Verschollen in Ostfriesland. Ulrich Hefner

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Название Verschollen in Ostfriesland
Автор произведения Ulrich Hefner
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783839270066



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räusperte sich. »Noch einmal die Frage: Wie ist Ihr Verhältnis zu ihm? Würden Sie sagen, es ist freundschaftlich?«

      Sie legte den Kugelschreiber wieder aus der Hand. »Ich arbeite für ihn, und er war stets korrekt. Überhaupt meine ich, dass eine Freundschaft mit der Arbeit nicht gut zusammenpasst. Wir gehen höflich und korrekt miteinander um. Wenn es zu freundschaftlich wird, dann hat man am Ende schnell eine Klüngelei – und das will ich nicht. Ich arbeite hier und erfülle meine Pflicht, alles andere hat nichts am Arbeitsplatz verloren.«

      Trevisan war mit dieser Antwort zufrieden. Damit war ihm klar, dass das Band der Sympathie zwischen Ollmert und der Sekretärin offenbar nicht besonders stark verknüpft war. Es machte keinen Sinn, diesen Punkt zu vertiefen. Er wechselte das Thema. »Hatte er denn Feinde?«

      »Das will ich wohl meinen, es gab sogar Drohbriefe, aber das wissen Sie bestimmt. Da gab es schon welche, denen ich durchaus zutraue, dass sie ihm schaden wollten.«

      »Und umbringen?«

      Die Frau zuckte mit der Schulter. »Das weiß man heutzutage ja nie.«

      »Können Sie konkrete Namen nennen?«, fragte Monika.

      Die Frau hob abwehrend die Hand. »Ich will niemanden beschuldigen.«

      Monika nickte verständig. »Das ist uns klar, aber wir versuchen herauszufinden, ob jemand hinter seinem Verschwinden stecken könnte, und dazu sollten wir ein paar Details kennen.«

      Sie zögerte.

      »Es ist sehr wichtig«, fügte Trevisan hinzu.

      »Den ein oder anderen genarrten Ehemann gibt es schon. Hoferland zum Beispiel, der hat ihn vor einem halben Jahr sogar geschlagen, sodass er ein blaues Auge hatte.«

      »Wo war das?«

      Frau Haferkamp zeigte auf die Tür zum anderen Zimmer, in der Bürgermeister Ollmert normalerweise residierte.

      »Das haben Sie gesehen?«

      »Gehört, habe ich das, gehört. Und als Hoferland aus dem Zimmer stürmte, hatte der Bürgermeister ein blaues Auge und einen blutigen Kratzer auf der Wange.«

      »Hat er Anzeige erstattet?«, fragte Monika.

      Frau Haferkamp lächelte spöttisch. »Nein, nein, wo denken Sie hin. Sogar zu mir sagte er, dass er ausgerutscht und gegen den Schrank gefallen sei. Aber ich sage, gehört ist gehört, und ich weiß, was ich sage.«

      »Hoferland?«

      »Der Bierkönig aus Hage«, erklärte die Sekretärin. »Hagermarscher Pils, Sie kennen das sicher, das mit dem blauen Pferd.«

      »Wissen Sie, weshalb Hoferland mit dem Bürgermeister gestritten hat?«

      »Na, weswegen schon, wegen Bente, der Frau von Hoferland. Die ist 20 Jahre jünger und war mal Model.«

      »In der Modebranche?«, fragte Monika.

      Die Frau schüttelte den Kopf. »Nein, wenn die Weilandt ihre Kollektion auf dem Platz draußen vorführt, beim Sommerfest.«

      »›Weilandt‹?«

      »Das Modehaus gegenüber dem Café ›Ehrlich‹.«

      Trevisan runzelte die Stirn. »Sonst noch jemand?«

      »Da gibt es schon noch einige«, erklärte Frau Haferkamp. »Man kann es eben nicht jedem recht machen, wenn man Bürgermeister ist.«

      »Das glaube ich, aber wie wäre es mit Namen?«

      Die Frau wiegte den Kopf hin und her. Dies war wohl ihre Geste, um zu signalisieren, dass sie eigentlich nicht darüber reden wollte, es andererseits aber durchaus gerne tat.

      »Ich habe mir da meine Gedanken gemacht, als ich hörte, dass da Blut auf dem Boot war«, holte sie aus. »Aber ich will wie gesagt niemanden beschuldigen.«

      »Die Namen«, forderte Trevisan.

