Seewölfe - Piraten der Weltmeere 399. Burt Frederick

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 399
Автор произведения Burt Frederick
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954398072



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um seine Behaglichkeit hatte er allem Anschein nach an die Gefahr aus dem Dunkel überhaupt nicht mehr gedacht.

      „Ja, äh – vielleicht haben Sie recht“, sagte er verwirrt. „Die Badekammer läßt sich sicherlich schnell herrichten.“

      Capitán Cubera grinste, als der Gouverneur in aller Eile davonwatschelte und unter Deck verschwand. Natürlich hatte de Quintanilla begriffen, daß er in seinem Baljen-Gelaß sicherer war, da es nicht an einer Außenbordwand lag wie die Kapitänskammer.

       2.

      Hart am Wind rauschte die Schebecke nach Norden davon.

      Am Ruder des schlanken Dreimasters stand Ramón Vigil, der Bootsmann. Ein eisenhartes Grinsen spielte um seine Mundwinkel, während er in die Dunkelheit spähte und das Schiff mit fester Hand auf Kurs hielt. Ihre erste große Bewährungsprobe hatte die Schebecke glänzend bestanden. Es war schon ein Glücksgriff gewesen, den er auf Great Abaco getan hatte, als er dem Algerier Mubarak und seinen Kerlen diesen Kahn abgeknöpft hatte. Mit dem schwarzen Rumpf und dem rot gestrichenen Schanzkleid glitt der Dreimaster wie ein Schatten durch die Nacht. Weil die Laternen gelöscht waren, konnte man die rot-weiß gestreiften Lateinersegel auch nur aus allernächster Nähe erkennen.

      Schneller und wendiger hätte man den Angriff gegen den spanischen Verband kaum fahren können.

      Jörgen Bruhn, der Mann aus Hamburg, war mit dem Schiff ebenfalls bereits bestens vertraut. Mühelos orientierte er sich in der Finsternis, um auf dem Achterdeck seine Meldung zu erstatten.

      „Alle Drehbassen und Minions nachgeladen!“

      „Gut“, sagte Don Juan de Alcazar, „das war schnelle Arbeit.“

      Jörgens Augen leuchteten in der Dunkelheit.

      „Endlich mal wieder weg von Federkiel und Tintenfaß“, sagte Arne von Manteuffel lächelnd. „Das ist es doch, was dir am meisten Spaß macht, Jörgen. Habe ich recht?“

      „Allerdings“, sagte der Hamburger bekräftigend. „Der Seewind riecht so gut wie noch nie. Sehen wir also zu, daß wir den Dons das dritte Ding verpassen. Oh, Verzeihung …“ Er unterbrach sich voller Verlegenheit, schlug sich die Hand vor den Mund und blickte in die Richtung, in der sich das Gesicht des Spaniers als heller Fleck in der Dunkelheit abzeichnete.

      Don Juan lachte erheitert.

      „Keine Sorge, ich werde mich an eure Ausdrücke schon noch gewöhnen. Im Grunde ist es nur schmeichelhaft, wenn ihr alle meine Landsleute als ‚Dons‘ bezeichnet. Denn einen solchen Titel trägt bei uns nur der, der von nobler Herkunft ist.“

      „Wie Sie“, sagte Jörgen Bruhn leise. „Tut mir trotzdem leid, daß ich mich im Ton vergriffen habe.“

      „Unsinn“, entgegnete Don Juan. „Wenn man nach so viel Kontor-Hockerei wieder frei atmen kann, dann packt einen schon mal der Übermut.“

      Die Männer mußten lachen, dämpften ihre Stimmen aber sogleich, denn immerhin konnte es auf den spanischen Kriegsschiffen einige Burschen mit guten Ohren geben. Don Juan kannte inzwischen die ganze Geschichte. Arne hatte sie erzählt, nachdem er bei der Begegnung mit der „Empress of Sea“ sein Geheimnis preisgegeben hatte.

      So wußte Don Juan, daß Jörgen Bruhn eigentlich zur Crew der „Wappen von Kolberg“ gehörte. Wegen seiner früheren kaufmännischen Ausbildung in Hamburg hatte Jörgen jedoch in der Faktorei in Havanna den Posten des Schreibers übernommen, weil es niemanden gab, der diese Aufgabe besser hätte bewältigen können.

      Und Don Juan de Alcazar stand nun auf der Seite des Bundes der Korsaren.

      Arne konnte es im Grunde noch immer nicht fassen, daß der Sonderagent der spanischen Krone jetzt die Interessen des Mannes vertrat, den er eigentlich jagen sollte. Aber unendlich vieles war geschehen, was Don Juan die Augen geöffnet hatte. Lange Zeit vor der Begegnung mit der „Empress“ und Arnes zwangsläufig erfolgter „Demaskierung“ hatte der hochgewachsene Spanier erkannt, daß Philip Hasard Killigrew nicht der blutrünstige Pirat war, als den man ihn geschildert hatte.

