Seewölfe - Piraten der Weltmeere 467. Burt Frederick

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 467
Автор произведения Burt Frederick
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954398751



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hast du noch gesagt, Don Juan wäre ein schwarzes Schaf. Wer denn nun?“

      Der Engländer faßte sich an die Stirn.

      „Mann! Warum versuche ich bloß, dir irgendwas zu erklären! Da strengt man sich an, dir was begreiflich zu machen, und du hörst gar nicht richtig zu.“

      Tammy schüttelte energisch den Kopf.

      „Irrtum, Mister Winston. Ich hab schon genau zugehört. Nur widersprichst du dir. Erst ist Don Juan ein schwarzes Schaf und dann alle anderen. Scheint so, als ob du nicht genau weißt, was du willst.“

      Barry Winston holte tief Luft und wollte noch etwas sagen, gab es aber auf. Kopfschüttelnd beobachtete er seinen Gefährten, wie dieser fortfuhr, die Oberfläche des Holzes zu betasten.

      „Hör mal“, sagte der Engländer nach einer Weile. „Wollten wir nach was Trinkbarem suchen oder nach Fleisch?“

      Tammy sah beinahe erschrocken aus, als er sich aufrichtete.

      „Fleisch?“

      „Klar. Sieht doch so aus, als ob du Bohrwürmer aufspürst, nicht?“

      Einen Moment sah ihn der Kreole aus großen Augen an. Dann prustete er los, brach in schallendes Gelächter aus und konnte sich kaum wieder beruhigen.

      „Bohrwürmer! Fleisch! Mann, du bist vielleicht gut!“ Es dauerte eine Weile, bis Tammy sich von seinem Keuchen erholt hatte. „Nein, im Ernst, ich hab nur mal das Holz befühlt. Meinst du, daß dieses Schiffchen aus einheimischem Holz gebaut ist?“

      „Woher soll ich das wissen?“ Winston zog die Schultern hoch. „Überlaß das Hesekiel Ramsgate und den anderen Holzwürmern. Die wissen darüber besser Bescheid.“

      „Hm.“ Der Kreole nickte, bückte sich und betastete das Holz von neuem. „Kommt mir nur so vor, als ob es sich anders anfühlt als europäisches Holz.“

      „Himmel!“ sagte Barry Winston stöhnend. „Kann schon sein. Ist das denn so wich …“

      „He!“ unterbrach ihn Tammy plötzlich aufgeregt. „Barry, hier! Fühl mal. Das ist wie – als ob einer was eingeschnitzt hat.“ Er senkte die Laterne noch tiefer, um seine Fundstelle besser zu beleuchten. „Buchstaben, Barry, das sind richtige Buchstaben.“

      „Woher willst du das wissen? Seit wann kannst du lesen?“

      „Ich weiß aber, wie die Dinger aussehen.“

      „Also gut, in Ordnung“, sagte der Engländer mit mühsam erzwungener Geduld. „Da hat einer Buchstaben in ein Spant geritzt. Vielleicht ist es ein dreckiger Witz. Kann doch sein, daß sich ein Gefangener die Zeit damit vertrieben hat. Stimmt’s?“

      Tammy tastete weiter.

      „Dann ist es aber ein sehr kurzer Witz, verehrter Mister Winston. Sind nämlich nur ein paar Worte.“

      „Wie willst du das beurteilen? Es gibt Wörter, die haben nur zwei Buchstaben.“

      Tammy wandte den Kopf und blickte zu ihm auf.

      „Wenn Euer Lordschaft sich mal herbemühen würden? Wenn du schon immer alles besser weißt, dann kannst du mir deinen dreckigen Witz wenigstens vorlesen.“

      Tief seufzend, als müsse er ein schweres Los erdulden, ging der glatzköpfige Engländer in die Knie und sah sich die Stelle an, die der Kreole entdeckt hatte.

      Nach ein paar Sekunden runzelte Winston die Stirn.

