Tierisch gute Gespräche. Amelia Kinkade

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Название Tierisch gute Gespräche
Автор произведения Amelia Kinkade
Жанр Биология
Серия
Издательство Биология
Год выпуска 0
isbn 9783941435865



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war der Schatten so schwach, dass ich ihn nicht sehen konnte, aber ich fühlte seine warme, prickelnde Gegenwart in der Luft, und stärker noch war der Geruch nach Benjamins Kölnisch Wasser.

      Wir alle besitzen die Kraft der direkten Verbindung, und wir besitzen sie aus einer Notwendigkeit heraus. Wenn uns ein Erdbeben, ein Tornado, eine Überschwemmung oder eine andere Naturkatastrophe davon abhält, das Telefon zu benutzen, können wir uns auf unsere inneren Kommunikationsleitungen verlassen. Hätten unsere Ahnen ihre Intuition nicht benutzt, um frisches Wasser, Nahrung und Lagerstätten zu finden, wäre keiner von uns jetzt hier. Die übersinnliche Fähigkeit ist das Geburtsrecht des Menschen.

      Die Indianer glauben, dass es nichts Übernatürliches gibt. Sich auf die Intuition zu verlassen und sie mit einzubeziehen ist genauso „natürlich“, wie wenn wir darauf vertrauen, dass unser Knochengerüst den Körper stützt oder unser Magen die Nahrung verdaut. Die Aborigines von Australien sind das älteste und isolierteste indigene Volk der Erde, unverdorben von der Außenwelt. Würden sie ihre psychischen Sinne nicht benutzen, um Wasser in der unendlichen Weite der australischen Wüste zu finden, wären sie bereits vor Tausenden von Jahren verdurstet.

      Ich glaube, dass selbst bei uns schwerfälligen, glücklosen, maschinensüchtigen Amerikanern bis zum Alter von vier, fünf Jahren alle psychischen Sinne intakt sind, bis sie uns dann von kritischen Erwachsenen und dem Ansturm der Erziehung ausgetrieben werden. Ich kenne kein Kind, das keine „unsichtbaren Freunde“ hätte oder die „hübschen Lichter“ nicht sehen könnte, dem es nicht möglich wäre, sich an vergangene Leben zu erinnern, die Gedanken von Tieren zu hören oder völlig ungeniert mit Familienmitgliedern und Freunden telepathisch zu kommunizieren. Wenn Kinder genug Kritik eingesteckt haben und regelmäßig Bemerkungen über ihre „wilde Einbildung“ zu hören bekommen, schließen sie daraus, dass sie irrational sind, und behalten schließlich die Informationen für sich. Im Laufe der Zeit lernen sie, die Übermittlungen gänzlich zu ignorieren.

      Studien der Zirbeldrüse, die sich zwischen den Augen befindet und der man die Eigenschaften des „Dritten Auges“ zuschreibt, zeigen, dass die Drüse im Alter von sieben bis acht Jahren anfängt zu verkümmern, um sich im weiteren Reifungsprozess des Kindes nur noch stärker zurückzubilden. Die Wissenschaft weiß mit der winzigen zapfenförmigen Drüse nichts anzufangen. Fest steht lediglich, dass deren Aktivität zum Stillstand gelangt, sobald wir in die Pubertät kommen. Von da an ist der Körper natürlich besessen von dem, was unterhalb der Taille geschieht!

      In Drawing on the Right Side of the Brain legt Betty Edwards dar, dass die linke Gehirnhälfte die analytischen Fähigkeiten sowie den kritischen Geist, die Kräfte der deduktiven Argumentation und das Ego beherbergt. Das „Ich“, das wir alle kennen, ist in der linken Hemisphäre unseres Gehirns zu Hause.

      Bei schätzungsweise 70 Prozent der Menschen haben die kommunikativen Fähigkeiten ihren Platz ebenfalls in der linken Gehirnhälfte, aber ich vermute, dass meine in der rechten Seite zu finden sind (obgleich tief unten). Das erklärt vielleicht, warum ich telepathische Übermittlungen im gesprochenen Wort in englischer Sprache empfange. Diese Fähigkeit wird Hellhören genannt.

      Wenn die verbalen Fähigkeiten der linken Gehirnhälfte zum Schweigen gebracht werden, kommen die in der rechten Gehirnhälfte angesiedelten visuellen Fähigkeiten zum Zug und können eine angenehme Ruhepause herbeiführen, in der man frei von beurteilendem Denken ist. In der rechten Hemisphäre des Gehirns findet kein Beurteilen statt; hier gibt es nur die reine Erfahrung, die kleine Kinder wohl jederzeit genießen.

