Schlacht um Sina. Matthias Falke

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Название Schlacht um Sina
Автор произведения Matthias Falke
Жанр Научная фантастика
Серия
Издательство Научная фантастика
Год выпуска 0
isbn 9783957770295



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Sarkasmus auf, und die roboterartige Geschwindigkeit und Verwachsenheit, mit der sie das Schiff in kritischen Momenten zu führen verstand, entlud sich bisweilen in Ungeduld. Auch Jill hatte dann schon Ermahnungen und Verweise einstecken müssen. Aber sie wusste, dass diese nicht persönlich gemeint und im selben Augenblick schon wieder vergessen waren. Deshalb arbeitete sie gern mit dem Major zusammen, während die pure Anwesenheit des Kommandanten sie befangen machte.

      Seltsam, dachte sie und musste beinahe über sich selbst lächeln, wie tief diese Befangenheit sitzen musste, wenn sie ihr selbst jetzt nicht aus dem Sinn ging, da der General Lichtjahre entfernt war und seine Rückkehr ebenso unwahrscheinlich wie lebensnotwendig für sie war.

      Sie schleppten sich weiter durch die Katakomben. Manchmal war ein fernes Dröhnen zu hören. In unterirdischen Kavernen stoppten die Vorausgehenden plötzlich. Alle hielten den Atem an. Staub rieselte von Decke und Wänden. In den Pfützen, die auf dem nackten Betonboden standen, kräuselte sich das ölige Wasser. Orgelnde Geräusche glitten über sie hinweg. Suchte der sinesische Polizeiapparat sie mit schweren Gleitern? Es klang, als zögen Schwebepanzer in geringer Höhe über die aufgegebenen Gebäude, in deren Eingeweiden sie sich bewegten. Dann wieder schien das Grummeln unterirdisch zu sein. Wie ferner Donner erschütterte es die engen Stollen, in denen die Luft bebte. Manche dieser Erschütterungen waren so stark, dass die sensoriellen Overalls an ihrer Haut zu flattern begannen. Sie klangen wie Detonationen. Waren Gefechte im Gang? Der Tumult verebbte, sie setzten ihren Marsch fort. Aber die Geräusche kehrten wieder, und zwar umso lauter und häufiger, je weiter sie auf ihrer stundenlangen nächtlichen Wanderung vorankamen. Sie schienen mit einer Sicherheit, über die Jill nicht recht froh werden wollte, direkt auf das Zentrum dieser seltsamen und beängstigenden Aktivitäten zuzusteuern.

      Schließlich gelangten sie wieder ins Freie. Sie löschten die Handflammer und vereinbarten Funkstille und Schweigen. Durch eine mannsdicke Stahltür, die schräg in ihren verrotteten Scharnieren hing, traten sie in die graue sinesische Nacht. Jills Zeitgefühl sagte ihr, dass es in einer Stunde hell werden würde. Bis dahin mussten sie sich weit genug zurückgezogen haben, um ein sicheres Quartier für den Tag zu finden. Jetzt stand sie schaudernd im böigen Wind, der sie trotz der selbstwärmenden Kleidung zittern ließ. Taylor und ein Tloxi gingen vor. Im Schutz einer langgezogenen Mauer, die aus den charakteristischen roten Tloxi-Ziegeln bestand, schlichen sie auf eine Halde aus Trümmern und Schrott zu. Lambert überlegte, ob es sich um eine zerstörte Tloxi-Kaserne handelte. Wenn das der Fall war, musste die Zerstörung entweder schon lange zurückliegen – oder die Zerstörer hatten ganze Arbeit geleistet und es so aussehen lassen, als bewege man sich durch ein Labyrinth jahrhundertealter Ruinen. Während sie dem Vorauskommando folgte und in abgehackten Sätzen von einer Deckung zur anderen schnellte, durchzuckte sie die Möglichkeit, dass bald alle Hervorbringungen der genügsamen Tloxi-Kultur so ausschauen konnten.

      Zwanzig Meter vor ihr lehnte Taylor an einem zertrümmerten Mauerrest. Er spähte mit dem HoloSkop darüber hinweg. Sie hörte, wie er leise vor sich hinzischte. Es klang, als wolle er »Scheiße« sagen, aber eine ungeheure Verstörung ließ ihn nicht über den ersten atemlosen Laut hinwegkommen. Er setzte das Scherenfernrohr ab und winkte sie heran. Mit einem letzten Blick sicherte sie das Gelände. Dann rannte sie, den Oberkörper waagerecht vorgebeugt, die letzten Schritte zu ihm. Scherben aus geborstenem Elastal knirschten unter ihren Stiefeln. Durch das weiche Tloxi-Leder spürte sie jede Unebenheit, aber die scharfkantigen Splitter drangen trotzdem nicht durch. Schwer atmend drückte sie sich neben Taylor in den Schatten der Mauer. Er drehte sich zu ihr um und reichte ihr wortlos das Sichtgerät. Von irgendwelchen fernen Raffinerien, Verwaltungstürmen und Plasmafabriken fiel ein fahles, rötliches Licht auf sein junges Gesicht, das in einem unaussprechlichen Entsetzen versteinert war. Jetzt erst, als ihr Puls sich beruhigte und ihr Keuchen nachließ, fiel ihr auf, wie laut es hier war. Die Luft schien zu kochen. Die ganze Atmosphäre zitterte und tobte in Bebungen, die im Infraschallbereich angesiedelt zu sein schienen. Sie teilten sich eher über das Bauchfell und über die Vibrationen des Untergrundes mit. Aber auch im hörbaren Bereich war schrilles Singen und Pfeifen zu vernehmen.

