Lena Halberg: London '05. Ernest Nyborg

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Название Lena Halberg: London '05
Автор произведения Ernest Nyborg
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783868411317



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schmunzelte und verdrehte die Augen. »Gut, damit hast du den Boss überzeugt, aber ich will Schoko-Donuts – zwei Stück, ohne Nüsse!«

      Shyam Asik Barod war sehr attraktiv, dazu kamen perfekte Umgangsformen, ein guter Geschmack für Kleidung und das nötige Kleingeld. Sein Vater war Inder, was man an Shyams Teint bemerkte. Die Familie betrieb ein Handelshaus für Gewürze und fernöstliche Spezialitäten, das der Vater vor langer Zeit gegründet hatte und womit er wohlhabend geworden war. Ruth half ihrem Sohn einfach aus Freude und um eine Beschäftigung zu haben, wie sie betonte, nötig hatte sie es nicht.

      Bislang unverheiratet gehörte Shyam mit seinen fünfundvierzig Jahren zu den umschwärmten Junggesellen Londons. Seinen ersten Abschluss mit Auszeichnung machte er in Cambridge, studierte danach Politik an der prominenten Berliner Humboldt-Universität, wo er in der Mindestzeit promovierte. Überdies beherrschte er drei Fremdsprachen perfekt. Nach einer längeren Studienzeit im Ausland gründete er das Redaktionsbüro und wurde Fernsehproduzent.

      »Nun«, sagte er zu Lena und setzte sich an den großen Besprechungstisch, wo sie mit einem Berg von vollgekritzelten Zetteln, Kaffeegeschirr und einer offenen Schachtel Donuts thronte, »was kann nicht bis morgen warten?«

      »Eine heiße Sache, auf die ich gestoßen bin. Ich beginne sie eben zu recherchieren.«

      »Wolltest du das neue Thema nicht erst im Frühjahr angehen?«, fragte er, um dann beifällig hinzuzufügen: »Übrigens meine herzliche Gratulation zum Erfolg der ersten Sendung. Du hast mit deinem Spürsinn einen beachtlichen Start hingelegt.«

      »Danke!« Lena konnte ihren Stolz nicht verbergen. Die Anerkennung tat ihr gut, bei früheren Jobs hatte sie diese vermisst. »Frühjahr war ursprünglich für die neue Geschichte geplant, aber jetzt hat sich akut etwas ergeben.«

      »Aber schau, in zwei Wochen ist Weihnachten – Friede, Ruhe, Harmonie.« Shyam zog die Tasse zu sich, griff nach den Donuts, lehnte sich gemütlich zurück und lächelte sie an. »Plumpudding, Schoko-Donuts …«

      »Jetzt komm mir nicht so.« Lena grinste zurück. »Höre es dir zumindest an.«

      »Na gut«, meinte er und nickte, »dann schieß los. Womit wirst du unsere Quoten diesmal pushen?«

      »Es geht um London, genauer gesagt, um den Anschlag vor elf Jahren.«

      »Anschläge verfolgen dich!« Er schüttelte amüsiert den Kopf.

      »… und der Titel könnte so ähnlich lauten wie: Der Chemiker des Terrors«, beendete Lena zwanzig Minuten später die Darstellung ihrer Überlegungen zu der Reportage über den Bombenbauer, den sie hinter all den Terrorakten vermutete.

      Shyam hatte während ihres ausführlichen Vortrags aufgehört zu kauen. Jetzt legte er den angebissenen Donut zurück und schob den Becher mit dem Caffè Latte weg. Er sah Lena skeptisch an.

      »Das ist nicht dein Ernst, oder?«, sagte er mit ungläubigem Unterton. »Du führst mich vor!«

      »Nein, gar nicht«, antwortete Lena, die mit einer derartigen Reaktion nicht gerechnet hatte. »Wieso glaubst du das?«

      »Na, entschuldige bitte, du erzählst mir da über vier unterschiedliche Vorfälle, die viele Jahre und tausende Kilometer auseinanderliegen, wo Gruppierungen am Werk waren, die absolut nichts miteinander zu tun haben«, er richtete sich auf, sein Lächeln war verschwunden und einem irritierten Blick gewichen, »und du willst da einen großen Unbekannten hineinfabulieren, nur wegen eines Artikel in einer Zeitschrift?«