      Der gleiche veränderte Bewusstseinszustand wird auch bei allen künstlerischen Unternehmungen erreicht, in denen genügend Meisterschaft im Spiel ist, so dass der Geist abschalten und der Körper „automatisch“ funktionieren kann. Auch professionelle Basketballspieler und Praktizierende der Transzendentalen Meditation haben mir diesen Glückszustand geschildert, und Gleiches ist von Schlittschuhläufern, Bildhauern, Skiläufern, Jongleuren, Fußballspielern und sogar Küchenchefs zu berichten, um nur einige zu nennen. Viele Jazzmusiker sprechen ehrfürchtig vom „groove“, und bei manchen Tänzern heißt es einfach „Ankommen“.

      In The Inner Game of Tennis sagt Timothy Gallwey, der Focus des Spielers müsse immer auf das gerichtet bleiben, was gerade geschieht, anstatt auf die Beurteilung des eben Geschehenen. Auf diese Weise wird der Geist im gegenwärtigen Moment so wach gehalten, dass er keine Zeit hat, das Geschehene zu beurteilen, auch wenn es Lob verdient. Tänzer, Athleten, Künstler, (hoffentlich auch) Flugzeugpiloten und Rennfahrer lernen, im Augenblick zu bleiben. Nur im gegenwärtigen Augenblick finden wir den Zustand perfekter Konzentration, in dem kein beurteilendes Denken stattfindet.

      Nach einer anderen Theorie ist der Schlüssel zur Stimulierung der übersinnlichen Kräfte weder in der rechten noch in der linken Gehirnhälfte zu finden. Das Gehirn soll vielmehr möglichst vollständig ausgeschaltet werden, damit wir uns in die Stille des Herzens begeben können. Nur im Herzen entgehen wir unserem mentalen Geplapper und können dann den Geist so lange zum Schweigen bringen, bis er endlich wahrhaft zuhört.

      In der westlichen Welt ist diese Vorstellung praktisch unbekannt, doch treffen wir sie in allen östlichen Religionen an, die Erleuchtung durch Meditation suchen. Wir werden dieser Technik im Abschnitt über Hellfühlen nachgehen - der Kunst, Gefühle von anderen Lebewesen aufzufangen.

      Für das Erlernen der Telepathie gibt es ein System von Verfahren mit einem sehr konkreten Aufbau. Wenn du diese Verfahren lernst und so oft übst, dass sie Teil deines Körpers werden, kannst du dein Gehirn ausschalten und einen Zustand vorübergehender Gnade genießen.

      Nichtverbale Kommunikation ist eine Kunst wie alle anderen Künste. Mit der Zeit wird uns der Zugriff auf die rechte Seite des Gehirns zur Gewohnheit werden, anstatt nur ein Zufallstreffer zu sein. Telepathie ist äußerst künstlerisch, denn sie ist die Fähigkeit, in Bildern zu denken – Bilder zu senden und zu empfangen, die wir im Geist wie auf der Leinwand eines Malers erschaffen haben.

      Rad fahren ist eine Aktivität der rechten Gehirnhälfte, aber als du es die ersten paar Male probiert hast, erforderte es deine ganze linksseitige Konzentration und Aufmerksamkeit. Jetzt brauchst du dafür wahrscheinlich so wenig Aufmerksamkeit, dass du überhaupt nicht bewusst darüber nachdenken musst. Selbst das Gehen war einmal ein unsicheres Unterfangen. Mit der Praxis wird die psychische Kommunikation bald nur noch ein alter Hut für dich sein. Dann gehst du spazieren und unterhältst dich gleichzeitig telepathisch mit deinem Hund, ohne dich auf die eine oder andere Fähigkeit konzentrieren zu müssen.

      Wir menschlichen Tiere haben an einem Tag etwa vierzigtausend Gedanken (obwohl ich ein paar Leute kenne, die schwören würden, nur zwei oder drei Gedanken an einem guten Tag zu haben). Wenn ein Tier oder auch eine andere Person Kontakt aufzunehmen versucht, werden sie immer ein Besetztzeichen erhalten. Die Hauptaufgabe des menschlichen Gehirns ist ganz offensichtlich, so viele Nachrichten wie irgend möglich auszusenden und um jeden Preis beschäftigt zu wirken.

      Etwa vierzigtausend Impulse werden also täglich von deiner persönlichen Radiostation in die Welt um dich herum ausgesendet. Wären deine Gedanken dem bloßen Auge sichtbar, dann würden wir sie pausenlos hinausströmen sehen - und dies den ganzen Tag, Tag für Tag.

      Um telepathisch zu kommunizieren, musst du aufhören, Signale auszusenden. Du wirst lernen, den Diskjockey abzuschalten, deine Kanäle zu klären und zu empfangen. Der sechste Sinn ist feiner als die anderen fünf. Das Dritte Auge wird anfangen zu pulsieren und aus seinem Schlaf erwachen, sobald es endlich von Frieden und vollkommener Stille umgeben ist.

      Du wirst entdecken, dass du nicht deine Gedanken bist. Wenn du dich von deinen eigenen Gedanken so sehr abgelöst hast, dass du dich