      Es hatte eigentlich nur noch jenes I-Tüpfelchens bedurft, damit sich Don Juan de Alcazar endgültig von seinen Auftraggebern anwandte.

      „Ich denke, wir sollten es jetzt riskieren“, sagte Arne. Der Plan bestand darin, nach Norden abzulaufen, dann in einem Bogen nach Osten um den gesamten Verband herumzusegeln und von Süden her ein drittes Mal wie aus dem Nichts heraus zum Angriff vorzustoßen.

      Don Juan wollte eben seine Zustimmung geben, als vom Vorschiff ein warnender Ruf ertönte.

      „Schiff Backbord voraus!“ meldete einer der Männer, die schon zuvor gemeinsam mit Ramón Vigil eine Crew unter Don Juans Kommando gebildet hatten.

      „Sieht nach einem Zweimaster aus“, fügte ein anderer hinzu.

      Don Juan, Arne und Jörgen waren zur Backbordverschanzung geeilt und spähten in die Dunkelheit hinaus. Der Beobachter hatte einen günstigen Zeitpunkt erwischt, denn die Wolkendecke war erst vor wenigen Augenblicken aufgerissen. Nur auf geringe Entfernung war es allerdings möglich, Umrisse über dem Wasser zu erkennen.

      „In der Tat“, murmelte Don Juan entgeistert.

      Das fremde Schiff, eine zweimastige Schaluppe, glitt auf Kurs Ost dahin. War dieser Zweimaster durch einen Zufall in die Nähe des spanischen Verbandes geraten? Eine andere Erklärung konnte es für die Männer an Bord der Schebecke zunächst nicht geben.

      „Also sollten wir unsere Pläne ändern“, sagte Arne von Manteuffel.

      Don Juan war der gleichen Meinung. Es hatte keinen Sinn, ein unnötiges Risiko einzugehen, indem man weiter auflief. Durch Hochdrehen in den Wind zeigte die Schebecke gleich darauf nur noch ihre schmale Silhouette.

      Angespannt beobachteten die Männer an Bord des Dreimasters weiter. Von Zeit zu Zeit, wenn sich die Wolkendecke wieder zuzog, verloren sie den Zweimaster aus den Augen. Dann jedoch sahen sie ihn wieder, und es wurde deutlich, daß er auf Kurs Ost blieb. Folglich konnten sie nicht gesehen worden sein.

      Don Juan zögerte nicht lange. Er gab Kommando zum Wenden, und die Schebecke folgte der Schaluppe in ausreichendem Abstand. Der Zweimaster war gerade noch zu erspähen.

      Lange Minuten verstrichen in dieser stillen Verfolgungsfahrt. Doch unvermittelt änderte sich das Geschehen. Selbst die Männer auf der Schebecke zuckten zusammen, obwohl sie auf Anhieb erkannten, daß sie nicht betroffen, geschweige denn entdeckt worden waren.

      Jäh zuckten grelle Blitze in der Dunkelheit auf. Das Krachen von Schüssen hallte weit über die düstere Wasserfläche. Musketen bellten heiser und wurden gleich darauf von dumpf wummernden Drehbassen übertönt.

      Don Juan, Arne und den anderen verschlug es die Sprache. Nicht auf Anhieb konnten sie erfassen, was sich abspielte. Nach und nach jedoch, während sich der Schußwechsel zu einem erbitterten Gefecht ausweitete, wurden die Einzelheiten deutlicher.

      Es handelte sich um zwei große Jollen, mit denen der Zweimaster aneinandergeraten war.

      Für Don Juan de Alcazar und Arne von Manteuffel war es nicht weiter schwierig, zwei und zwei zusammenzuzählen. Die Jollen konnten nur von dem Kampfverband aus Havanna stammen. Zweifellos hatten sie die Aufgabe, die vor Treibanker liegenden Kriegsschiffe abzuschirmen.

      „Das Glück ist auf unserer Seite“, sagte Don Juan gedehnt, während er gemeinsam mit Arne das Geschehen beobachtete.

      „Sieht so aus, als ob wir in Teufels Küche geraten wären, wenn wir unsere Absichten nicht geändert hätten“, entgegnete der blonde Deutsche. „Unser dritter Angriff wäre jedenfalls nicht so reibungslos abgelaufen, wenn wir auf eine der Jollen gestoßen wären.“

      Don Juan lachte leise, doch es war wegen der Schüsse kaum zu hören.

      „Daraus ergibt sich auch die nächste Schlußfolgerung, Arne. Don Antonios Leute verwechseln den Zweimaster