Fünf ungleiche Reiter. Jannis B. Ihrig

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Название Fünf ungleiche Reiter
Автор произведения Jannis B. Ihrig
Жанр Любовное фэнтези
Серия
Издательство Любовное фэнтези
Год выпуска 0
isbn 9783954882724



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von Erlin

      Dunkelheit. Nur Erwins’ Licht durchdrang sie. Einen ganzen Tag schon irrte er durch dieses riesige Tunnelsystem. Mehrmals war er schon auf unsichtbare Riesenkäfer gestoßen, die er aber dank seiner Lichtmagie aufspüren und besiegen konnte. Seine Robe war von Schweiß und Blut, glücklicherweise war es nicht seins, durchtränkt. Immer mehr litt er und der laufende Tintenfisch unter dem Hunger. Durst hatten sie dank des Geruchssinns des schon kalbgroßen Tintenfischs, der sie direkt zu einer unterirdischen Quelle führte, nicht. Doch der Hunger war so schlimm, dass Erwin sogar mit dem Gedanken gespielt hatte, einen der Riesenkäfer auszuweiden. Als er es jedoch in Angriff nehmen wollte und einen mit seinem Allzweckwerkzeug Licht aufschnitt, reichte ein Blick hinein, um ihn klar zu machen, dass er so hungrig doch wieder nicht war. Als hätte das Licht seine stummen Klagen bemerkt, weitete sich der Tunnel und mündete in eine große Höhle. Erwin traute seinen Augen nicht und die Glubscher des Tintenfischs traten hervor. Die Höhle, in derern Deckenmitte durch einen meterlangen Schacht Sonnenlicht hinein schien, war in zwei Hälfte geteilt. Die linke Hälfte bestand nur aus Sand. Die andere genauso große war dafür umso fruchtbarer. Es war eine Wiese mit mehreren Bäumen, die von einem Fluss, der in einen kleinen See mündete, bewässert wurde. Die Bäume waren mit Früchten, die Erwin noch nie zuvor gesehen hatte, beladen. Doch das Seltsamste und zugleich Schönste war ein schlankes und mittelgroßes Wesen, das zwischen den Bäumen stand. Es war eine junge Elfin. Und eine wunderschöne dazu. Sie hatte feuerrotes Haar und schneeweiße Haut. Ihre Augen glühten grün und ihre Lippen waren ebenso rot wie ihr Haar. Bekleidet war sie nur mit einem blauen Tuch, das sich um ihre Hüfte schmiegte. Ihr Oberkörper war frei, was Erwin die Schamröte auf die Wangen trieb. Sie kam lächelnd näher und als sie vor ihm stand, fing sie mit honigsüßer Stimme an zu sprechen: „Willkommen in meinem Hain, Reisender. Ich bin die Wüstenkönigin Marella. Und wer bist du?“ Erwin stotterte heftig: „Erwin.“ Marella lächelte noch mehr, fasste ihn an den Arm und flüsterte ihm ins Ohr: „Komm Erwin. Lass uns unter den Bäumen wandeln.“ Dann zog sie ihn in Richtung des Hains. Zurück blieb ein verlassener Tintenfisch. Dieser war deprimiert, weil Erwin ihn anscheinend einfach vergessen hatte, dann aber wendete er seine Aufmerksamkeit einem Baum zu, der Äpfel trug. Der Tintenfisch ging zu ihm, kletterte hinauf und pflückte eine Frucht. Als er wieder herunter kletterte, rutschte ihm die Frucht aus dem Tentakel und fiel zu Boden. Dies sollte sich als glücklicher Zufall erweisen, denn der Tintenfisch sah jetzt das Innere der Frucht. Es war schwarz und stank. Der Tintenfisch erkannte sofort, dass es eine Falle war. Er sah wieder herüber und erblickte Erwin, der immer noch von Marella verzaubert war, seinen Kopf auf deren Beinen ruhend, und Marella wollte gerade ihn mit einer der Früchte füttern. Der Tintenfisch reagierte sofort. Er rannte zum See, nahm Wasser auf, drehte sich um und schoss eine mehrere Meter lange, kochend heiße Fontäne aus. Sie traf Marella am Kopf. Die Schöne konnte nicht einmal mehr schreien, denn der Kopf war sofort weg, ohne dass Blut spritzte. Die Frucht flog aus ihrer Hand und fiel auf Erwins Brust, wo sie aufplatzte und ihre giftigen Inhalt freigab. Erwin schreckte hoch und starrte auf den grünen Fleck auf seiner weißen Robe. Dann drehte er den Kopf und konnte gerade noch zusehen, wie Marella zu Sand zerfiel. Sie war eine magisch belebte Sandskulptur