Seewölfe - Piraten der Weltmeere 467. Burt Frederick

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 467
Автор произведения Burt Frederick
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954398751



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      „Aha“, sagte Barry Winston trocken. „Und was für Wetter bedeutet hellrot?“

      „Sauwetter“, antwortete the Deadhead grinsend. „Vom Regenguß bis zum Hurrikan ist da alles möglich. Wartet’s ab.“

      Schweigen kehrte ein. Niemand vermochte dem Mann mit dem Totenkopf zu widersprechen. Denn niemand hatte darauf geachtet, wie die Flamme der Ölfunzel vorher ausgesehen hatte. Also ließ man dem grinsenden Wetterpropheten sein Vergnügen und vermied damit einen möglichen Streit, von dem man nicht wußte, ob Bill ihn vielleicht doch im Hinterkopf hatte.

      Der Boston-Mann hatte die nötige Autorität, um das Thema zu wechseln.

      „Was auch passiert“, sagte er, „mit diesem Schiffchen werden wir nicht viel Verdruß haben.“

      Die anderen nickten zustimmend.

      „Mal was anderes“, sagte Pedro Ortiz. „Richtig schön, so eine schnelle Ziege unter den Füßen zu haben. Wenn man an unseren klotzigen Viermaster denkt, weiß man das erst richtig zu schätzen.“

      „Soll das heißen, der Schwarze Segler paßt dir nicht mehr?“ sagte Bill, the Deadhead, aufbrausend.

      Pedro Ortiz hieb mit der Faust auf die Planke.

      „Nein, zum Teufel, das soll es nicht heißen. Wenn du von anderen erwartest, daß sie genau hinsehen sollen, dann solltest du dir besser die Ohren waschen. Ich habe gesagt, es ist mal was anderes. Ich bin nicht so dämlich, um nicht zu wissen, was wir an dem Schwarzen Segler haben. Begriffen?“

      Bill, the Deadhead, starrte den Portugiesen an. Weder Pedro noch einer der anderen krochen ins Mauseloch, damit sie ihre Ruhe hatten. Zu sehr konnte man sie nicht herausfordern. Das mußte auch Bill begreifen. Er durfte nicht übertreiben. Und Pedro, dieser Prachtkerl von der iberischen Halbinsel, schien in der Stimmung zu sein, ein bißchen mit seinem Messer zu zaubern. Das ließen jedenfalls seine zornig blitzenden Augen vermuten. Nein, man durfte es wirklich nicht auf die Spitze treiben.

      „Schon gut, reg dich ab“, sagte der Totenkopf-Mann einlenkend. „Mir geht’s ja nicht anders als dir, Pedro. Stell dir vor, du lebst an Land und hast jahrelang eine fette Schwarzhaarige als Eheweib. Plötzlich läuft dir eine schlanke Blonde über den Weg. Wer würde da nicht mal die Abwechslung genießen?“

      Die Männer lachten schallend.

      Barry Winston goß den restlichen Inhalt des Kruges in seine Muck.

      „Wie steht’s eigentlich mit den Getränkevorräten an Bord? Ich meine, haben unsere Vorgänger vielleicht irgendwo heimliche Reserven angelegt? Könnte doch sein, daß da irgendwo in der Kielschweingegend ein feines Faß mit spanischem Rotwein schlummert.“

      „Da müßten die Dons ganz schön blöd gewesen sein“, entgegnete Tammy. „So was Feines hat man doch immer in Reichweite.“

      Wieder gab es dröhnendes Gelächter. Die Stimmung war nach den Geschehnissen um Fort St. Augustine bestens. Ein großer Erfolg war es gewesen, die spanischen Festungsanlagen mit ein paar wohlgezielten Breitseiten zu zerdonnern. Dabei waren denn auch die Hafenanlagen und die noch vorhandenen Kriegsschiffe gleich mit in Stücke geschossen worden.

      Die „Golden Hen“ mit Jean Ribault und seiner Crew sowie Renke Eggens und fünf Mann von der „Wappen von Kolberg“ befand sich auf dem Marsch nach Havanna. Nachdem dies auf Anhieb nicht geglückt war, galt es nun endlich, Arne von Manteuffel über den neuen Stützpunkt zu unterrichten. Nach dem Untergang der Schlangen-Insel hatte der Bund der Korsaren einen neuen Schlupfwinkel in der Cherokee-Bucht an der Ostseite von Great Abaco gefunden. Wichtig war in erster Linie der Aufbau der neuen Brieftaubenverbindung von Havanna zum neuen Stützpunkt.

      Aufgabe der „Chubasco“ unter Ben Brighton war es, die Cherokee-Bucht anzulaufen und den Stützpunkt zu verstärken. Die Kriegskaravelle, von Jean Ribault und seinen Männern erbeutet, war für den Bund der Korsaren ein wertvoller Zuwachs – armiert mit immerhin acht Culverinen und zwölf Drehbassen je Seite.

