Название | Seewölfe Paket 24 |
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Автор произведения | Roy Palmer |
Жанр | Языкознание |
Серия | Seewölfe - Piraten der Weltmeere |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954399925 |
„So, das hast du davon“, sagte einer der Aufpasser. „Du bist wohl verrückt, was? Wir dulden hier keine Streitereien!“
Sie entfernten sich. Jean Ribault wandte etwas den Kopf und sah, wie sie sich um O’Leary bemühten. Sie zerrten ihn hoch. Er erlangte das Bewußtsein wieder, hatte aber Schwierigkeiten mit dem Atmen.
„Dieses Schwein!“ würgte er hervor. „Ich bring’ ihn um!“
„Gar nichts tust du“, sagte ein Wärter. „Schluß! Geh wieder an deine Arbeit!“
O’Leary entfernte sich. Er taumelte und hatte immer noch Probleme mit dem Atemholen. Es sollte zwei Stunden dauern, bis es mit dem Luftholen wieder richtig klappte. Das aber, so fand Jean Ribault, war noch eine viel zu geringe Strafe für den Kerl.
Jean Ribault rappelte sich wieder auf. Die Mahlzeit war beendet, die Wärter prügelten die Gefangenen wieder an ihre Arbeit. Er hängte sich das Schulterholz über und ging mit seinen leeren Eimern zu dem Graben.
Der Tag ging weiter – unter Schmerzen, Schweiß und Plage. Er schien nie enden zu wollen. St. Augustine war die Hölle auf Erden. Er wagte nicht daran zu denken, welche Schikanen seine Peiniger noch ersinnen würden. Und darum mußte er eine Möglichkeit zur Flucht finden.
Als es auf den Nachmittag zuging, hatte er die Schwachstelle in der Bewachung entdeckt, die er suchte …
ENDE
1.
Ende April 1595 – St. Augustine.
St. Augustine war für die Spanier ein Stützpunkt von größter strategischer Bedeutung. Seit Jahren war dieser Stützpunkt immer weiter ausgebaut worden, und auch jetzt war das noch der Fall.
Der Kommandant des Forts, Don Lope de Sanamonte, ein eitler und selbstsüchtiger Mann mit einem Spitzbart, bediente sich dabei der billigsten Arbeitskräfte, die zu haben waren, und das waren die im Gefängnis einsitzenden Gefangenen, von denen es genügend gab.
Unerbittlich trieb Don Lope die Festungsarbeiten voran, denn ihm schwebte vor, daß das Fort einst uneinnehmbar sein sollte.
Don Lope hatte an allem etwas auszusetzen, daher kümmerte er sich immer persönlich um alles, kontrollierte, schikanierte und hielt zündende Ansprachen, in denen sich Wörter wie „Fleiß, Gehorsam und Disziplin“ ständig wiederholten.
An diesem Nachmittag hatte er allerdings keinen Blick für seine „Neuzugänge“, die ihm mit der „Goldenen Henne“ in die Hände gefallen waren. Die angeblich deutsche Karavelle hatte Teniente Don José de Zavallo „aufgebracht“ und nach St. Augustine gesegelt. Die Besatzung war kurzerhand in den Kerker gesteckt, dann aber zu harter Arbeit eingesetzt worden.
Jetzt beschäftigte den Kommandanten etwas anderes. Er saß an seinem Schreibtisch und überlegte, wen er als Kommandanten auf der Karavelle einsetzen sollte.
Da war zum Beispiel der Bootsmann Vicente Torres, aber der erschien ihm nicht hart genug. Der brachte es fertig und ließ die Mannschaft an der langen Leine laufen. Nein, Torres kam nicht in Frage, aber als Erster Offizier konnte er eingesetzt werden.
Er schrieb den Namen auf eine Liste, dann noch ein paar andere, die von den Kriegsschiffen auf die Karavelle abkommandiert waren.
Als er mit seiner Liste fertig war, fehlten ihm noch etwa zehn Mann. Aber mehr konnte er nicht abziehen, denn er brauchte die Leute selbst ganz dringend.
Hm, überlegte de Sanamonte. Zavallo hatte die Karavelle aufgebracht und ihm zusätzlich billige Arbeitskräfte beschert. Der Bursche hatte Mut bewiesen. War zwar erst in den Zwanzigern und sehr von sich eingenommen, aber das tat nichts zur Sache. Er war begierig darauf, sich Sporen zu verdienen. Und er würde die zusammengewürfelte Mannschaft schon hart anfassen, sie drillen, zwiebeln und auf Vordermann bringen. Fühlte sich sowieso zum Admiral berufen, der Kerl.
