Seewölfe - Piraten der Weltmeere 538. Davis J.Harbord

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 538
Автор произведения Davis J.Harbord
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954399468



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ich! Ja, da hast du recht. Eine blinde Crew können wir uns nicht leisten. Rechnest du mit arabischen Halsabschneidern?“

      „Allerdings – und denen möchte ich nicht blind begegnen.“ Hasard nickte nachdenklich. „Schon deshalb solltet ihr auch in Tamarida aufpassen. Über den Hafen läuft der Ost-West-Handel und umgekehrt. Er bildet eine Art Knotenpunkt zwischen Indien und dem Mittelmeer. Auf dieser Strecke werden Handelsgüter verschifft, und da versammeln sich auch bekanntermaßen jene Freunde, denen der Begriff von Dein und Mein kein sonderlicher Unterschied bedeutet, wenn man das Mein mit dem Dein anreichern kann. Also: offene Augen in Tamarida, damit wir auch im Arabischen Meer noch sehen können.“

      „Alles klar, Sir“, sagte der Profos. „Es wird keine dichtgeschlagenen Klüsen geben.“

      Dein Wort in Gottes Ohr, dachte Hasard.

      Es gab auch keine blauen Augen, aber der Wurm saß woanders, doch den konnten weder Hasard noch der Profos voraussehen – auch Old Donegal Daniel O’Flynn nicht, der sonst so scharfäugig hinter die Kimm schaute.

      Am Nachmittag dieses Tages im Februar 1597 vertäute die „Santa Barbara“ an einer Pier im Hafen von Tamarida. Sie war nicht die einzige Galeone. Da lagen an den anderen Piers noch vier Handelssegler, die aus Spanien oder Portugal stammen mochten. Doch das Hafenbild bestimmten Baggalas, Sambuken, Bums, Zaruken und Ghanjas – lateinergetakelte Segler mit zwei oder drei Masten, sehr schlank im Rumpf und dennoch seetüchtig. Auch ein paar Schebecken lagen im Hafen.

      Verblüffend für Hasard und seine Mannen: Da rückte kein Hafenkommandant oder sein Stellvertreter mit einer Abteilung schwerbewaffneter Uniformträger an, um kundzutun, was hier Gesetzes sei. Nichts davon. Da waren nur vier Kaftanträger, welche die Leinen wahrnahmen, sogar richtig über Poller belegten und sich wieder trollten, nachdem ihnen Carberry ein paar Silbermünzen in die Hand gedrückt hatte.

      Allerdings: „Nackichte Weiberchen“ waren weit und breit nicht zu entdecken, nicht ein einziges, was Carberry mit Groll erfüllte und vermuten ließ, daß Marco Polo schlicht gelogen hatte. Oder er war wirklich nicht hiergewesen. Oder hundert Jahre hatten bewirkt, daß Adam und Eva anderen Sinnes geworden waren und ihre „karge Bedeckung“ aufgegeben hatten.

      Da trugen allenfalls schwarzhäutige Männer, die aus Afrika stammen mußten, so etwas Ähnliches wie Lendenschurze. Aber die anderen? Die waren umhüllt: Araber, Inder, Ägypter, Griechen, Sudanesen, Juden, Jemeniten, Syrer, Perser …

      Auch der Kutscher geriet durcheinander und gab es auf, dieses Völker-Wirrwarr noch beim Namen zu nennen.

      Da hatte sich seit Marco Polo eben doch Entscheidendes verändert. Und nichts wies darauf hin, wo denn wohl die Sokotraner geblieben waren, wie sie aussahen, was sie an Kleidung allenfalls trugen – „vorne und hinten“, wie Marco Polo geschrieben hatte.

      Nichts davon – dafür um so mehr eine erdrückende Vielfalt der unterschiedlichsten Menschen.

      Old Donegal fühlte sich bestätigt. Also hatte Marco Polo gelogen! Hatte er das nicht gesagt? Ha! Hier wurde seine Aussage bestätigt – keine nackten Weiber, keine Hexer und Zauberer, allenfalls miese Scharlatane, denen er es schon zeigen würde.

      Und den Kutscher, diesen Klugscheißer, der seine Weisheiten aus alten Schwarten bezog, den hatte er widerlegt.

      Wer war denn jetzt der Idiot?

