Die Kolonie Tongalen. Chris Vandoni

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Название Die Kolonie Tongalen
Автор произведения Chris Vandoni
Жанр Научная фантастика
Серия
Издательство Научная фантастика
Год выпуска 0
isbn 9783939043652



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von Ernests großen Fähigkeiten war es, einen Gleiter durch solch unwegsames Gebiet zu fliegen. Es gab heutzutage nur noch wenige Piloten, die einen Gleiter vollständig manuell fliegen konnten, geschweige denn in einer so schmalen Schlucht.

      »Christopher, wie wär‘s, wenn du eines von unseren Ostereiern abwerfen würdest?«, schlug Ernest vor.

      »Gute Idee.« Er tippte ein paar Befehle ein.

      »Was sind Ostereier?«, fragte Michelle verwundert.

      »Damit bezeichnen wir kleine Sprengkörper, die einen verblüffend ähnlichen Effekt erzeugen wie der Absturz eines Gleiters«, erklärte Christopher beiläufig.

      Wenige Sekunden später gab es hinter ihnen eine Explosion. Auf dem Monitor konnte Christopher eine Feuerwand aufsteigen sehen, die die gesamte Schlucht ausfüllte.

      »Nun werden sie glauben, sie hätten uns getroffen oder wir wären an der Felswand zerschellt«, frohlockte Ernest. »Und in dieser Schlucht können sie uns nicht orten.«

      Zu beiden Seiten rasten die Felswände mit schwindelerregendem Tempo an ihnen vorbei. Ernest wich jedem Hindernis mit unglaublicher Behändigkeit aus. Manchmal schien es, als würde der Gleiter die obersten Wipfel der Bäume berühren. Aber das war nur eine Täuschung.

      »Wir müssen irgendwo landen«, sagte Eric nach einer Weile.

      »Wir können jetzt nicht aus der Schlucht aufsteigen«, erwiderte Ernest, während er konzentriert aus dem Panoramafenster starrte. »Die würden uns sofort wieder orten.«

      »Im Moment haben sie uns auf jeden Fall verloren«, meldete Christopher. »Ich bekomme kein Peilsignal mehr von ihnen.«

      »Na dann, auf zu einem Landeplatz«, sagte Eric beruhigt.

      »Ich werde dieser Schlucht bis zu ihrem Ende folgen«, sagte Ernest. »Dann schauen wir uns die Gegend mal an. Vielleicht finden wir etwas Passendes zum Landen.«

      Eine halbe Stunde später dehnte sich die Schlucht aus. Vor ihnen erschien ein breiter Talkessel mit niedrigen Pflanzen und Gras. Mittendrin erstreckte sich ein kleiner See, der am anderen Ende von einem Wasserfall gespeist wurde.

      Ernest bremste den Gleiter scharf ab, während er sanft nach links abdrehte.

      »Das reinste Paradies«, schwärmte Michelle, die gebannt aus dem Panoramafenster blickte.

      »Am linken Ufer gibt es eine kleine Fläche«, bemerkte Eric. »Da könnten wir landen.«

      Ernest hatte die Stelle ebenfalls entdeckt, umrundete sie einmal und sah sie sich näher an. Dann fuhr er die Landestützen aus und setzte das Schiff sanft auf dem Boden auf.

      Nachdem die Triebwerke verstummt waren, öffneten sie ihre Sicherheitsgurte, blieben jedoch noch eine Weile sitzen.

      »Was nun?«, fragte Christopher ratlos.

      »Wir sitzen ganz schön in der Tinte«, knurrte Ernest.

      »Ganz schön dreist, wie sich dieser Pirat vor der Haustür von Tongalen verhalten hat«, meinte Eric. »Mark wird staunen, wenn wir ihm das erzählen.«

      »Er wird es bestimmt wieder herunterspielen«, winkte Christopher lakonisch ab. »Aber so, wie es aussah, wollten die uns entführen.«

      »Wir müssen unbedingt mit den Leuten Kontakt aufnehmen, denen wir die Substanzen abliefern und von denen wir die Mineralien bekommen sollen«, schlug Eric vor.

      »Die in unseren Auftragsdaten enthaltenen Kommunikationsfrequenzen sollten uns automatisch mit den richtigen Leuten in Verbindung setzen«, erklärte Christopher. »Aber anscheinend ist das nicht geschehen, sonst hätte sich nicht plötzlich ein Fremder gemeldet.«

      »Das waren definitiv nicht die Leute, denen wir etwas abliefern oder etwas überbringen sollten.«

      »Dann schick mal auf der Kommunikationsfrequenz eine manuelle Nachricht. Sag den Leuten doch einfach, wir wären eingetroffen und mit einer Panne im Dschungel gestrandet.« Ernest wirkte gereizt.