Natürlich, das war der richtige Mann, voller Eifer und Tatendrang.
Sollte er gleich mal beweisen, wie er es fertigbrachte, die fehlenden zehn Kerle an Bord zu kriegen. Im Hafen trieb sich ja genügend Gesindel herum.
De Sanamonte zwirbelte nachdenklich seinen Bart und grinste.
Ja, so einen jungen Heißsporn brauchte er, der wollte sich unbedingt selbst beweisen, was für ein Kerl er war.
Er hob die Klingel vom Tisch und läutete nach der Ordonnanz, die fast augenblicklich erschien.
„Teniente de Zavallo zu mir – sofort!“ schnarrte er.
„Sofort, Don Lope.“
Fünf Minuten später war der Teniente da und grüßte respektvoll.
„Nehmen Sie Platz“, sagte Don Lope lässig. „Was tun die neuen Gefangenen – alle beschäftigt?“
„Zu Befehl, Don Lope, alle beschäftigt, wie Sie angeordnet haben. Darf ich nochmals den Vorschlag unterbreiten, diesen aufsässigen Hugenotten Ribault der Folter zu unterziehen? Ich verspreche mir aufschlußreiche Auskünfte über Killigrew.“
„Später, später, mein Lieber. Das hat noch Zeit. Der Mann wird von ganz allein weich bei seiner harten Arbeit. Wenn er erst ein paar Tage lang Schlammwasser ausgeschöpft hat, ist er reif für die Folter. Aber jetzt etwas anderes, mein Lieber: Mit dieser deutschen Karavelle haben Sie der spanischen Kriegsflotte ein wahres Prachtexemplar zugeführt. Tüchtiges gutes Schiff. Es wird gerade verproviantiert. Ich beabsichtige, diese Karavelle in der Florida-Straße als Aufklärer einzusetzen. Gleichzeitig soll sie Wachdienst versehen. Dabei ist notwendig, die neue Mannschaft einzuexerzieren. Außerdem fehlen noch zehn Leute, die irgendwie beschafft werden müssen. Ja, ich dachte da an Sie, mein Lieber, vorausgesetzt, Sie fühlen sich nicht überfordert. Ich brauche einen harten Mann, der Freude an der Ausbildung hat.“
De Zavallo stand sofort auf. Sein Schädel lief rot an, und eine ungeheure Erregung überfiel ihn.
„An mich, Don Lope?“ fragte er heiser. „Das wäre zuviel der Ehre. Ich fühle mich höchst geschmeichelt.“
„Ich denke, ich werde Ihnen das Kommando unterstellen. Ich nehme doch an, daß Sie den richtigen Umgangston bei dem Schiffsvolk finden werden. Da muß immer wieder exerziert und geübt werden. Na, Sie wissen schon, was ich meine. Sie sind ab jetzt Kommandant dieser Karavelle, die sich ‚Goldene Henne‘ nennt. Aber, wie gesagt, Sie müssen noch zehn Leute besorgen, natürlich nicht von den anderen Schiffen. Das ist jedoch Ihre Angelegenheit. Sie melden sich bei mir, sobald die Mannschaft vollzählig ist. Ich erwarte Ihre Meldung bis heute abend. Und beweisen Sie Härte, Mann! Verantwortung und Disziplin sind es, was ich von Ihnen erwarte. Sie haben eine schwere Verantwortung Seiner Allerkatholischsten Majestät gegenüber.“
Der Teniente stand so stramm, als wäre er zu Stein erstarrt. Sein Blick durchdrang heroisch die Wände der Amtsstube und verlor sich in endloser Ferne.
Dann knallte er die Hacken zusammen und salutierte.
„Don Lope – Sie waren mir immer ein Vorbild“, schnarrte er.
Das schien Don Lope zu gefallen. Vorbilder waren immer gut, besonders dann, wenn es sich dabei um die eigene Person handelte.
„Schön, schön“, winkte er leutselig ab. „Ich verlasse mich auf Sie. Sie werden noch heute abend auslaufen. Bis später dann.“
Der frischbackene Kommandant war kaum draußen, da kriegte er schon einen fiebrigen Blick. Sein heimliches Ziel hatte er erreicht, er war Kommandant der Karavelle geworden.
Sein nächster Gedanke galt der Mannschaft und den fehlenden zehn Kerlen. Aus der Mannschaft würde er Helden formen, und die zehn Kerle, die noch zu „besorgen“ waren, die ahnten nicht, daß sie eines Tages