      Sie atmete noch einmal tief durch, um ihre hechelnde Lunge und den stolpernden Herzmuskel unter Kontrolle zu bringen. Dann nahm sie das Nachtsicht-Holoskop in die Hand, das klobig, aber leicht war. Sie vergewisserte sich, dass das Kopfteil ihres Overalls sauber an Stirn, Wangen und Kinn abschloss und keine ihrer hellen Haarsträhnen durchließ. Dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen, stützte sich mit Brust und Ellbogen an die bröckelnde Mauer und hob das Scherenfernrohr an die Augen. Was sie sah, als die automatische Nachführung sich adaptiert und das Bild scharfgestellt hatte, ließ sie erbleichen. Sie spürte, wie ihre Knie weich wurden. Ihr ganzer Körper schien wie nasser Lehm gegen den kalten Stein der Mauer zu lehnen. Aus eigener Kraft war sie fast unfähig, ihn zu tragen.

      Das ganze Sichtfeld war ein einziger Aufruhr. Schwefelgelbe, rauchigrote und heliumblaue Farbflecken tauchten durcheinander. Es war wie ein Blick in ein überfülltes Aquarium, wenn der Fokus nicht weiß, auf welches der vielen Objekte er scharf stellen soll. Sie nahm den Zoom zurück, verbreiterte den Ausschnitt und gewann zusätzliche Schärfentiefe. Das erste, was sie erkennen konnte, war ein riesiger schwarzer Käfer. Eine abgeplattete Masse, völlig lichtundurchdringlich, ruhte auf acht untersetzt wirkenden Beinen. Die Luft unter der Bauchseite siedete, deshalb fiel es schwer, Größenvergleiche anzustellen. Indem sie den Bildausschnitt wieder zusammenzog und das Objekt heranholte, erkannte sie die winzigen Punkte, die im wabernden Dunst unter der schwarzen Masse herumliefen. Es waren Sineser. Und das Objekt war ein Schiff, es musste wenigstens fünfhundert Meter lang sein. Das Hitzeflimmern im Bild verstärkte sich. Dann schmolz der Käfer zu einem verschwommenen Fleck ein, der langsam, auf strontiumfarbenen Explosionen reitend, in die Höhe stieg. Mit etlichen Sekunden Verspätung, die etwas über die Entfernung von dem Geschehen sagte, drang ohrenbetäubender Donner heran. Das Schiff hob ab, stand geraume Zeit bewegungslos in der Luft, drehte dann bei – und kam direkt auf sie zu. Das Fauchen und Dröhnen seiner Triebwerke klirrte in den Trommelfellen. Es ließ lose Kiesel und Ziegelbrocken auf dem Boden tanzen und zerrte an ihrer Schutzkleidung, die wie in einem Orkan zappelte und knallte. Das Schiff flog in geringer Höhe auf sie zu. Sie warfen sich zu Boden und versuchten sich in der Deckung der Ziegelmauer zu verkriechen. Wenige hundert Meter hoch, blubbernd und brüllend, zog es über sie hinweg. Die gewaltigen Stelzen wurden eingezogen. An der narbigen Bauchseite arbeiteten die Triebwerke und die Korrekturdüsen. Es war ein automatisches Chaos von Ionenstrahlen, Raketenmotoren, hydraulischen Elementen und aerodynamischen Flossen, die die träge Flugbewegung mechanisch kontrollierten. Dann hob das Schiff die Schnauze. Der ganze Luftraum war nur noch flüssiges Feuer, das in sehr breiten Wellen flutete und tobte. Der Pilot gab vollen Schub auf das Haupttriebwerk. Das Schiff gewann rasch an Höhe und verschwand in der schmierigen Wolkendecke. Es war ein schwerer Sinesischer Kreuzer.

      Betäubt und hustend, fast besinnungslos von Lärm, Hitze und Ozongeruch, richteten sie sich auf. Sie setzten die Beobachtung fort. Abwechselnd reichten sie sich das Scheren-HoloSkop und spähten den Raumhafen von Sina City aus. Auf der ganzen Breite des nördlichen Horizontes, und Dutzende Kilometer in der Tiefe, wie sie der Nachführautomatik entnehmen konnten, bestand die Nacht nur aus startenden Schiffen. Große Zerstörer, Sternenkreuzer wie der, der über sie hinweggezogen war, Kampfschiffe und gewaltige Trägerplattformen, die Staffeln schneller Jäger bargen, erhoben sich aus ihren Hangars und stiegen donnernd in den Orbit auf. Überall standen Säulen aus gezähmtem Feuer in der Nacht. Schwarze Stahlwesen putzten ihr tödliches Gefieder und breiteten knirschend ihre kantigen Schwingen aus. Positionslichter, Signalstrahlen, starke Scheinwerfer und die blauen Rückstoßflammen veranstalteten ein exakt choreographiertes Ballett der Vernichtung. Über eine Stunde dauerte allein der Start eines Jagdgeschwaders, der in einem der östlichen Sektoren des riesigen Raumhafens stattfand. In unablässiger Folge, von monotonem, sirenenartigen Heulen begleitet, brachen hunderte Maschinen auf. Es sah aus, als feuere ein schwerer Raketenwerfer pausenlos in den teigigen Nachthimmel, aber jedes der weißblauen Lichtpakete, das stöhnend davonschoss, war ein schnelles, wendiges, bis an die Zähne bewaffnetes Kampfschiff. Ein überlichtschneller Jäger, dessen Besatzung darauf gedrillt war, Feinde durch den Hyperraum zu Tode zu hetzen und sie in Manövern, deren Elemente in den Quantenspeichern, unüberbietbaren Tloxi-Fabrikaten, abgelegt waren, zur Strecke zu bringen. Strategische Bomber entfalteten ihre weiten Tragflächen, unter denen in