      »Na ja, da gibt es den Wilko Klaasen, der ist Großbauer in Jakobsiel. Der wollte eine Genehmigung für so eine Stinkeranlage auf seinem Grund, so eine, die Strom produziert, und das hat ihm Ollmert ganz schön versaut. Dann ist da noch der Thees, der heißt Geritt mit Nachnamen und ist der zweite Vorsitzende des Bürgerparkvereins Salzwiesen. Der läuft unserem Bürgermeister seit Wochen hinterher und will Klarheit über ein paar Details zur Planung der Windkraftanlagen. Der Bürgermeister ist Geschäftsführer, aber er weicht ihm ständig aus. Ein paar Mal ließ er sich sogar verleugnen.«

      »Das müssen Sie mir näher erklären«, hakte Trevisan nach.

      Die Frau wies aus dem Fenster in Richtung Westen. »Draußen, hinter Jakobsiel, da sind die Salzwiesen. Ein großes Gebiet, etliche Hektar groß. Dort war früher der Deichhof von Bauer Harms. Als der starb, alleine und ohne Verwandte, wie er war, vererbte er das Land der Stadt. Und da sollen in den nächsten Monaten Windräder gebaut werden. Da gibt es einen Verein zur Finanzierung, auch eine Bank ist dabei. Der Strom wird dann verkauft und alle profitieren davon, auch die Gemeinde.«

      »Und da stimmte was nicht?«

      Die Frau schüttelte den Kopf. »Quatsch, das macht doch alles das Planungsbüro aus Bremerhaven, die haben schon mehrere solcher Parks gebaut. Der Thees ist nur nervös, weil sich das mit dem Bau verzögert, und da macht er sich eben in die Hosen.«

      »Woher stammt dieser Thees Geritt?«

      »Der wohnt in Deichhagen.«

      Draußen tauchte die untergehende Sonne die Landschaft in ein rötliches Licht, und im Büro wurde es langsam düster.

      »Sie sagten, es gäbe eine ganze Menge Leute, die nicht gut auf den Bürgermeister zu sprechen sind. Das waren schon alle?«

      Frau Haferkamp schüttelte den Kopf. »Die Rose, Rose Sielmann aus Wiesenstede, würde ihm Gift geben, wenn sie könnte.«

      »Und weshalb?«

      »Die waren kurz zusammen, direkt nach seiner Wahl. Die wollte ihm einen Teil ihrer Ferienhäuser überschreiben, aber dann hat er sie einfach sitzen lassen und sich was Jüngeres gesucht. Dann noch die Bäuerin von Davidshörn, Hanna Schmidt, die ist so eine Grüne. Die meint, der Bürgermeister tut nichts für den Umweltschutz, und die Salzwiesen sollten eher Biotope werden, anstatt sie mit Windkraftanlagen vollzustellen. Da ist die ganz eigen, wissen Sie.«

      Monika Sander schrieb alle Namen und stichpunktartig die Gründe für die Verstimmung zwischen den Genannten und dem Bürgermeister in ihren kleinen Notizblock.

      »Dieser Schneider, der Rechtsanwalt der ›Nordostbank‹, ist auch hinter dem Bürgermeister her, aber da glaube ich, der bringt niemanden um. Und da ist noch der Johann Beeke, ebenfalls aus Davidshörn, der ist im Stadtrat sein größter Widersacher. Die konnten sich von Anfang an nicht ausstehen. Wollte damals selbst Bürgermeister werden, bekam aber im Vorfeld keine Unterstützung aus der Gemeinde und trat erst gar nicht an.«

      »Sonst noch jemand?«

      »Jesko Holders fällt mir noch ein«, fuhr die Sekretärin fort. »Ein junger Kerl. Vorsitzender vom Motorsportklub. Die hatten ein Klubheim, eine Scheune auf einem alten Hof bei Wiesenstede, da hat sie Ollmert rausgeschmissen, jetzt sind die ohne Vereinsheim. Dem würde ich es zuallererst zutrauen, dass er dem Bürgermeister was antut, der hat ihm auch gedroht, da draußen im Flur, als die das Klubheim räumen mussten.«

      Trevisan wurde hellhörig. »Gedroht, sagen Sie. Was hat er denn gesagt?«

      Frau Haferkamp kratzte sich am Kinn. »Der sagte so was wie, wenn ich dir draußen begegne, dann hau ich dich zu Brei, oder so ähnlich.«

      »Wissen Sie auch, warum der Klub an die Luft gesetzt wurde?«

      Sie zuckte mit der Schulter. »Die haben da draußen alles dreckig gemacht und an ihren Karren herumgeschraubt, sogar Ölwechsel haben die auf der Wiese gemacht, und Rennen sind die gefahren, sagte Ollmert. Da hat er sie rausgeworfen.«

      »Und