      Tammy, der Kreole, erklärte sich bereit, gemeinsam mit Barry Winston eine Kurz-Erforschung der möglicherweise versteckten Vorräte an Trinkbarem vorzunehmen.

      Mit einer Laterne ausgerüstet, krochen die beiden Männer durch die Unterdecksräume.

      Tammy hüstelte, als sie sich in der Segellast kurz umgesehen hatten.

      „Nichts wie weg hier, Barry. Hier ist die Luft staubtrocken.“

      Der Engländer nickte bereitwillig. Nirgendwo zwischen dem gerollten und gestapelten Tuch gab es auch nur eine Spur von gebräuntem Faßholz.

      Sie drangen weiter vor: Auf dem Weg in Richtung Vorschiff erreichten sie kurze Zeit später die Vorpiek. Das Rauschen des Wassers, das vom schlanken Bug der „Chubasco“ zerschnitten wurde, war hier deutlicher zu hören als in den übrigen Unterdecksräumen. Das stete Geräusch verdeutlichte, welch gute Fahrt die Karavelle lief.

      Und da war ein Schmatzen und Gurgeln, das von Zeit zu Zeit das Gleichmaß des Rauschens störte. Wenn man sich in die Gedankenwelt des Old Donegal Daniel O’Flynn versetzte, war man nicht fern von der leisen Ahnung, daß da draußen, außerhalb des Schiffsrumpfes, ein lebendiges, unheimliches Wesen gegen die Beplankung anrannte.

      Ja, glaubte man solchen Schauermärchen, dann war das Meer ein heimtückisches Ungeheuer, das nur darauf wartete, einen Angriffspunkt zu finden, um sich des erbärmlichen Menschenwerks zu bemächtigen, das da „Schiff“ genannt wurde.

      „Nicht gerade gemütlich hier“, sagte der Kreole erschauernd.

      Barry Winston nickte nur. Er wußte haargenau, was sein Gefährte dachte. Es kam immer darauf an, wie man die Dinge betrachtete. Hatte man den genügenden Abstand, dann war ein Leck eben ein Leck, durch das es logischerweise hereinsuppte. Hockte man aber beispielsweise in so einer stinkigen und feuchten Vorpiek, hilflos, gefangen, dann waren einem die krausen Gedankenbilder wahrhaftig nicht fern.

      Dann wurde aus dem Leck eine furchtbare Wunde im schlanken Schiffsleib, und aus stinknormalem Salzwasser wurde jenes Ungeheuer, das seine Pranke in den waidwunden Leib hieb, hineindrängte und immer wieder neu zuhieb. Ein brüllendes und tobendes Monstrum war es dann, das wieder und wieder gegen den von Menschenhand geschaffenen hölzernen Körper anrannte.

      „Möchte nicht wissen“, sagte Barry Winston gedehnt, „wie viele Gefangene die Dons hier unten haben krepieren lassen.“

      Tammy zog unwillkürlich den Kopf zwischen die Schultern.

      „Du meinst – einfach verhungern lassen?“

      „Was denn sonst? Nun tu bloß nicht so, als ob du die Dons nur vom Hörensagen kennst.“

      Tammy senkte die Laterne ein Stück tiefer, um Spanten und Beplankung zu untersuchen.

      „Schwarze Schafe gibt es überall“, murmelte er. „Nimm doch mal Don Juan de Alcazar. Glaubst du, der würde einen Gefangenen hilflos verhungern lassen?“

      „Umgekehrt wird ein Schuh draus“, entgegnete Barry Winston grinsend. „Für die Mehrzahl der Spanier ist Don Juan ein schwarzes Schaf. Weil die Mehrzahl der Spanier raubt, plündert und mordet. Was treiben sie denn hier, in der Neuen Welt? Und hat nicht Don Juan am eigenen Leib erfahren, was es heißt, von seinen eigenen Landsleuten festgehalten zu werden?“

      „Ja, schon, aber …“

      „Kein Aber, Tammy. Wenn der gute alte Ed Carberry unseren spanischen Freund nicht aus dem Untergangsstrudel der ‚San Jorge‘ gefischt hätte, dann wäre es aus gewesen. Dieser Bastard de Moncayo hat ihn doch mit voller Absicht nicht aus dem Kabelgatt befreit. Don Juan sollte elendiglich ersaufen. Und jetzt sagst du gleich wieder, dieser de Moncayo war natürlich nur ein schwarzes Schaf, was?“

      „Bestimmt ist es so, Barry. Die Menschen sind doch nicht durchweg schlecht. Bei den Dons ist es wahrscheinlich bloß so, daß die Halunken das Sagen haben. Deshalb ist Don Juan ja auch ausgestiegen.“

      Barry Winston schüttelte energisch