gewesen. Als Erwins Verstand wieder klar wurde, erkannte er auch, dass sie ihn verzaubert hatte und zwar nicht nur mit ihrer Schönheit. Bevor er sich völlig von dem Schrecken erholen und dem Tintenfisch danken konnte, bebte auf einmal die Erde. Erwin und der Tintenfisch ruderten mit ihren Armen bzw. Tentakeln um das Gleichgewicht zu bewahren, was ihnen allerdings nicht gelang. Während sie auf dem Boden hin- und herrutschten, bebte die Erde weiter. Bis sie plötzlich aufhörte zu beben. Erwin, sein Blick auf den Sand ausgerichtet, stand vorsichtig auf. Plötzlich brach ein meterlanger, sandfarbener Fangarm, dessen Ende mit mehreren roten kleineren Fangarmen und einem roten Auge in der Mitte bestückt war, aus dem Boden. Er sauste auf Erwin zu. Dieser konnte in letzter Sekunde ausweichen. Weitere Fangarme brachen aus dem Sand hervor und stürzten sich auf Erwin sowie auf den Tintenfisch. Die beiden konnten nur mit Mühe ausweichen. Erwin wusste, dass sie nicht ewig ausweichen können würden und dass sie in die Offensive gehen mussten, wenn sie das überleben wollten. Er rief dem Tintenfisch zu: „Angriff ist die beste Verteidigung … Debecia.“ Er wusste zum Zeitpunkt selber nicht, warum er diesen Namen kannte, hatte jedoch andere Sorgen in Form von heransausenden Fangarmen. Der Tintenfisch hatte verstanden, rannte los, wich dabei den Armen weiterhin aus und stürzte sich auf den See. Er saugte so schnell er konnte und so viel Wasser wie möglich auf. Dann stellte er (oder sie?) sich todesmutig drei Fangarmen entgegen, die auf ihn/sie zustürzten. Doch sie erreichten ihn/sie nicht. Ein kochend heißer Wasserstrahl schoss hervor und traf sie nacheinander. Das Wasser verbrühte die Arme nicht, es kochte das Fleisch weg. Das Fleisch teilte sich in seine kleinsten Bestandteile auf, so heiß war der Strahl. Schlicht gesagt, das Fleisch verpuffte. Drei abgetrennte Arme fielen herunter. In der Zwischenzeit hatte Erwin mit drei gebündelten Lichtstrahlen ebenfalls drei Fangarme durchtrennt. Die anderen Fangarme zogen sich anscheinend eingeschüchtert zurück in die Erde. Jedoch war dies nicht das Ende des Kampfes. Bevor Erwin und Debecia Luft holen konnten, ließ ein schriller Wutschrei die Höhle beben. Etwas sehr Großes und sehr Wütendes erhob sich aus dem Sand. Es war das Hässlichste, was Erwin je gesehen hatte. Das Wesen bestand aus einem unförmigen, sandfarbenen Körper, auf dem ein Kopf saß. Dieser ähnelte dem einer Wespe. Mit zwei Unterschieden. Statt Facettenaugen waren an derer Stelle zwei Stielaugen. Auf der Stirn des Wesens befand sich ein riesiges, verschlossenes Auge. Aus dem Körper gingen zahlreiche Fangarme hervor. Das Wesen war fünf Meter breit und zehn Meter hoch. Es war die wirkliche Wüstenkönigin, Königin der Wüstenkäfer. Die Königin sah Erwin und Debecia mit ihren Stielaugen an. Sie starrten sich mehrere Minuten lang an. Dann kreischte die Königen und sämtliche Fangarme rasten gemeinsam auf Erwin zu. Erwin reagierte instinktiv. Er erschuf einen Lichtschild um sich und Debecia. Die Fangarme schlugen dagegen und verbrannten. Jetzt kreischte die Königin vor Schmerz und zog ihre Arme zurück. Dann verharrte sie. Und verharrte. Erwin misstraute der Waffenruhe und erhielt den Schild aufrecht. Er sollte sich nicht geirrt haben. Plötzlich öffnete sich das Auge auf der Stirn der Königin. Es war ein Auge der Finsternis. Ein Auge, das nur von Wesen, die den Schatten verkörpern, getragen wurde. Ein Strahl gebündelter Finsternis schoss auf den Lichtschild zu. Erwin schrie, als beide Kräfte aufeinander stießen. Er hatte keine Chance. Sein Schild brach sofort zusammen und er fiel gebrochen zu Boden. Sofort schnappte ein Fangarm ihn und Debecia, bevor einer von den beiden reagieren konnte. Sie wurden auf Augenhöhe der Königin gehoben. Diese lächelte jetzt, riss das Maul auf und der Fangarm bewegte sich wieder, um seine Beute in den tiefen Schlund zu stecken.

