett vom Rest der Welt. Die Grenzen wurden verstärkt und jedes Wesen, dass sich auf hundert Schritt der Grenze näherte, wurde ohne Ausnahme getötet.

      Im Jahr 321 beruhigte sich die Lage nach dem hundertjährigen Kontinentalkrieg: Die Elfen und Schattenelfen schlossen einen Waffenstillstand, nachdem beide Seiten sich so sehr in diesem Krieg aufgerieben hatten, dass ihre Existenz in Gefahr war.

      Die vier Zwergenreiche schlossen sich zu einem lockeren Staatenbund zusammen. Jedoch gab es keine Vergebung unter den Zwergen und es herrschten immer noch Terror und Hass in den Bergen des Nordens. Ein zweiter Bürgerkrieg schien nicht unwahrscheinlich.

      Die Tarborianer wagten sich wieder heraus aus ihrer Isolation und bauten mächtige und schwer bewachte Tore in den Steinwall, um den Handel zu ermöglichen.

      Die Orks im Westen waren nach wie vor offen für Besucher der anderen Reiche, doch wehe ein Tarborianer näherte sich einem Orkdorf. Er würde nicht lange leben.

      Die Menschen blieben weiterhin isoliert.

      Es herrschte zwar ein brüchiger Frieden, doch der alte Glanz des Bundes wurde nicht wiederhergestellt.

      Doch endet unsere Geschichte nicht hier.

      Sie fängt erst an.

      Übungsraum des Lichtmeisters

      Akademie für Lichtmagie

      Erlin

      Frühsommer 323

      „Konzentriere dich, Erwin! Lass die Macht des Lichts deinem Geist Kraft geben!“ Leanus, Mitglied im Rat der Weisen, betrachtete gespannt seinen Schüler. Dieser saß im Lotussitz auf dem Boden des Raumes, den sie immer für Übungen nutzen. Leanus war sich nicht ganz sicher, ob sein Schüler in der Lage war, das Verlangte zu vollbringen. Seine Kraft war zwar mächtig, aber unausgebildet, und das Erschaffen eines Lichtgolems war alles andere als eine einfache Aufgabe für jemanden wie Erwin, der erst vor drei Monaten seine Ausbildung begonnen hatte. Diese Aufgabe wurde normalerweise erst nach zwei Lehrjahren von normalen Schülern verlangt. Doch war Erwin eine Klasse für sich: Er war mit sechzehn Jahren für elfische Verhältnisse noch ein Kind, doch war seine Fähigkeit, das Licht zu nutzen, jetzt schon besser als die von vielen älteren Schülern. Der hoch gewachsene, schlanke Elf war mit einer besonderen Gabe ausgestattet: das Anziehen und Speichern von Licht. Während andere sich schon damit abschuften mussten, Licht für eine kleine, leuchtende Kugel, welche generell schnell erlosch, zu sammeln, musste Erwin überhaupt nichts machen, um an Lichtenergie zu kommen. Die Kehrseite der Medaille bestand darin, dass Erwins Körper Licht zum Leben brauchte. Ohne Licht erging es seinem Körper so schlecht, dass sogar der Tod nicht unwahrscheinlich war. Leanus betrachtete sich in einem der lebensgroßen Spiegel, welche die Wände des Raums bildeten. Er selbst war schon über vierhundert Jahre alt, ein Alter, mit dem er die Lebenserwartung eines Elfen von dreihundert Jahren längst überschritten hatte, und sein Gesicht war schon lange vom Alter vernarbt und sein Haar und Bart waren schon seit einhundertfünfzig Jahren weiß. Doch so sehr sein Körper auch vom Alter gezeichnet war, loderten Wille und Kraft in seinen Augen, sodass es niemand für falsch hielt, dass er den Posten als Lichtmeister der Akademie bekleidete. Er blickte wieder zu Erwin: Auf der Stirn des Lehrlings befanden sich Schweißtropfen und sein Haar fing an von hellbraun zu blond zu wechseln, ein Zeichen dafür, dass Erwins Körper Licht aufsaugte. Die Kerzen im Raum, die Leanus für Erwin und nicht wegen des Lichts, es war ja Tag, angezündet hatte, fingen an zu flackern und in dem kleinen Granitblock, der in der Mitte des Raumes stand, zeigten sich die ersten, leuchtenden Risse. Leanus versank wieder in seinen Gedanken und erinnerte sich zurück, wie er und Erwin sich vor fünf Monaten kennenlernten.

