Jesus findet Muslime. Christiane Ratz

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Название Jesus findet Muslime
Автор произведения Christiane Ratz
Жанр Биографии и Мемуары
Серия
Издательство Биографии и Мемуары
Год выпуска 0
isbn 9783961400102



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auch persönlich an. Sie gründeten im Geheimen eine Hauskirche. Mit über 150 Personen durften sie ein Übergabegebet sprechen.

      Eines Tages machten sie eine Entdeckung, die ihr Leben und ihren inzwischen stark gewachsenen seelsorgerlichen Dienst und ihre Hauskirche stark gefährdete. Ein angeblicher Pastor, dem sie vertraut hatten, entpuppte sich als Spion der Geheimpolizei. Er hatte bei einer heimlichen Taufe ein Video gedreht und an seine Vorgesetzten weitergegeben. Sue und Matt wurden vor die Wahl gestellt, entweder Jesus abzusagen und ihre missionarischen Tätigkeiten einzustellen oder vor Gericht zu landen.

      Nach viel Gebet entschloss sich das Paar, seine Heimat zu verlassen. Heute versuchen sie, aus dem Land, in dem sie jetzt leben, die zurückgebliebenen Christen in ihrer Heimat zu unterstützen, für sie zu beten und sie zu begleiten.

      Gleichzeitig arbeiten sie unter Geflüchteten, von denen so viele suchend und hungernd nach Jesus sind. Sie durften auch eine neue Gemeinde gründen und junge Christen in einem See taufen – gemeinsam mit anderen, die schon lange mit Jesus unterwegs sind und die sich bis dahin nie hätten träumen lassen, einmal Menschen in einem See zu taufen.

      5 Wilde Rose – Nesrine

      Ich will meinen Geist ausgießen über alles Fleisch,

      und eure Söhne und Töchter sollen weissagen,

      eure Alten sollen Träume haben,

      und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen.

       Joel 3,1 (EÜS)

      „Wir bekommen Besuch. Nesrine, leg ein Kopftuch an!“

      Der säuerliche Blick ihrer Schwiegermutter ließ Nesrine sofort kehrtmachen. Heftig schloss sie die Tür hinter sich und lehnte sich von innen dagegen. Ihr wollten die Tränen kommen, doch das durfte sie nicht zulassen, sonst würde jeder sehen, dass sie geheult hatte. Schon wieder eine strenge Ermahnung der Schwiegermutter. Es war entsetzlich. In diesem Haus gab es für alles Vorschriften. Die Familie ihres Mannes verlangte sogar von ihr, beten zu gehen und sich an zahlreiche religiöse Vorschriften zu halten.

      Seit sie Pertev geheiratet hatte, war nichts mehr wie zuvor. Doch sie liebte ihn! Hätte sie sich bei ihren Eltern beklagt und ihnen erzählt, wie streng Pertevs Familie lebte, hätten sie ihr geraten, sich zu trennen. Aber sie wollte sich nicht scheiden lassen.

      „Pertev, habt ihr den Koran in unserer Sprache im Haus? Ich verstehe so vieles, was deine Mutter von mir will, nicht. Sie will, dass ich beten gehe, doch ich mache mir nichts daraus. Wenn ich besser verstehen würde, woran wir eigentlich glauben, fiele es mir vielleicht leichter, die religiösen Regeln zu befolgen. Glaube mir, ich möchte Gott wirklich gefallen und auch mit deiner Mutter zurechtkommen.“

      Zärtlich strich Pertev Nesrine über das Haar. „Du bist eine gute Frau. Ich liebe dich. Ich werde dir in Vaters Bibliothek einen Koran heraussuchen.“

      „Pertev, es eilt, denn schon bald müssen wir auch unsere eigenen Kinder erziehen. Und der Glaube gehört doch dazu, nicht wahr?“

      „Nesrine, soll das etwa heißen, wir werden Eltern?“

      Nesrine lächelte und nickte.

      Nesrine ging langsam an den üppig bepflanzten Rosenbeeten entlang. Hohe Zypressen warfen ihren Schatten auf den Weg. Dann überquerte sie einen schmalen Wasserkanal, das Licht tanzte darauf. Ein warmer Duft nach Orangenblüten, Mandarinen und süßen Zitronen wehte zu ihr herüber. Nesrine schloss die Augen und sog den schweren Geruch ein. Als sie gleich darauf aufsah, rieselten weiße Blütenblätter im Sonnenschein zur Erde.

      Wie schön hatte Gott das alles gemacht! Dass er es gewesen war, stand für Nesrine außer Zweifel. Bagh-e Eram war für sie einer der schönsten Plätze, die sie kannte. So stellte sie sich das Paradies vor!

