Traumzeit für Millionäre. Roman Sandgruber

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Название Traumzeit für Millionäre
Автор произведения Roman Sandgruber
Жанр Историческая литература
Серия
Издательство Историческая литература
Год выпуска 0
isbn 9783990401842



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exzeptionelle Stellung von Albert Rothschild ist zwar immer wieder betont, in ihren konkreten Dimensionen aber dennoch gewaltig unterschätzt worden.13 Denn Rothschild als Einzelperson verdiente etwa 1 Prozent aller Einkommen in Wien und immerhin 0,25 Prozent aller Einkommen Cisleithaniens (0,58 Prozent aller versteuerten Einkommen). Rothschild versteuerte mehr als die fast hundert Wiener Einkommensmillionäre aus altem Adel zusammen und auch mehr, als Österreich-Ungarn dem habsburgischen Herrscherhaus für die Hofhaltung und alle Apanagen jährlich aus dem Staatshaushalt beider Reichshälften zukommen ließ.

      Albert Baron Rothschild war zweifellos der reichste Mann Europas, reicher als die englischen Rothschilds, viel reicher als die deutschen Rothschilds, reicher auch als die damals reichste Deutsche, Bertha Krupp, und wohl nicht viel ärmer als die berühmtesten amerikanischen Millionäre.14 Von Dr. Hermann Eissler, Gesellschafter von „Josias Eissler & Brüder“, selbst mit einem Jahreseinkommen von 162.676 Kronen, aber mit weniger als einem Hunderstel des Rothschildschen Wertes an 445. Stelle der Rangliste der reichsten Wiener, ist der Lieblingssatz überliefert: „Wann i der Pierpont Morgan wär … “15 Mit sehr viel mehr Recht hätte er statt Morgan Rothschild sagen können. Als der New Yorker Bankier Pierpont Morgan 1913 starb, betrug der geschätzte Nettowert seines Vermögens, ohne Berücksichtigung seiner Kunstsammlung, 68,3 Millionen Dollar (= 14 Mio. Pfund oder 336 Mio. Kronen), inklusive Kunstgegenstände 24 Mio. Pfund oder 576,5 Mio. Kronen.16 Für Baron Salomon Albert Rothschild wird sein 1911 hinterlassenes Vermögen auf etwa 700 Millionen bis eine Milliarde Kronen geschätzt.

       Die 15 höchsten Jahreseinkommen in Preußen und Wien im Jahr 1910

Rang Preußen Mio. K Wien/​Niederösterreich Mio. K
1 Bertha Krupp v. Bohlen und Halbach 20,0 Rothschild, Albert Frh. von 25,7
2 Fürst Henckel v. Donnersmarck 14,1 Taussig, Theodor Ritter von 4,9
3 Christian Kraft Fürst z. Hohenlohe-Oehringen 8,2 Gutmann, Maximilian Rit. von 4,5
4 KR Ing. Ziese, Schichau-Werft 6,5 Springer, Gustav Frh. von 4,1
5 Hans-Ulrich Graf v. Schaffgotsch 5,3 Gutmann, David Rit. von 3,5
6 Frh. Max v. Goldschmidt-Rothschild 4,1 Gutmann, Rudolf Rit. von 3,4
7 Carl Henschel 41 Dreher, Anton sen. 2,6
8 August Thyssen 3,1 Gutmann, Wilhelm Hermann 1,8
9 Engelbert Herzog v. Arenberg 3,1 Gutmann, Hans Emil 1,8
10 KR Franz Haniel 2,9 Schoeller, Paul Rit. von 1,8)
11 Freifrau Mathilde verw. Rothschild 2,9 Benedikt, Moriz 1,8
12 KR Eduard Beit v. Speyer 2,9 Reitzes, Hans von Marienwerth 1,6
13 Graf Franz v. Ballestrem auf Plawniowitz 2,9 Drasche-Wartinberg, Richard Frh. von 1,6
14 Franz-Hubert Graf Tiele-Winckler 2,9 Mautner v. Markhof Viktor Rit. 1,5
15 Hans-Heinrich XV. Fürst v. Pleß 2,2 Böhler, Friedrich 1,5

       Quelle: Manfred Rasch, Adelige Unternehmer, 22; nach Rudolf Martin: Jahrbuch des Vermögens und Einkommens der Millionäre in Bayern, Berlin 1914; Rudolf Martin: Jahrbuch des Vermögens und Einkommens der Millionäre im Königreich Preußen, Berlin 1913; Rudolf Martin: Jahrbuch des Vermögens und Einkommens der Millionäre in Württemberg und Hohenzollern, Berlin 1914

      

       Drei Einkommensmillionäre aus den Top 15 (von links): Theodor Ritter von Taussig, um 1902; David Ritter von Gutmann, um 1902; Hans Freiherr von Reitzes. Foto aus dem Atelier Madame d’Ora, 1910.

      Albert Rothschilds Einkommen im Jahr 1910 von mehr als 25 Millionen Kronen war kein einmaliger Ausreißer. Es hatte sich in den Jahren von 1898 bis 1913, von der Einführung der Einkommenssteuer bis zur Abwicklung des Nachlasses, immer in diesen Höhen bewegt und war von 12,5 Millionen im Jahr 1898 auf um die 25 Millionen in den letzten Vorkriegsjahren angestiegen. In den Jahren seit der Einführung der Einkommenssteuer bis zum Kriegsausbruch war es im Durchschnitt jedes Jahr um etwa eine Million Kronen angewachsen, mit wesentlich höherer Zuwachsrate als die Einkommen allgemein. Zwischen 1898 und 1913 versteuerte Rothschild in summa ein Einkommen von 311 Mio. Kronen. Seit der Übernahme der Geschäfte im Jahr 1874 hat Albert Rothschild mit Sicherheit nahezu eine Milliarde Kronen verdient. Es gab keine konjunkturellen Dellen und in keinem einzigen Jahr negative Veränderungsraten. Albert Rothschild schien tatsächlich im Zeitalter der Sicherheit zu leben.

       Drei weitere Top-Verdiener: Anton Dreher, Paul Eduard Ritter von Schoeller und Friedrich Böhler (von links).

       Die Jahreseinkommen Albert Rothschilds 1898 bis 1913 (in Mio. K)


in Mio. K Zunahme Mio. K Zunahme in %