      „Es war einer der wildesten und dunkelsten Winter, die ich in meinem ganzen Leben erlebt habe, und das soll bei meinem Alter was heißen. Den ganzen Winter lang hatte es geschneit und die wärmende, leuchtende Sonne kam kaum hervor. Und dieser Winter hätte Erwin fast das Leben gekostet. Nie werde ich das verzweifelte Gesicht seines Vaters Iarus, eines talentierten Künstlers, vergessen, als er in meinen Saal, den ich für den Empfang von Bittstellern benutze, hereingelassen wurde und sich auf dem Boden hinkniete und mich um Hilfe für seinen Sohn anflehte. Andere Lichtmagier hatten sich seinen kranken Sohn angesehen, konnten jedoch nicht helfen. Auch wenn ich nicht glaubte, dass ich das Heilmittel finden würde, machte ich mich auf und begleitete Iarus zu seinem Haus, dass er mit Erwin bewohnte. Später sollte ich erfahren, dass Erwin der einzige nahe Verwandte war, der Iarus geblieben war. Die Mutter war irgendwann verschwunden und andere lebende Verwandte hatten sie nicht. Kein Wunder, dass er so verzweifelt war. Nun ja, da trat ich ins Haus und spürte plötzlich etwas. „Iarus, spüren Sie das?“

      „Nein, Herr, ich spüre gar nichts.“ An dieser Stelle keimten eine Ahnung und eine Hoffnung in mir auf. Sollte ich wirklich einen … ? Das Gefühl ließ keinen anderen Schluss zu. Es fühlte sich so an, als würde jemand das Licht aus mir saugen. Weil das Gefühl schwach war, ließ ich es gewähren. Je mehr ich mich Erwins Schlafzimmer näherte umso stärker wurde das Gefühl. Als ich eintrat, sah ich, dass ich Recht hatte. Da lag Erwin: Schweiß überströmt, bleich, der Atem rasend und mit schwach leuchtendem Haar. „Sein Haar! Sein Haar!!“ Iarus war kurz vor einer Krise, bis ich ihn beruhigen konnte: „Keine Sorge, Iarus! Das Leuchten ist ein Zeichen dafür, dass meine Vermutung stimmt und dass ich deinem Sohn helfen kann.“ So trat ich ans Krankenbett und legte meine Hand auf Erwins Brust. Das darauf Folgende war schon ein kleines Wunder: Der ganze Raum war plötzlich mit strahlendem Licht gefüllt, sodass ich meine Augen zukniff und Iarus schreiend nach hinten fiel. Mich erfasste plötzlich ein kräftiger Sog, der von Erwin ausging. Zum Glück konnte ich mich dagegen stemmen. So plötzlich das Licht kam, so schnell verschwand es auch. Zurück blieben ein verschreckter Iarus, ich völlig ausgelaugt und ein in Sekunden genesener Erwin. Seine Haut war noch hell, wirkte jedoch viel gesünder, sein Atem hatte sich beruhigt und sein Haar nahm langsam einen Braunton an. „Ein Wunder! Ihr habt ein Wunder vollbracht, Meister!“ Iarus war außer sich vor Freude und nannte mich eine Legende. „Ihr dankt mir zu sehr. Dein Sohn hat sich selbst gerettet. Er brauchte nur jemanden, der ihm Licht gab.“ Als ich Iarus’ ratloses Gesicht sah, musste ich lachen und ihm erklären, was es mit seinem Sohn auf sich hatte. Als dann der Frühling anbrach und die Sonne wieder hervorkam, nahm ich Erwin an der Akademie des Lichts als meinen Schüler auf. Und seitdem hat er eine Menge gelernt.“

      Leanus blickte wieder zu seinem Schüler. Inzwischen war der Granitblock nur so von Rissen überzogen. Dann geschah