Drug trail - Spur der Drogen. Matthias Kluger

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Название Drug trail - Spur der Drogen
Автор произведения Matthias Kluger
Жанр Публицистика: прочее
Серия
Издательство Публицистика: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783969405406



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seit Jahren gingen ihm die Jungs des Secret Service auf die Eier, fluchte der Sheriff, nachdem ihm der vierte Scotch serviert wurde. „Blasierte Arschlöcher sind das, die meinen, was Besseres zu sein. Ja, sie haben diesen Latino mitgenommen.“

      Je später der Abend, desto redseliger wurde der Sheriff. Er wisse nicht, wohin sie den Latino gebracht hätten, aber der Secret Service habe reges Interesse an dem Mexikaner gezeigt. Zuerst wollte er die Jungs in ihren Anzügen schmoren lassen. Die waren ja in seinem Hoheitsgebiet, seinem Office. Doch nachdem er die Verfügung gelesen hatte, die eigenhändig von der Direktorin der CIA ausgestellt war, gab er schließlich klein bei und händigte den Mexikaner an die Agenten aus.

      Ein zweites Date am darauffolgenden Abend und Jenny besaß eine Kopie der Verfügung. Unterzeichnet von Julia Hobbs. Bingo!

      Die Rückschlüsse, die Oliver hieraus zog und für die nächste Zeitungsausgabe in seinen Computer hackte, nämlich dass zu den Drogenopfern auch der Vizepräsident Logan Winston zählte, des Weiteren, dass hochrangige Mitarbeiter des Secret Service, mehr noch, dass Politik und Wirtschaft hinter dem tausendfachen Sterben, der Seuche, der Drogenepidemie stecken könnten, sollte Wellen nicht gekannten Ausmaßes schlagen. Und er, Oliver, würde sich mehr Feinde machen als Napoleon zu Zeiten seines Feldzugs nach Ägypten.

      Neues Terrain

      Präsident Bob Thompson schleuderte eine Ausgabe der Washington Post auf den Amtstisch des Oval Office. Heftig schlug er mit der flachen Hand auf die Titelstory, bevor er – im Versuch, sich zu beruhigen – mit gesenktem Kopf beide Hände auf die massive Tischplatte stemmte.

      „Das ist der absolute GAU! Julia, was hast du dir bei der Aktion nur gedacht?“

      „Bob, der Mexikaner war der Einzige aus dem Hotel, der Kontakt zu Logans Kleidung hatte. Und die Freundin dieses Latinos starb noch am selben Abend – mit den gleichen Symptomen wie Logan.“ Julia wirkte merklich aufgebracht. „Es war zwingend nötig, herauszufinden, was dieser Mexikaner wusste.“

      „Zwingend, diesen Latino zu foltern?“, brauste Bob Thompson auf. „Wer in Gottes Namen hat dieses Vorgehen autorisiert? Ich mit Sicherheit nicht!“

      Die direkte Anfeindung des Präsidenten veranlasste Julia Hobbs, förmlich zu werden: „Mr. President, es obliegt meinem Verantwortungsbereich, zum Schutz Ihrer und der Sicherheit aller Amerikaner …“

      Entnervt winkte Bob Thompson ab und stoppte damit Julias Rechtfertigung. „Julia, du hast eine Entscheidung getroffen. Ich respektiere das. Doch was ich in diesem Fall nicht akzeptiere, nicht akzeptieren kann, sind die Ergebnisse unserer Geheimdienste. Mir kommt es so vor, als arbeiteten FBI, CIA, NSA, und wie sie alle heißen, an ein und demselben Fall – doch ist das Zusammenwirken unserer Organisationen geprägt von … von interner Abschottung und dem Drang nach dem eigenen Machterhalt. Nur ja keine Informationen weitergeben. Von Teamarbeit sind wir Lichtjahre entfernt. Die Lorbeeren selbst einsacken, damit sich dies bei der Verteilung der Budgets positiv auswirkt.“ Bob Thompsons Gesicht war rot angelaufen. „Sag mir, wenn ich mich irre – aber sämtliche Behörden stehen sich gegenseitig im Weg. Schlimmer noch – sie feinden sich wechselseitig aus Gründen der Daseinsrechtfertigung an!“

      „Ganz so trifft deine Darstellung nicht zu, Bob“, widersprach Julia. „Die Ergebnisse …“

      Bob Thompson fiel Julia Hobbs unwirsch ins Wort: „Lass es gut sein, Julia. Unser Timing lässt dieses Hickhack zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu. Viel wichtiger ist, wie wir uns erklären! Seit Wochen stehen wir unter Druck, um in diesem Drogendesaster erste Erfolge vermelden zu können. Und jetzt, jetzt sind es nicht mehr nur Junkies, über deren Tod geklagt und berichtet wird, nun erreicht diese Giftkrise auch noch unsere Politebene. Mehr noch. Die Spekulationen dieses Journalisten, hinter den Syndikaten und den Giftopfern könnten hohe Regierungsmitglieder stecken … Was für eine Scheiße! Ich garantiere euch“, dabei deutete der Präsident drohend mit dem Zeigefinger in die Runde, „die Wähler werden uns dafür abstrafen. Ein jahrzehntelanger Kampf gegen die Drogen mündet im Fiasko. Wenn wir das Ruder nicht um 180 Grad herumreißen, uns der Situation nicht mit einem frischen, unschlagbaren Plan stellen – dann gute Nacht.“

      Bob Thompson stemmte die Hände in die Hüften und kniff seine Augen derart zusammen, dass kleine Krähenfüße zum Vorschein kamen.

