In der Pfütze schwimmt ein Regenbogen. Christina Conradin

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Название In der Pfütze schwimmt ein Regenbogen
Автор произведения Christina Conradin
Жанр Современная зарубежная литература
Серия
Издательство Современная зарубежная литература
Год выпуска 0
isbn 9783960083412



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zu schlagen.“ Doch die Türe knarzt wieder, nur, dass keiner von uns sie bewegt hat. Wir erstarren.

      „Stillgestanden!“, brüllt Konstantin uns an und fixiert uns mit seiner Taschenlampe. „Ich hab sie!“, ruft er den anderen zu.

      „Okay, wir geben uns geschlagen“, meint Ben mit einer etwas gereizten und enttäuschten Stimme.

      „Habt eh ganz schön lange gebraucht“, wirft Jakob ein. Da knurrt mein Magen.

      „Auf geht’s zum Abendessen! Mein Bauch hat gesprochen“, bestimme ich nun den weiteren Plan. Am Gartenzaun vernimmt man von allen Seiten ein fröhliches: „Bis morgen!“ Ben ruft: „Gute Nakt zusammen! Wir fahren morgen zu Opa und Omi.“

      WIR BESUCHEN OPA, OMI UND UROPA AUF DEM BAUERNHOF

      „Fahren wir morgen wirklich zu Opa und Omi?“, frage ich Mama im Bad beim Zähneputzen.

      „Aber ja! Omi feiert doch übermorgen Geburtstag“, erwidert Mama. Zusammen im Bett liegend beginnt Mama die Geschichte von Paul, dem Kaiserpinguin, weiterzulesen:

       Kaiserpinguinmama Adele macht sich sofort auf die Suche nach Nahrung für die Kleine. Kaiserpinguinjungtiere bekommen oft nur alle drei bis vier Tage etwas zu fressen, weil die Eltern einen weiten Weg zum Meer haben. Im Sommer, wenn die Pinguinkinder größer sind und noch mehr zu essen brauchen, ist der Weg zum Jagen ins Meer nicht mehr so weit, weil viel Eis um sie herum geschmolzen ist. Glücklich gibt Papa Paul seiner Tamara ihre erste Mahlzeit. Obwohl er selber Hunger hat, würgt er Magensekret für seine Tochter heraus. Dann warten sie auf Mama Adele mit der ersten richtigen Fischmahlzeit ...

      Eigentlich möchte ich unbedingt wissen, wie es weitergeht, aber plötzlich fällt mir etwas Dringendes ein.

      „Du darfst schon weiterlesen, Mama“, sag ich zu ihr, streichle Mama über den Kopf, wie sie es bei mir immer macht, und gehe hinunter zu Papa, um ihm eine wichtige Frage zu stellen. Unten in der Küche angekommen stürme ich auf Papa zu: „Kriegen wir morgen unser versprochenes Eis? Du hast letztes Mal gesagt, wenn es wärmer ist …“, schreie ich Papa entgegen.

      „Ganz ruhig, meine Kleine. Erstens gehörst du ins Bett, zweitens kannst du in einer ganz normalen Lautstärke mit mir sprechen und drittens, ja, es ist schönes Wetter angesagt, also bekommt ihr euer Eis.“ Papa wird immer leiser und deutet auf die Türe Richtung Treppenhaus. Er lächelt und erhascht sich noch einen weiteren Gutenachtkuss.

      Mama steht schon auf der Treppe, als ich ihr in die Arme laufe: „Bin schon da und gute Nacht!“, beeile ich mich zu sagen, schon weiter auf dem Weg ins Bett.

      „Gute Nakt, Nini!“, ruft Ben von der anderen Seite des Schranks.

      Obwohl freie Zimmer zur Verfügung stünden, teilen Ben und ich uns einen großen Raum. Lediglich ein riesiger, weißer Schrank trennt unsere Bereiche ab. Besonders abends können wir über unsere Trennwand hinweg noch lustig sein, wie Ben es nennt. Wenn man laut spricht, versteht es der andere im „anderen Zimmer“. An manchen Abenden machen wir Geräusche und kichern dabei, bis uns Papa oder Mama schimpfend um Ruhe bitten. Dann ist es aber mindestens genauso lustig.

      Tagsüber zieht sich Ben oft auf den Dachboden zurück. Dort hat er sich eine Chillecke eingerichtet. Häufig hört man ihn Gitarre spielen. Mit seinen Freunden ist er ebenfalls in der Regel dort oben. Woraufhin man das Gefühl hat, dass die Wände im oberen Stock von der lauten Musik zu wackeln beginnen.

      „Schlaf gut, großer Bruder!“, erwidere ich Ben heute voller Vorfreude auf den nächsten Tag.

      Bevor wir am nächsten Morgen fahren, passiert allerdings noch etwas Schreckliches: Meine Lieblingsgiraffe ist weg. Papa ist gerade dabei, unsere Sachen ins Auto zu packen, da stürme ich verzweifelt aus dem Haus.