      Christopher verfasste zwei Nachrichten, eine für die Lieferanten der Mineralien und die andere für die Niederlassung von Norris & Roach, las aus dem Bordsystem die Frequenzen aus und fügte sie den Nachrichten hinzu. Danach verschlüsselte er sie und schickte beide ab.

      »Wir werden eine Bestätigung bekommen, in der wir sehen, wann und von wem die Nachrichten abgerufen wurden«, erklärte er.

      »Sehr gut«, lobte Ernest.

      »Dann werden wir sofort sehen, ob sie jemand abfängt.«

      Keine Viertelstunde später traf die erste Antwort ein. Ein Mann namens Daniel Beckman teilte ihnen mit, man könne ihnen keine technische Unterstützung bieten, man solle sich doch an die Wartungsgesellschaft im Raumhafen wenden. Diese würde das Schiff bestimmt wieder flottkriegen. Er schrieb außerdem, wo man die Ladung mit den Mineralien abholen könne und dass man auf sie warten würde.

      Michelle nahm daraufhin Kontakt mit der Wartungsgesellschaft auf, gab die Position der Space Hopper an und nannte als Grund der Panne einen Triebwerksschaden. Eine weibliche Stimme antwortete ihr, man werde sich am nächsten Tag darum kümmern, und sie sollten an der gegenwärtigen Position verbleiben.

      Kurz darauf traf die zweite Antwort ein. Eine Sachbearbeiterin von Norris & Roach namens Afra Melinn bedauerte ihr Missgeschick und bot ihnen an, die chemischen Substanzen abholen zu lassen. Man werde ein paar Leute mit einem Fluggleiter schicken, denen sie die Fracht übergeben könnten.

      »Na toll!« Ernest verdrehte verärgert die Augen. »Dann sitzen wir hier erst einmal fest. Wenn wir starten, werden wir von den Piraten sofort wieder geortet.«

      Christopher hatte während der Wartezeit verschiedene Analysen durchgeführt. Die Luft in dieser Gegend war mit hoher Feuchtigkeit gesättigt, die Temperaturen bewegten sich etwas über dreißig Grad, die des Sees um sechsundzwanzig Grad. Die Sonne hatte Mühe, mit ihren Strahlen die feuchte Atmosphäre zu durchdringen, aber vereinzelte Schatten zeugten davon, dass es ihr an einigen Stellen trotzdem gelang.

      »Betrachten wir es doch als Urlaub.« Christopher zeigte mit dem Finger durch das Panoramafenster nach draußen. »Das ist das reinste Paradies.«

      »Ich würde sehr gerne schwimmen gehen«, schwärmte Michelle. »Scheint ja angenehm warm zu sein.«

      »Na ja, wenn ihr wollt«, brummte Ernest. »Für mich ist das zu anstrengend. Bei dieser Luftfeuchtigkeit halte ich es sowieso nicht lange aus.«

      »Aber du könntest trotzdem kurz nach draußen kommen«, meinte Eric. »Ein bisschen frische Luft schadet auch dir nichts.«

      »Ja, das schaff ich bestimmt noch. Aber wenn es ungemütlich wird, verziehe ich mich wieder ins Schiff.«

      »Ich werde die Mobilkonsole unseres Bordsystems mitnehmen«, sagte Christopher. »Am besten schalten wir auch noch den Spiegelschirm ein.« Er tippte den entsprechenden Befehl ins System ein. Dann verließ er das Terminal, verschwand kurz in seiner Kabine und zog sich leichtere Kleider an.

      Als er zurück in den Aufenthaltsraum kam, waren alle außer Michelle bereit, das Schiff zu verlassen.

      »Frauen brauchen immer etwas länger, um sich umzuziehen«, spöttelte Ernest.

      Kaum hatte er den Satz beendet, kam Michelle den Gang entlang und betrat, nur mit einem weißen, bauchfreien Top mit dünnen Spaghettiträgern und dunkelblauen Shorts bekleidet, den Aufenthaltsraum.

      »Da bin ich schon.« Sie sah die anderen der Reihe nach an.

      Ernest und Eric starrten sie mit offenem Mund an, während Christopher ein Grinsen nicht verkneifen konnte.

      »Gehen wir?«, fragte sie, worauf Ernest und Eric sich wieder auf ihr Vorhaben besannen und verlegen zum Ausstiegsschott trotteten.

      Die beiden hatten sich eine leichte Tasche umgeschnallt, in der sie ihre Raucherutensilien mitführten, und waren mit Shorts und Poloshirts