      „Robert“, fuhr der Präsident fort, „ich habe über deinen Vorschlag nachgedacht. Was, wenn wir tatsächlich harte Drogen legalisieren? Was, wenn wir auf Prävention setzen, statt auf Gefängnisstrafen? Was, wenn wir Steuergelder verwenden, um Suchtkliniken einzurichten, anstatt die Süchtigen wegzusperren? Erlangen wir damit nicht zwei Lösungen auf einen Schlag: die Untergrabung des illegalen Drogenhandels bei gleichzeitig humaner Behandlung der Opfer? Damit stellen wir obendrein ein Gegengewicht her zu den untragbaren Behauptungen der Presse, Regierungsmitglieder seien der Drogenmafia verschrieben.“

      Erstaunt über die plötzliche Auslegung des Präsidenten blickte Robert einen nach dem anderen im Raum an. So detailliert hatte er bis dato sein und Julias Gedankenspiel anscheinend nicht überdacht.

      „Mr. President, sicher sehe ich den Ansatz, doch es bedarf massiver Recherchen sowie eines ausgefeilten Plans. Jedes kleinste Detail dieses Gedankenpuzzles muss explizit recherchiert, untermauert, statistisch fundamentiert werden. Denken sie nur an die Millionen Suchtkranken, die in Ländern leben, die die gleichen Verbote haben wie die Vereinigten Staaten. Die USA sollen kein Pilgerland für Drogenabhängige weltweit werden. Dies alles gilt es zu bedenken. Und weiter, Mr. President, sollte der Weg uns tatsächlich in dieses Terrain führen, werden wir eine Kampagne benötigen, wie sie dieses Land, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat. Unser Szenario kommt der Mondlandung gleich. Jeder – und damit meine ich tatsächlich jeden auf diesem Globus – wird das Augenmerk auf dieses Land, auf Ihre Entscheidung und die hierfür notwendige neue Gesetzgebung richten.“

      Es war nur so aus Robert herausgesprudelt, doch jetzt wirkte er angespannt, mit hochgezogenen Brauen die Reaktion des Präsidenten wie auch die seines Vaters William abwartend.

      Dieser holte tief Luft, schüttelte mürrisch den Kopf, um dann seine Meinung, die noch immer diametral anders ausfallen sollte als die seines Sohnes, kundzutun: „Bob, bei aller Liebe für die heroischen Gedanken meines Sohnes, du weißt, ich gehe mit dir durch dick und dünn, aber das hier …“, William Bakers Blick streifte fast abschätzend Robert, „das hier ist ein … ein völliges Hirngespinst. Ihr vergleicht Äpfel mit Birnen! Alkohol, Marihuana, Menschenskind, das sind weiche Drogen, die wir, mal ganz ehrlich, alle schon ausprobiert haben. Okay, der Vorstoß einzelner Bundesstaaten, Marihuana zu legalisieren, hat erste Erfolge gezeigt. Allein die Besteuerung auf diese weichen Drogen wird den Staatskassen guttun. Uns liegen aber keine Langzeitstudien vor. Wir wissen nicht wirklich, ob das Konzept aufgeht. Ganz davon abgesehen, wie die Drogenmafia hierauf reagiert.“

      „Einen Schritt nach dem anderen, William“, widersprach Bob Thompson. „Ich höre schon wieder das Argument Drogenmafia. Natürlich werden die Syndikate Mittel und Wege suchen, um das drohende Fiasko abzuwenden. Doch wir haben – so sehe ich es zumindest – zwei ganz entscheidende Vorteile. Erstens: Wir werden die Lieferanten sein und somit kontrollieren, dass ausschließlich reine, geprüfte Drogen auf den Markt kommen. Zweitens: Wir drehen den Syndikaten den Hahn ab, die Gelddruckmaschine ‚Droge‘ wird für die Mafia versiegen. Das ist doch das Ziel, oder?“

      „Und du glaubst tatsächlich, die Syndikate werden sich das einfach so gefallen lassen?“ William schüttelte ungläubig den Kopf.

      Es war nun Julia, die sich direkt an ihn wandte: „William, der Präsident hat recht. Deine Darlegung – klar, ich habe die gleichen Befürchtungen wie du, aber deine Argumentation bedeutet doch unterm Strich, dass die Syndikate uns, die Regierung, in der Hand haben und nicht umgekehrt. Mit dem Vorstoß der Legalisierung besteht die Chance …“

      „Ich bin dennoch nicht überzeugt“, unterbrach William. „Sicher, ich werde mitziehen, aber überzeugt …“ William hob resigniert die Hände, als wolle er sich ergeben.

      Sekundenlang herrschte Stille im Raum.

      „Wie ist deine Meinung? Bis