      „Jetzt irren wir schon seit Tagen hier herum und wir haben immer noch keinen Ausgang entdeckt. Und ich wette meinen Schwanz darauf, dass wir die ganzen Zeit im Kreis liefen“, nörgelte der Basilisk, der schon zwei Meter lang war. „Mein Orientierungschip ist da anderer Meinung“, antworte GKR-3443. „Dein was … ? Schlimmer hätte es mich wirklich nicht treffen können. Da schlüpfe ich aus, sehe nur Dunkelheit und das Licht einer wandelnden Blechdose, hab mich verlaufen und nun fängt das Blech auch noch an, irgendwas zu labern, das niemand versteht.“ GKR-3443 drehte sich erbost um. Er wusste selber nicht, warum er sich beleidigt fühlte. Roboter fühlen sich nicht beleidigt. Doch jetzt fing er an, mit maximaler Lautstärke zu brüllen und stampfte mit seinen Füßen: „Jetzt habe ich die Faxen dicke.“ Diesen Satz hatte er irgendwann von einem Menschen aufgeschnappt und wusste nicht, was er eigentlich ausdrücken sollte. Erst jetzt verstand er ihn völlig. „Die wandelnde Blechdose ist ein brandneuer Kampfroboter der Gammareihe. Ausgerüstet mit allen Finessen. Phönixflammenwerfer, Wasserstoffsprungdüsen, Raketenwerfer, die sogar kleine Atomraketen beherbergen, und ein leistungsstarker Steuercomputer. Und das ist nur ein Bruchteil meiner Ausstattung. Verstanden?“ Der Basilisk sah ihn sprachlos an. Dann antwortete es zögerlich: „Nein, kein Wunder bei all den Wörtern, die ich noch nie zuvor gehört habe.“ GKR-3443 gab nicht zu, dass er selber nicht alles verstanden hatte, was er gesagt hatte. Er hatte lediglich die Liste, die in seinem Computer gespeichert war, aufgerufen. Er hörte auf zu stampfen und wurde nachdenklich. Dann sagte er mit normaler Lautstärke: „Verzeih, dass ich … dass ich … „

      „Ausgerastet bin?“

      „Ja, ausgerastet. Das alles ist neu für mich. Was passiert nur mit mir?“ Bevor der Basilisk antworten konnte, knirschte es. Beide sahen nach unten. Der Boden bekam riesige, beunruhigende Risse. Und bevor sie reagieren konnten,