      „Papa, ohne Gigi kann ich nicht mitfahren! Wo ist meine Giraffe?“ Ich weine und schreie und kenne mich selbst kaum mehr. Mama kommt auf mich zu und nimmt mich in den Arm: „Ganz ruhig, mein Mäuschen. Wir finden Gigi bestimmt!“

      „Nein, ich hab schon üüüüberall gesucht!“, schluchze ich, „Gigi, oh nein!“ Ich steigere mich so hinein, dass meine Augen wehtun und mein ganzer Kopf brummt.

      „Beruhige dich, Nini! Wegen so ‘nem Stofftier brauchst du dich wirklich nicht so aufzuregen!“, meint Ben ganz irritiert von meinem Nervenzusammenbruch. Trotzdem helfen alle beim Suchen. Mama und ich machen uns oben auf die Suche, Ben unten und Papa ist sogar wegen Gigi im Garten unterwegs. Aber keine Gigi ist in Sicht! Nach einer ganzen Weile hält Papa mir die Autotür auf: „Wir müssen jetzt los, sonst kommen wir in den starken Verkehr. Wir haben einen weiten Weg vor uns.“

      „Aber! …“, seufze ich nur noch leise und setzte mich nachdenklich und traurig ins Auto. Ab und zu kullert mir noch eine Träne über die Wange.

      Opa Emil, Omi und der Uropa wohnen sehr weit weg, leider. Sie haben einen Bauernhof mit Kühen und außergewöhnlichen Hennen in den Bergen. Diesmal bleiben wir dort nur für ein Wochenende, da Papa wieder arbeiten muss. Auf Omis Geburtstag freue ich mich sehr, obwohl Gigi nicht dabei ist. Um mich abzulenken, lese ich in meinem Buch weiter, das Mama mir in meinen Sitzschoner gepackt hat.

      Plötzlich merke ich jedoch, dass mir furchtbar schlecht wird. Die Strecke durch die Berge ist sehr kurvenreich.

      „Mama, ich bin schlecht!“, rufe ich nach vorne. Da ist es auch schon zu spät.

      „Nini ist übergelaufen“, fügt Ben hinzu. Er hat mir in letzter Sekunde seine Mütze hingehalten. Papa hält sofort am Straßenrand und Mama holt mich aus dem Auto.

      Die frische Luft tut gut.

      „Ben, da hast du aber toll reagiert. Jetzt ist wenigstens nicht das ganze Auto voll.“

      „Nur meine Lieblingsmütze, die kann ich jetzt wegschmeißen“, sagt Ben etwas angeekelt von der Mütze, die er noch immer in den Händen hält. Doch Mama nimmt sie ihm ab und meint: „Die bekomme ich schon wieder sauber, keine Sorge!“ Sie steckt die Mütze in eine Plastiktüte und macht einen festen Knoten hinein. Nachdem ich einen kleinen Schluck Wasser für einen besseren Geschmack im Mund getrunken habe, fahren wir nach etwa fünf Minuten weiter. Fast die ganze restliche Fahrt trällern wir nun alle uns bekannten Lieder rauf und runter, denn Mama ist überzeugt, dass Singen gegen Übelkeit hilft. Ich liebe es, wenn wir gemeinsam im Auto singen. Mama kennt alle Texte auswendig. Eine Stunde lang können wir uns so gut die Zeit vertreiben.

      Als wir endlich am Ziel sind, kommt Opa Emil sofort aus dem Kuhstall und begrüßt uns freudestrahlend. Ben und ich laufen ihm in die Arme. Es dauert nicht lange, da hat Ben Opas neues Auto entdeckt, ein nigelnagelneuer schwarzer Mercedes.

      „Darf ich mich mal reinsetzen?“, ertönt es sofort aus Bens Mund. Schon sitzen er und Opa begeistert im neuen Wagen. Ich geselle mich auf der Rücksitzbank dazu und beobachte Ben, wie er auf all die vielen im Auto verteilten Knöpfe drückt. Mama klopft gegen die Scheibe und ruft: „Verstell Opa nicht alles!“, woraufhin Opa mit stolzer Miene: „Lass ihn halt!“ erwidert. Doch bald schon wird es unter Opas Po ziemlich heiß.

      „Ben, wo hast du die Sitzheizung angestellt? Mir ist zu heiß.“ Bens Lächeln entnehme ich, dass er genau weiß, wohin er drücken müsste. Kurz lässt er Opa noch zappeln und schwitzen, schaltet dann jedoch die Sitzheizung wieder aus.

      „Schau, Opa Emil, hier sind die Regler für die Sitzheizung“, erklärt er seinem Großvater mit geschwollener Brust.

      In dem Moment öffnet Papa die Autotür: „Kommt raus ihr zwei! Wir gehen Omi und den Uropa in der Küche begrüßen.“ Omi kommt uns im Hausflur bereits überglücklich entgegen: „Da seid ihr ja! Ich freue mich so euch zu sehen!“ Nachdem wir mit dem Begrüßen fertig sind, stellt Omi die entscheidende Frage: „Ihr habt bestimmt Hunger, stimmt’s?“

      „Au ja, es duftet so gut nach deinem Schweinebraten mit Rosmarinkartoffeln“, schwärmt Ben, bevor er die Küche betreten hat. „Ich freu mich schon aufs Sachen-Aufessen“.

      „Hundeschnauze!“,