      Sie beobachtete lachende Kinder am Wasser und setzte sich auf eine Bank. Ach, könnte sie noch einmal Kind sein! Ihre Hand lag auf ihrem Bauch, und sie spürte, wie sich ihr Kind bewegte. „Ich werde Antworten finden, für dich, mein Schatz.“

      Sie wandte sich dem Koran zu, den sie seit einigen Tagen zu lesen versuchte. Er war schwierig zu verstehen, doch so schnell wollte die 17-Jährige nicht aufgeben.

      „Wie geht es dir, Nesrine? Wann kommt dein Kind zur Welt?“

      Sooft es ging, telefonierte Nesrine mit ihrem Bruder in Kanada. Petrevs Eltern waren nicht besonders begeistert davon. Deshalb tat sie es heimlich, wenn sonst niemand zu Hause war.

      „Ich versuche den Koran zu lesen. Meine Schwiegereltern richten sich peinlich genau nach der Scharia. Sie sind nett zu mir, aber das Gesetz und die Regeln haben immer oberste Priorität. Nicht die Güte, so wie bei uns zu Hause.“

      „Das ist bestimmt nicht einfach für dich, Schwester.“

      „Aber ich liebe Petrev, er ist anders. Ich habe ihm versprochen, zu versuchen seine Eltern zu verstehen. Deshalb habe ich angefangen, den Koran zu lesen.“

      „Das ist eine gute Idee.“

      „Ich bin mir nicht so sicher. Gestern war ich im Park, dort blühen gerade wunderbar die Orangen und Mandarinen. Ich habe Gott darin gespürt. Aber als ich dann auf einer Bank den Koran las, merkte ich: Hier spricht nicht der Gott, den ich in diesem Garten spüre.“

      „Ich kenne ein anderes Buch, das du lesen solltest. Versuche mal, eine Bibel zu bekommen. Vielleicht wird dir das den Weg zu Gott zeigen.“

      Durch die schweren Vorhänge ihres Hauses beobachtete Nesrine einen Händler, der langsam seinen Karren die Straße hinabschob. „Mutter, ich gehe rüber und kaufe Salat zum Mittagessen.“

      Sprachs und verschwand zur Tür hinaus, bevor ihre Schwiegermutter Einwände vorbringen konnte. Nesrine durfte nirgends alleine hingehen, das gehörte sich nicht. Der Gemüsehändler gegenüber war eine Ausnahme.

      Der alte Mann mit dem Karren war eben dabei, in eine Seitenstraße einzubiegen. Schnell lief Nesrine ihm nach. „Haben Sie Bücher?“

      „Madame, was für ein Buch suchen Sie denn?“

      „Nun, ein heiliges Buch, das mir die Wahrheit über Gott erzählt.“

      „Normalerweise habe ich den Koran immer dabei, doch heute …“

      Nesrine wusste genau, das war nur eine Ausrede. Sie sah dem Mann ruhig in die Augen und nahm allen Mut zusammen. „Ich spreche nicht vom Koran. Haben Sie vielleicht eine Bibel?“

      „Madame, das ist gefährlich. Aber …“ Er machte eine Pause und schaute prüfend die Straße hinab. „Wenn ich wiederkomme, werde ich Ihnen das Gewünschte mitbringen.“

      „Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“

       Matthäus 28,8 (NGÜ)

      Nesrine schreckte hoch, Petrev stand in der Tür. „Was liest du da?“ Kurz stockte ihr der Atem, doch dann nahm sie allen Mut zusammen. Petrev musste es selbst lesen. Sie konnte einfach nicht genug davon bekommen. Zugegeben, manches verstand sie nicht, doch sie glaubte beim Lesen einen Geist der Wahrheit und des Friedens zu spüren. Dieselbe Gegenwart, die sie auch draußen im Bagh-e Eram wahrnahm. Gleich zu Anfang, als sie die Bibel gerade gekauft hatte, entdeckte sie darin, dass Gott mit dem Menschen im Gartenparadies spazieren gegangen war. War es ein Ort wie Bagh-e Eram gewesen?

      Petrev und Nesrine begannen zusammen in dem Buch zu lesen. Anfangs wusste er nicht, dass es eine Bibel war. Doch je länger sie darin lasen, je mehr wurden sie davon angezogen. Konnte es sein, dass Gott mit den Menschen sprach? Dass er eine Beziehung zu ihnen wollte und nicht fern und unerreichbar war?

      Oft telefonierten sie mit Nesrines Bruder in Kanada. Er gab ihnen Bibelverse, die ihre Fragen beantworteten. Bibelverse wie:

      Jesus Christus,

      der Gott in allem gleich war und auf einer Stufe mit ihm stand, nutzte seine Macht nicht zu seinem eigenen Vorteil aus.

      Im