      „Na?“ fragte Old Donegal süffisant den Kutscher und schwenkte den rechten Arm aus, um die Weite des Hafens anzudeuten. „Lauter nackichte Männlein und Weiblein, eh? Alles voll mit solchen Leutchen, wie ich sehe! Oder irre ich? Vielleicht sehe ich den Wald vor lauter Bäumen nicht, hä?“

      „Daß du nur das siehst, was du sehen willst, ist ein alter Hut“, sagte der Kutscher trocken. „Und daß Marco Polo etwas beschrieb, was er vor hundert Jahren sah, interessiert dich einen Scheiß. Hauptsache, du hast recht.“

      „Hab ich ja auch, wie zu bemerken ist.“ Old Donegal grinste infam. „Nichts Barbusiges auf weiter Flur, nur verhüllte Kerle und ein paar lendengeschürzte Schwarze, die hier als Lastenträger arbeiten. Dein Venezianer war ein Spinner – und wer seine Weisheiten aus Büchern bezieht, ist es auch.“

      „Ach ja? Hast du mal die Bibel gelesen?“

      „Ich? Natürlich, die kenne ich in- und auswendig.“

      „Ein. Buch mit vielen Weisheiten, nicht wahr?“ fragte der Kutscher freundlich.

      „So ist es, mit sehr vielen Weisheiten“, bestätigte Old Donegal.

      „Nun denn“, sagte der Kutscher, „wenn in der Bibel sehr viele Weisheiten stehen, und du sie in- und auswendig kennst, dann bist du ein Oberspinner, denn eben hattest du erklärt, wer seine Weisheiten aus Büchern beziehe, sei ein Spinner! Kannst du mir noch folgen, mein Guter?“

      Da hatte der Kutscher den „Guten“ prächtig geleimt. Doch der polterte: „Du bist ein verdammter Wortverdreher, Mister Kutscher! Und es ist infam, die Bibel mit dem Quark zu vergleichen, den dieser Polo-Dingsbums verzapft hat. Der hat überhaupt nicht gewußt, wovon er schreibt. Aus den Fingern gesogen, hat er sich das, ein Betrüger, der sich wichtig tun wollte. Aber auf so was fallen ja auch nur Spinner herein, die sich dann auch noch für weise halten und laut herumstrunzen, als hätten sie die Weisheit mit Löffeln gefressen.“

      „Ja-ja, schon gut, Mister O’Flynn“, sagte der Kutscher. „Du weißt offenbar alles besser, und da ist es zwecklos, mit dir zu diskutieren. Du hörst auch gar nicht zu, hast deine vorgefaßte Meinung und willst unbedingt Recht haben. In Ordnung, es gibt hier keine spärlich bekleideten Leute – bis auf die Schwarzen –, und von Zauberei oder Hexerei ist auch nichts zu sehen – bis auf den Magier dort hinten bei den Ladebäumen zwischen Schuppen und Häusern!“

      Und damit ließ der Kutscher Old Donegal stehen, um mit Mac Pellew an Land die Verkaufsstände zu besichtigen und Proviant einzukaufen.

      Old Donegal bewaffnete sich mit einem Spektiv, stieg auf die Back und spähte zu dem Kerl, den der Kutscher als Magier bezeichnet hatte. Woher der das wohl wissen wollte! Ha!

      Old Donegal stierte durch den Kieker – und fluchte. Stand ihm doch da so ein Kaftanträger in der Peilung! Old Donegal trat nach links, den Kieker am Auge. Jetzt? Nein, da hockte ein anderer Kaftanaffe. Noch weiter nach links. Und etwas vor. Vielleicht sollte er aufs Schanzkleid steigen.

      Er stieg aber nicht. Er fiel. Und zwar durch die Pforte, die auf die Galion führte. Er rasselte mit Getöse den Niedergang hinunter, landete auf der Gräting, stauchte sich den linken Ellbogen und sah Sterne, weil er mit der Stirn aufs Grätingsholz schlug.

      Himmelarschundmöwenspucke!

      „Old Donegal ist auf die Galion hinuntergestürzt!“ brüllte einer – es war Luke Morgan.

      Schritte polterten über Deck.

      Old Donegal rappelte sich auf zum Sitz und betrachtete den Kieker. Der war verbogen. Sah aus wie ’ne Banane. Er linste hindurch. Natürlich! Kaputt das Mistding.

      In der Pforte tauchte Carberry auf, ziemlich besorgt. Old Donegal konnte sich sonst was gebrochen haben. Der brachte die unmöglichsten Sachen fertig. Carberry war auf alles gefaßt, nur auf das nicht!

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