      „Hm – hm …“

      „Ist das alles?“ Tammy kratzte sich mit der freien Hand am Hinterkopf. Er imitierte den grunzenden Lautklang seines englischen Gefährten. „Hm – hm – das steht da wirklich?“

      „Unsinn“, sagte Barry Winston, ohne sich umzudrehen. „Das ist irgend so ein spanischer Dialekt. Muß ich erst mal rauskriegen.“

      „Wenn du die Stelle hast, an der gelacht werden muß, sag Bescheid.“

      Winston knurrte nur unwillig. Dann, in den nächsten Sekunden war er vollständig in seine Entzifferungsarbeit vertieft. Schließlich richtete er sich auf, und seine Miene war wie versteinert.

      „Das ist kein Witz“, sagte er tonlos.

      „Danach siehst du auch nicht aus“, entgegnete Tammy trocken.

      „Tammy“, Winston packte ihn an der Schulter, „was du da gefunden hast, das sind die letzten Worte irgend so eines armen Schweins.“

      „Von einem, der hier unten verhungert ist?“

      „Schon möglich.“ Barry Winston schluckte, und sein Adamsapfel bewegte sich ruckend auf und ab.

      Der Kreole schüttelte vorwurfsvoll den Kopf.

      „Du gefällst mir gar nicht mehr, Mister Winston. Siehst richtig bleich und mitgenommen aus. Wenn ich nicht die ganze Zeit bei dir gewesen wäre, würde ich meinen, dir sei gerade der Geist deines eigenen Urgroßvaters begegnet.“

      „Ich glaube nicht an Geister und solchen faulen Zauber“, entgegnete Winston giftig.

      „Was bringt dich dann aus dem Häuschen?“

      Barry Winston schluckte noch einmal. Er packte Tammys Schulter fester und schüttelte ihn.

      „Tammy, das ist ein Fluch!“

      „Ein Fluch?“

      „Ja, zum Teufel!“ brüllte der Kahlkopf entnervt. „Muß man dir denn immer alles zweimal sagen?“

      „Sehe ich so aus?“ erwiderte der Kreole beleidigt. „Also, was ist es?“

      Winston senkte seine Stimme zum Flüsterton.

      „Verflucht seien Kapitän und Mannschaft, Tammy.“

      Der Kreole stierte ihn an.

      „Um Himmels willen, wie kannst du so was sagen!“

      Barry Winston verdrehte die Augen.

      „Der Himmel steh mir bei!“ schrie er. „Das sage nicht ich, du Blindfisch! Das hat das arme Schwein geschrieben! Geritzt! Ins Holz! Kapiert?“

      „Ach, nein“, sagte Tammy grinsend. „Dein dreckiger Witz? Sieht so aus, als ob du’s jetzt gar nicht mehr zum Lachen findest.“

      „Nein“, fauchte der Engländer. „Sieht so aus! Vielleicht hämmerst du mal in deinen Quadratschädel, was das bedeutet. Hier hat einer Kapitän und Mannschaft verflucht. Kapitän und Mannschaft dieses Schiffes!“

      „Na und?“ entgegnete Tammy nüchtern. „Was geht uns das an?“

      Winston verdrehte abermals die Augen.

      „Gehören wir nicht zur Mannschaft dieses Schiffes? Und ist Ben Brighton nicht unser Kapitän?“

      „Mann“, sagte Tammy fassungslos. „Jetzt haut mich’s aber aus den Stulpen. Hast wohl dem alten O’Flynn zuviel gelauscht, was? Am besten, du marschierst gleich los und sagst Ben Bescheid.“ Tammy rollte mit den Augen und ahmte mit Kopfstimme den Tonfall eines verängstigten kleinen Mädchens nach. „Sir, mit Verlaub, Sir, sehen Sie bloß nicht zu genau hin. Ich habe nämlich gerade die Hosen voll. Aber das liegt daran, daß ich ein furchtbares Geheimnis entdeckt habe. O ja, Sir, wir stehen alle unter einem bösen, bösen Fluch. Wir sind dem Untergang geweiht, Sir. Wir werden alle …“ Tammy brach ab und schaffte es gerade noch, einem Fausthieb seines Gefährten zu entgehen.

      Dann brachen sie beide in röhrendes Gelächter aus.

      „Da sucht man spanischen Wein“, sagte Barry Winston schnaufend, „und was findet man? Einen dreckigen spanischen Witz!“

      „Verdammt, ja“, kicherte Tammy. „Ein richtiger Witzbold muß das gewesen sein, der hier unten seinen letzten Seufzer getan hat.“

      Keiner der beiden Männer wollte zugeben, daß