      »Das ist ein Fachjournal und nicht irgendeine Zeitschrift, es geht aber nicht um den Artikel, sondern um das Datum. Siehst du die Fakten nicht?«, stieß Lena hervor. Sie war entsetzt, dass Shyam ihren Argumenten nicht folgen konnte. »Da sind Bomben gebaut worden mit einem Sprengstoff, der noch gar nicht bekannt war! Ist dir das nicht genug?«

      »Genug? Wofür bitte?«

      Sie schluckte und sprang auf. »Genug, um zu sehen, dass es jemand im Hintergrund gab oder bis heute gibt, der irgendwie mit dem Institut in Haifa zusammenhängt und sein Wissen dazu benutzt, um für jeden der bezahlt, Bomben zu basteln.«

      »Das ist doch reine Spekulation und eine haarsträubende obendrein, Lena!« Er schüttelte den Kopf und wirkte mit einem Mal ziemlich verärgert. »Denkst du, der IS oder die Tschetschenen oder wer sonst den Dreck gebaut hat, benutzt dazu einen Außenstehenden? Das muss dir doch selbst lächerlich vorkommen!«

      »Aha! Und du weißt so genau, wer hinter den Anschlägen wirklich steckt?« Sie begann aufgeregt hin und her zu laufen.

      »Na, für den Londoner Anschlag gibt es ein eindeutiges Bekennerschreiben der Al-Qaida.«

      »Ja, von der selbst ernannten Geheimorganisation Al-Qaidain-Europa, die weder davor noch danach jemals in Erscheinung getreten ist. Lächerlich! Das ist doch nur ein Fake. Hast du schon einmal überlegt, wer politisch davon profitiert hat?«

      Jetzt war Shyam sprachlos. »Was willst du damit wieder sagen?«

      »Es könnten Trittbrettfahrer gewesen sein oder es stecken überhaupt nicht die Araber dahinter, sondern jemand ganz anderes. Warum habt ihr eigentlich nichts darüber gebracht? Und über den Anschlag in Teheran auch nicht?«

      »Sorry, aber ich habe das Tagesgeschäft wirklich nicht im Kopf. Keine Ahnung, wer daran gearbeitet hat. Für solche Dinge ist Clark zuständig, dem wird es zu spekulativ gewesen sein.«

      »Schieb es nicht auf Clark, aber egal …« Sie blieb vor Shyam stehen und schaute auf ihn hinunter. »Zum Glück bin ich jetzt da! Ich spüre, wenn an einer Story etwas dran ist und ich sage dir, das ist kein Zufall!«

      »Du verrennst dich da in ein Hirngespinst.«

      »Interessant«, Lena warf auffordernd den Kopf zurück, »eben hast du mir wegen meines Spürsinns gratuliert.«

      »Lass einfach die Finger davon«, sagte er und sein Tonfall wurde scharf.

      »Das werde ich nicht. Ich flieg kommende Woche nach Israel und probiere, ob ich auf dem Institut in Haifa etwas Brauchbares herausbekomme. Immerhin steht unter der Sendereihe: Halberg Report. Es ist demnach meine Entscheidung!«

      »Ist es nicht …« Er stand auf, zog die Augenbrauen zusammen und sah sie direkt an. »Es ist meine Redaktion und wir machen das nicht. Ich setze keine Verschwörungstheorien in die Welt, schließlich haben wir einen Ruf zu verlieren und selbst wenn wirklich etwas dran sein sollte, bin ich der Meinung, dass Journalismus Grenzen hat. Du bleibst! Ende der Diskussion!«

      Lena verschlug es die Sprache. Es war nicht nur die thematische Ignoranz, die sie überraschte, sie war auch fassungslos über die Selbstherrlichkeit, die sie auf einmal spürte und die sie bei Shyam nie vermutet hätte. Keinesfalls würde sie sich dadurch von ihrem Vorhaben abbringen lassen, schließlich hatte sie den Job nur wegen der freien Entscheidung über ihre Stoffe angenommen.

      »Gut, dann mache ich dir einen Vorschlag«, sagte sie knapp und drehte sich von ihm weg, »ich bin offiziell sowieso bis nach Weihnachten auf Urlaub. Ich fahre einfach privat nach Israel, um Freunde zu besuchen. Wenn ich dabei zufällig etwas erfahre, reden wir nachher darüber und du kannst dir überlegen, ob du die Sendung machen willst. Sonst gehe ich mit dem Bericht eben direkt zu einem Sender.«

      Shyam zuckte nur die Achseln und verließ wortlos den Besprechungsraum.

      »Du mich auch«, murrte Lena zornig, als er draußen war, »ihr seid doch alle gleich …«

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